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»Es klingt genial«, sagte Poletti nachdenklich, »wirklich gut.«

»Das dachte ich auch«, sagte der Maestro. »Aber unglücklicherweise kaufte sich der Jäger meines Neffen in Aramco eine alte Tunnelfräse, grub sich bis zum Zelt des Jungen durch und jagte ihn in die Luft.«

»Traurig, sehr traurig«, sagte Vittorio.

»Es war ein schwerer Schlag für unsere ganze Familie«, sagte der Maestro. »Aber die Idee an sich ist trotzdem gut. Sieh mal, Marcello, du könntest das Konzept doch ein wenig modifizieren. Beispielsweise könntest du statt einer Sand- und Kalksteinwüste ein Granitplateau mieten. Wenn du dann außerdem noch einen Seismographen installierst, könnte die Verteidigung durchaus klappen. Natürlich blieben noch immer einige Schwächen; eine alte Flak kann beispielsweise gegen moderne Raketenwaffen nichts ausrichten. Außerdem besteht natürlich die Möglichkeit, daß der Jäger sich einen Mörser oder einen Panzer kauft; in diesem Fall wäre die Offenheit der Verteidigung ein klarer Nachteil.«

»Ja«, sagte Poletti. »Und ich glaube auch nicht, daß ich es schaffe, rechtzeitig alle Vorbereitungen zu treffen.«

»Wie wäre es mit einem Hinterhalt?« sagte Vitorio. »Ich kenne ein paar ganz vorzügliche Hinterhalte. Natürlich ist für die besten ein ziemlicher Geld- und Zeitaufwand nötig…«

»Ich habe keine Geld«, sagte Poletti und stand auf, »und höchstwahrscheinlich habe ich auch keine Zeit. Aber ich danke euch für eure Ratschläge; besonders dir, Maestro.«

»Ist doch nicht der Rede wert«, sagte der Maestro. »Aber was willst du jetzt tun?«

»Nichts, überhaupt nichts«, sagte Marcello. »Man muß schließlich trotz allem sich selbst treu bleiben.«

»Marcello, du bist verrückt!« rief Vittorio.

»Absolut nicht«, sagte Poletti und blieb an der Tür noch einmal stehen. »Ich bin lediglich passiv. Einen schönen Nachmittag noch, die Herren.«

Poletti verbeugte sich leicht und ging. Die anderen schwiegen einen Moment und starrten einander mit einer Mischung aus Konsterniertheit und Langeweile an.

»Er ist von einer fatalen Todessehnsucht besessen«, verkündigte der Maestro schließlich. »Ein nach meiner Erfahrung typisch römischer Geisteszustand, gegen den man mit aller Kraft ankämpfen muß. Die Symptome dieser Krankheit – denn es handelt sich um eine Krankheit – bleiben dem geschulten Auge nicht verborgen; es sind dies vor allem die folgenden…«

Die anderen lauschten mit glasigen, ausdruckslosen Blicken. Vittorio wünschte sich inbrünstig, daß der Große Alte Mann von einem Auto angefahren werde, vorzugsweise von einem Cadillac, und für mindestens ein Jahr ins Krankenhaus müsse. Carlo war mit offenen Augen eingeschlafen; sogar in diesem Zustand murmelte er noch bei jeder Pause in des Maestros Rede »Hmm« und zog gelegentlich an seiner Zigarette. Nie hatte er einer Menschenseele verraten, wie er das fertigbrachte.

12

Caroline hob ihren linken Arm. An ihrem Handgelenk trug sie eine Dick Tracy-Radiouhr – ein Familienerbstück, das bei den Merediths von Generation zu Generation weitergereicht wurde. Die Leute sagten ihr immer wieder, daß sie sich doch eine neuere, kleinere, bessere Radiouhr kaufen könne, mit Zusatzfunktionen und modernem Gehäuse. In der Theorie war Caroline mit ihnen einer Meinung, aber sie wollte sich nicht von dem Erbstück trennen. Es erfülle schließlich noch seinen Zweck, argumentierte sie; und sowieso, sie neigte eben sehr zur Sentimentalität.

»Martin«, flüsterte sie in die Uhr, »was heißt Bellaza di Adam?«

»Bleib dran, ich werde es herausfinden«, sagte Martin, und seine Stimme war in dem schwachen, alten Lautsprecher der Uhr kaum zu verstehen.

