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Aber sofort wurde klar, daß sie versäumt hatte, ihre Waffe mit panzerbrechender Munition zu laden. Die Kugeln prallten wirkungslos von der schimmernden Schnauze des Maserati ab. Der Fahrer wartete den günstigsten Augenblick ab, sprang auf der anderen Seite aus dem Wagen und erschoß sie mit einem vorsintflutlichen leichten Maschinengewehr.

Als alles vorüber war, trat ein Polizist aus dem Schutz eines Hauseingangs, salutierte höflich, überprüfte die Karte des Opfers, dann die des Jägers, in die er ein Loch knipste.

»Meinen Glückwunsch, Sir«, sagte der Polizist förmlich. »Und ich bitte um Entschuldigung.« Er gab dem Mann einen Zettel.

»Was ist das?« fragte der Mann.

»Ein Strafmandat, Sir«, sagte der Polizist. Er zeigt auf den Maserati, der quer auf der Straße stand und den Verkehr blockierte.

»Aber guter Mann«, sagte der Jäger, »ohne diese Notbremsung hätte ich mein Opfer unmöglich töten können.«

»Das mag sein«, entgegnete der Polizist. »Aber wir können keine Ausnahmen machen, nicht einmal für Jäger.«

»Lächerlich«, sagte der Mann.

»Die junge Dame hat sich ebenfalls einer Gesetzesübertretung schuldig gemacht«, bemerkte der Polizist, »denn sie hat bei Rot die Straße überquert. Aber in ihrem Fall verzichten wir auf eine Geldbuße, da sie soeben verschieden ist.«

»Angenommen, sie hätte mich erschossen?« fragte der Mann.

»Dann hätte ich sie mit einer Geldbuße belegt«, sagte der Polizist. »Und bei Ihrem Verkehrsdelikt ein Auge zugedrückt.«

Poletti ging davon. Streitereien über nebensächliche Probleme langweilten ihn beinahe genauso wie Streitereien über wichtige Probleme.

Er war noch kaum einen Häuserblock weit gegangen, als neben ihm mit quietschenden Bremsen ein blutrotes Sportkabriolett zum Stehen kam. Poletti schreckte instinktiv zusammen und sah sich Deckung suchend um. Wie üblich war keine in Sicht. Es dauerte einen Augenblick, bis ihm klar wurde, daß die Frau am Steuer nur Olga war.

Sie war eine schlanke, dunkelhaarige, elegante junge Frau, die sehr modebewußt, wenn auch ein wenig extravagant gekleidet war. Ihre Augen waren groß und schwarz und funkelten wie bei einer hungrigen Wölfin. Sie war eine ausgesprochen attraktive Frau, wenn man diesen Typ mochte, der sich am ehesten als mordlustige, schizophrene Paranoikerin mit katzenhaft verspielten Neigungen beschreiben ließ.

Männer lieben das Spiel mit der Gefahr; aber nicht tagtäglich. Poletti spielte seit zwölf Jahren mit Olga.

»Ich habe es gesehen«, sagte Olga düster. (Sie redete immer düster, außer wenn sie hysterisch war.)

»Gesehen? Was hast du gesehen?«

»Alles«, sagte sie.

Poletti versuchte zu lächeln. »Wenn du alles gesehen hast, ist dir sicher klar, daß es nichts zu sehen gab.«

Poletti streckte den Arm aus, um eine Hand auf Olgas Schulter zu legen. Olga legte den Rückwärtsgang ein und setzte ein paar Yards zurück. Poletti ließ seine Hand sinken und ging ihr hinterher. »Mein Liebling«, begann er wieder, »wenn du alles gesehen hast, dann weißt du sicher auch, daß zwischen dieser unglücklichen jungen Dame und mir nicht das geringste vorgefallen ist.«

»Vorhin sicher nicht«, sagte Olga.

»Vorhin nicht und auch niemals zuvor«, sagte Poletti. »Glaube mir, Olga, ich bin ihr noch nie in meinem Leben begegnet!«

»Du hast Lippenstift am Mund«, beobachtete Olga düster, aber mit einem Anflug von Hysterie.

