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Einen Augenblick lang ging alles in Rauch und Sand unter. Rone rappelte sich verzweifelt in die Höhe.

»Koste ein wenig von meiner Magie, du elender Wurm!« heulte Cogline triumphierend. »Sieh zu, was du dagegen vermagst!«

Ehe der Hochländer ihn aufhalten konnte, schoß er an Rone vorbei, tänzelte in irrer Freude, und seine stockdürre Gestalt verschwand im Rauch. Von irgendwo vorne ertönte Wispers Fauchen, dann Kimbers gellender Schrei. Rone fluchte wütend und sprang hinzu. Verrückter Alter!

Direkt vor ihm schoß rotes Feuer durch den Nebel. Coglines magere Gestalt flog zur Seite, als ob ein wütendes Kind eine Puppe von sich schleuderte. Der Hochländer biß die Zähne zusammen und raste auf den Feuerherd zu. Fast sogleich stieß er auf den Geist, der in seinem schwarzen Umhang zerfetzt und zerschunden aussah. Das Schwert von Leah hieb in einen roten Flammenstoß und zerschlug ihn. Der Geist verschwand. Etwas rührte sich hinter dem Hochländer, und er fuhr herum. Doch es war Wisper, der durch eine Rauchfahne setzte. Das eine Wesen klammerte sich an seinen Rücken, das andere trug er mit den Zähnen vor sich her. Rasch hieb Rone zu, zerteilte die Kreatur, die auf dem Rücken der Moorkatze hing, und stieß sie herunter.

»Kimber!« schrie er.

Ganz in seiner Nähe brach rotes Feuer aus, doch er konnte es erneut mit dem Schwert abwehren. Sogleich tauchte im Rauch eine verhüllte Gestalt auf, und er stürzte sich auf sie. Diesmal reagierte der Geist nicht schnell genug. An die Steintreppe des Croagh zurückgedrängt versuchte er, links vorbeizuschlüpfen, und ließ das Feuer aus seinen Fingern schießen. Rone war sofort bei ihm. Das Schwert von Leah sauste herab, und der Geist explodierte zu einem Häufchen Asche.

Dann wurde alles still bis auf Wispers Keuchen, der wie ein Geist durch den Dunst auf Rone zutrottete. Langsam trieb der Rauch ab, und das ganze Felssims und der Croagh kamen wieder zum Vorschein. Das Sims war übersät mit Steinsplittern, und ein ganzes Stück des Croagh, wo er das Sims berührte und wo der Mordgeist gestanden hatte, als er von Cogline herausgefordert wurde, war verschwunden.

Rone schaute sich schnell um. Der Geist und die schwarzen Wesen .waren ebenfalls fort. Er wußte nicht so recht, was aus ihnen geworden war — ob sie nun vernichtet oder nur vertrieben waren —, aber er konnte sie nirgendwo sehen.

»Rone.«

Beim Klang von Kimbers Stimme wirbelte er herum. Sie tauchte von der anderen Seite des Simses auf, hinkte ein wenig und sah schwach und verschmutzt aus. Wut und Erleichterung durchströmten ihn. »Kimber, warum in Dreiteufelsnamen hast du...?«

»Weil Wisper das gleiche für mich getan hätte. Wo ist Großvater?«

Rone verschluckte den Rest dessen, was er ihr noch sagen wollte. Gemeinsam suchten sie das von Steinbrocken übersäte Felssims ab. Schließlich entdeckten sie ihn halb verschüttet unter einem Haufen Steinschutt an der Felswand, und er war so schwarz wie die Asche, die von dem Feuer und ihrem Kampf mit den Geistern übriggeblieben war. Sie liefen rasch hinzu und hoben ihn heraus. Im Gesicht und auf den Armen hatte er Verbrennungen erlitten, sein Haar war versengt, und er war völlig mit Ruß beschmiert. Zärtlich barg Kimber den Kopf des alten Mannes in ihren Armen. Er hielt die Augen geschlossen und atmete anscheinend nicht mehr.

»Großvater?« flüsterte das Mädchen mit einer Hand auf seiner Wange.

»Wer ist da?« rief der Alte unvermittelt, so daß das Mädchen und der Hochländer gleichermaßen erschraken. Arme und Beine begannen um sich zu schlagen. »Fort aus meinem Haus, Eindringlinge! Raus hier!«

Dann blinzelte er und schlug die Augen auf. »Mädchen?« murmelte er schwach. »Was ist aus den schwarzen Dingern geworden?«

»Fort, Großvater.« Sie lächelte, und Erleichterung stand in ihren dunklen Augen. »Fehlt dir auch nichts?«

»Mir fehlen?« Er schaute etwas benommen drein, nickte aber entschieden, und seine Stimme nahm einen empörten Ton an. »Natürlich fehlt mir nichts. Ich bin nur ein Stück über mich selbst hinausgewachsen, das ist alles. Hilf mir auf!«

Rone atmete tief ein. Du kannst froh sein, daß du noch am Leben bist, alter Mann, du und auch das Mädchen, dachte er grimmig. Mit Kimbers Hilfe zerrte er Cogline wieder auf die Beine und ließ ihn prüfen, ob er allein stehen konnte. Der alte Mann sah aus, als hätte man ihn aus einem Ascheimer gefischt, doch augenscheinlich war er unverletzt. Das Mädchen drückte ihn herzlich an sich und begann ihn abzuklopfen.