Martin meldete sich beinahe sofort wieder. »Chet sagt, es bedeutet ›Der Adam-Schönheitssalon‹, so wie wir ihn auch in New York haben. Er sagt, das sei überall dasselbe; Poletti läßt sich dort alle paar Tage die Handgelenke rasieren, und dann ißt oder trinkt er etwas in der Cafeteria.«

»Chet ist schon ein kluger Bursche«, sagte Caroline.

»Das ist er«, stimmte ihr Martin zu. »Manche Leute halten ihn sogar für ein bißchen zu klug. Aber warum wolltest du etwas über den ›Adam‹ wissen?«

»Weil Poletti im Augenblick dort ist«, sagte Caroline. »Als ich beim Jagdklub eintraf, ging er gerade, und ich folgte ihm bis zum ›Adam‹. Aber Frauen haben in einem Schönheitssalon für Männer keinen Zutritt, nicht wahr?«

»Nicht zu der Abteilung, wo die Handgelenke rasiert werden. Aber die Cafeteria ist für jedermann zugänglich.«

»Fein«, sagte Caroline. »Ich werde in die Cafeteria gehen, und einen Blick auf Poletti werfen.«

»Ist das wirklich ratsam?« fragte Martin. »Ich meine, es wäre doch nicht unbedingt nötig. Wir haben schon eine Menge Ideen, wie wir diesen Witzbold morgen ins Colosseum schaffen.«

»Ich kenne eure Ideen«, sagte Caroline, »und offen gestanden, ich halte nicht viel von ihnen. Ich werde Poletti selbst dorthin bringen. Außerdem möchte ich ihn mir genau anschauen. Wenn möglich, möchte ich mich mit ihm treffen.«

»Warum?« fragte Martin.

»Weil es dann viel angenehmer ist«, sagte Caroline. »Für was hältst du mich? Ich bin doch keine pathologische Mörderin. Ich will wissen, wen ich töte. Man will ja schließlich zivilisiert miteinander umgehen.«

»Okay, Baby, es ist deine Show. Aber paß auf, daß er dich nicht zuerst erwischt. Es ist ein Spiel mit dem Feuer, vergiß das nicht.«

»Ich weiß. Aber kein anderes Spiel macht so viel Spaß.«

Caroline schaltete ihre Dick Tracy-Radiouhr aus und betrat den Bellaza di Adam. Sie ging an der Handgelenk-Rasierabteilung vorbei nach hinten in die Cafeteria. Sie entdeckte Poletti sofort. Er war gerade mit dem Mittagessen fertig und trank nun eine Tasse Kaffee und las in einem Comicheft.

Caroline setzte sich und bestellte einen Seetang-Eintopf a la Milanese. Sie nahm eine Zigarette, suchte in ihrer Handtasche nach Feuer und wandte sich mit einem verlegenen kleinen Lächeln Poletti zu.

»Mir sind wohl die Streichhölzer ausgegangen«, sagte sie entschuldigend.

»Der Kellner wird Ihnen welche bringen«, sagte Poletti, ohne aufzublicken. Er kicherte über sein Comicheft. Er blätterte schnell weiter, um herauszufinden, was als Nächstes geschah, empfand aber doch Widerwillen, weil er das bereits Gelesene hinter sich lassen mußte.

Caroline runzelte die Stirn. Sie sah unwiderstehlich aus, wenn sie die Stirn runzelte, so wie sie bei allem, was sie tat, unwiderstehlich aussah. Aber bei einem Mann, der nicht von seinem Comicheft aufblicken wollte, war ihre Schönheit verschwendet. Sie seufzte wundervoll und bemerkte dann, daß jeder Tisch mit einem Telefon und einer deutlich sichtbaren Nummer ausgestattet war. Pikant lächelnd (das beherrschte sie besonders gut) wählte sie Polettis Nummer.

Sein Telefon klingelte mehrmals, aber Poletti schien das nicht zu kümmern. Dann, endlich, schaute er Caroline direkt an und sagte: »Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß der Kellner Ihnen Streichhölzer bringen wird.«

»Nun, ich habe nicht eigentlich wegen Streichhölzern angerufen«, sagte Caroline und errötete reizvoll. »Die Wahrheit ist, ich bin Amerikanerin und möchte mich mit einem italienischen Mann unterhalten.«

Poletti gab ihr mit einer Handbewegung zu verstehen, daß Rom für gewöhnlich voll von italienischen Männern war. Dann wandte er sich wieder seinem Comicheft zu.