Poletti wischte sich hastig mit dem Handrücken den Mund ab. »Mein Liebling«, sagte er, »ich versichere dir, daß zwischen mir und diesem unglücklichen Kind…«

»Jung magst du sie doch besonders gern, nicht wahr?«

»… zu keiner Zeit je etwas vorgefallen ist.«

»Also habe ich wieder mal nur geträumt, was, Marcello?«

Einige Sekunden lang starrten sie einander an. Olga wartete ganz offensichtlich auf weitere Erklärungen, die sie dann triumphierend zurückweisen würde. Poletti schwieg. Sein Gesichtsausdruck hatte sich von reumütigem Flehen zur gewohnten Langeweile gewandelt. Der Frau, mit der man seit zwölf Jahren zusammenlebte, war man etwas schuldig; etwas, aber nicht das.

Abrupt ging er weg von dem Wagen und sah sich nach einem Taxi um. Olga legte den Gang ein, ließ den Wagen auf Marcello zu schießen und stoppte erst ein oder zwei Inch vor ihm ab.

Wortlos stieg Poletti ein.

Olga sagte: »Marcello, du bist ein Lügner und Betrüger.«

Marcello nickte, schloß die Augen und lehnte sich in dem gepolsterten Sitz zurück.

»Wenn ich dich nicht so sehr liebte, würde ich dich töten.«

»Vielleicht tust du das ja noch«, sagte Poletti mit noch immer geschlossenen Augen.

»Schon möglich«, sagte Olga. »Aber zuerst mußt du mich in meinem neuen Kleid sehen.« Sie lachte und drückte seinen Arm.

»Es wird dir bestimmt gefallen, Marcello. Wirklich.«

»Natürlich«, sagte Poletti. Seine Augen waren immer noch geschlossen, und er hatte den Kopf gegen den Sitz gelehnt.

»Warum sind Männer nur solche Schweine?« fragte Olga die Welt im Allgemeinen. Als sie keine Antwort erhielt, gab sie Gas und brauste davon wie ein Hurrikan, der von einem Tornado verfolgt wird. Poletti hielt seine Augen geschlossen und gab sich verschiedenen belanglosen Tagträumen hin.

6

Ein großer, deltaflügeliger Passagierjet kreiste hoch über Rom in der Luft. Als die Maschine das entsprechende Signal erhielt, ging sie in den Landeanflug auf den Flughafen Fiumicino über. Landeklappen wurden ausgefahren; der Jet setzte auf, die Schubumkehr wurde eingeschaltet, ein kleiner Bremsfallschirm sauste aus dem Heck und zog einen großen Bremsfallschirm hinter sich her. Im Cockpit wurden die Bremsen getätigt und Gebete gemurmelt. Dann kam das riesige Flugzeug widerwillig zum Stehen.

Die Türen wurden geöffnet, und ein Sammelsurium verschiedenster menschlicher Wesen kam zum Vorschein. Unter ihnen befand sich auch eine kleine Gruppe, bestehend aus drei gleichaltrigen Männern und einer auffallend schönen Frau. Eine Hostess führte die vier zu einem in der Nähe wartenden Hubschrauber, während die Normalsterblichen mit einem Bus zum Flughafen-Terminal gebracht wurden.

Die vier stiegen in den Hubschrauber. Der Helikopter schraubte sich in den Himmel und schwebte über Rom dahin. Caroline hatte sofort den Ehrenplatz neben dem Piloten eingenommen. Martin, Chet und Cole waren auf dem Rücksitz eingezwängt. Martin, der für die Dauer der Dreharbeiten zum Ersten Produktions- und Drehortproduzenten (verantwortlich) ernannt worden war, kritzelte etwas in sein Notizbuch. Neben ihm kaute Chet nachdenklich auf der Lippe. Cole als Rangunterster konnte nichts weiter tun, als intelligent und energiegeladen auszusehen.

Martin löste seine Aufmerksamkeit von dem Notizblock und schaute durch den Plexiglasboden nach unten. »He, ist das nicht der Petersdom?«

»Ja, das ist er«, sagte Chet.

»Ob sie uns den wohl für ein oder zwei Tage vermieten? Das wäre doch ein toller ironischer Kontrast, wenn wir die Tötung da drehen, wie?«

»Ich könnte mich als Nonne verkleiden«, sagte Caroline träumerisch.

»Ich fürchte, der Petersdom kommt nicht in Frage«, sagte Chet. Als Martins Erster Verantwortlicher Produktionsassistent, als stellvertretender Chef also, hatte er natürlich eine Menge Vorinformationen eingeholt.

»Ich meine gar nicht die Kirche«, sagte Martin. »Wir brauchen nur den Platz, vielleicht mit ein paar Hintergrundaufnahmen von der Kirche.«

»Sie werden es uns nicht erlauben«, sagte Chet. Cole sagte: »Warum drehen wir nicht ganz einfach in einem Studio?«