»Du mußt vorsichtig sein, Großvater«, tadelte sie ihn. »Du bist nicht mehr so schnell wie früher. Die Wandler werden dich erwischen, wenn du noch einmal versuchst, dich an ihnen vorbeizumogeln so wie vorhin.«

Rone schüttelte ungläubig den Kopf. Wer müßte hier wen schelten- das Mädchen den alten Mann oder umgekehrt? Was hatten Brin und er sich nur gedacht, als sie...

Er riß sich zusammen. Brin. Brin hatte er ganz vergessen. Er blickte zum Croagh. Wenn das Mädchen aus dem Tal so weit gekommen war, mußte es höchstwahrscheinlich in den Maelmord hinuntergestiegen sein. Und genau dorthin mußte er auch.

Er wandte sich von Kimber und ihrem Großvater ab und hastete über das Felssims auf die Stelle zu, wo es an die Stufen des Croagh grenzte. Er hielt das Schwert von Leah noch immer fest umklammert. Wieviel Zeit hatte er hier verloren? Er mußte Brin einholen, ehe sie sich zu weit in das hineinwagte, was sie da unten im Tal erwartete...

Unvermittelt verlangsamte er seinen Schritt und blieb stehen. Wisper versperrte ihm direkt den Weg und die Treppe nach unten. Die Moorkatze starrte ihn flüchtig an, setzte sich dann auf ihre Hinterläufe zurück und blinzelte.

»Aus dem Weg!« keifte Rone.

Der Kater rührte sich nicht. Der Hochländer zögerte und setzte sich dann ungeduldig wieder in Bewegung. Wisper fletschte die Zähne, und aus seiner Kehle grollte tiefes Knurren.

Rone blieb augenblicklich stehen und schaute sich verärgert nach Kimber um. »Ruf deinen Kater aus meinem Weg, Kimber. Ich gehe hinunter.«

Das Mädchen rief zärtlich nach der Moorkatze, aber Wisper rührte sich nicht von der Stelle. Erstaunt trat sie hinzu, beugte sich tief über ihn, sprach mit leiser, ruhiger Stimme und kraulte ihm den wuchtigen Kopf an Ohren und Hals. Der Kater stupste sie zurück, stieß ein leises Schnurren aus, blieb aber reglos sitzen. Schließlich trat das Mädchen zurück.

»Brin ist wohlauf«, informierte sie ihn mit einem knappen Lächeln. »Sie ist in die Grube hinuntergestiegen.«

Rone nickte erleichtert. »Dann muß ich auch dorthin.«

Doch das Mädchen schüttelte den Kopf. »Du mußt hierbleiben, Hochländer.«

Rone starrte sie an. »Hierbleiben? Das kann ich nicht. Brin ist allein dort unten! Ich werde sie suchen!«

Doch das Mädchen schüttelte wieder den Kopf. »Du kannst nicht. Sie will nicht, daß du das tust. Sie hat das Wünschlied benutzt, um das zu verhindern. Sie hat Wisper zu ihrem Wächter gemacht. Niemand darf vorbei — nicht einmal ich.«

»Aber er ist dein Kater! Sorg dafür, daß er Platz macht! So stark ist der Zauber doch nicht, oder?«

Sie betrachtete ihn und ihr Koboldgesicht strahlte Gelassenheit aus. »Es ist nicht nur der Zauber. Die Zauberkraft wirkt bei ihm nicht; wohl aber sein Verstand. Er weiß, daß jede Gefahr, die im Tal lauert, zu groß ist. Er wird dich nicht vorbeilassen.«

Der Hochländer wendete kein Auge von dem Mädchen, Zorn und Ungläubigkeit zeichneten sein Gesicht. Sein Blick wanderte zu der riesenhaften Katze und zurück.

Was sollte er jetzt tun?

Euphorie durchdrang Brin, flutete in warmem Schwall über sie hinweg und durchströmte sie, als wäre sie ihr ureigenster Lebenssaft. Sie fühlte, wie sie davon hinabgerissen wurde wie ein winziges Blatt von den Wassern eines großen Flusses. Sehen, Hören und Schmecken vermischen sich zu einer berauschenden Mixtur wilder Phantasien, einige hell und schön, andere böse mißgestaltet und alle in dem wechselnden Auf und Ab ihres geistigen Auges. Nichts war wie zuvor, sondern neu, exotisch und von wundersamem Leben erfüllt. Es war eine Reise der Selbstentdeckung, wie sie Denken und Fühlen überstieg und aus sich selbst heraus ihre Daseinsberechtigung hatte.