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Seine beiden Vorgesetzen starrten ihn an. »Diese Idee kannst du vergessen«, sagte Martin streng. »Wir drehen eine Dokumentation, kapiert? Alles muß authentisch sein.«

»Tut mir leid«, sagte Cole. »He, was ist denn das dort drüben?«

»Der Trevi-Brunnen«, sagte Chet. »Nettes Fleckchen.«

»Yeah«, sagte Martin, »es ist wirklich ein nettes Fleckchen.« Er wandte sich Caroline zu. »Was meinst du, Baby? Du tötest ihn da. Wir schwenken hinunter auf Polettis im Wasser treibende Leiche. Dann zeigen wir dich in Großaufnahme. Du lächelst triumphierend, aber auch ein wenig traurig, und wirfst ein paar Münzen auf ihn. Dann bringen wir lauten Straßenlärm hinein, und du gehst langsam eine lange, gepflasterte Straße hinunter. Schlußblende.«

Chet sagte: »Ich glaube, am Trevi-Brunnen gibt es keine gepflasterten Straßen mehr.«

»Dann bauen wir eben eine gepflasterte Straße«, sagte Martin ungeduldig, »und wenn sie ihnen nicht gefällt, reißen wir sie nach den Dreharbeiten halt wieder ab.«

»Wirklich gut«, sagte Chet geistvoll. »Wirklich gut.«

»Es hat Klasse«, sagte Cole. »Es hat wirklich Klasse.«

Alle drei wandten sich Caroline zu. Caroline sagte: »Nein.«

Martin sagte: »Nun hör mal…«

»Hört ihr mal lieber zu«, sagte Caroline. »Es ist meine Tötung, meine zehnte Tötung, und ich will, daß es eine große Sache wird. Und wenn ich groß sage, dann meine ich auch wirklich groß.«

»Groß«, wiederholte Martin. Chet kaute nachdenklich auf der Lippe. Cole sah intelligent und energiegeladen aus.

»Du hast’s erfaßt«, verkündete Caroline. Eine völlig neue Härte lag in ihrer Stimme. Martin fand ihre Selbstsicherheit erschreckend. Das gefiel ihm nicht.

Diese Frauen. Wenn sie einmal ein paar Tötungen geschafft haben, werden sie gleich größenwahnsinnig.

»Für etwas ganz Großes reicht die Zeit nicht«, erklärte er. »Wir müssen diese Sache morgen früh drehen.«

»Das ist euer Problem«, sagte Caroline.

Martin faßte unter seine Sonnenbrille und rieb sich die Augen. Mit Frauen zu arbeiten, war schon schwierig genug; aber mit weiblichen Killern zu arbeiten, war die reinste Strafe.

Chet sagte mit leiser, zaghafter Stimme: »Oh, ich hätte da eine Idee für einen Drehort. Wie wäre es mit dem Colosseum? Dort unten ist es.«

Der Hubschrauber ging tiefer, und sie betrachteten das riesige, halb verfallene Oval.

»Ich wußte nicht, daß es so groß ist«, sagte Cole.

»Es gefällt mir«, sagte Caroline.

»Nun, gewiß, es ist ganz hübsch«, sagte Martin. »Aber sieh mal, Baby, wenn wir an einem solchen Ort drehen, brauchen wir viel Zeit für die Vorbereitungen, und wir haben nicht viel Zeit. Würdest du dich also bitte mit dem Trevi-Brunnen oder den Borghese-Gärten zufriedengeben?«

»Ich werde meine Tötung hier im Colosseum machen«, sagte Caroline unerbittlich.

»Aber die Vorbereitungen…«

»Ach, Martin«, unterbrach Chet, »zum Glück habe ich daran gedacht, daß du dir vielleicht diesen Platz aussuchen würdest. Deshalb habe ich mir erlaubt, uns schon einmal voranzumelden; nur zur Sicherheit, weißt du.«

»So?«

»Ja. Der Gedanke kam mir letzte Nacht. Natürlich wollte ich nicht über deinen Kopf hinweg entscheiden, aber ich wollte dich auch nicht wegen etwas wecken, das sich möglicherweise als Windei entpuppt. Also rief ich in Rom an und klärte die Sache ab, und natürlich wollte ich nicht über deinen Kopf hinweg entscheiden und…«

»Schon gut«, sagte Martin und klopfte ihm freundlich auf die Schulter. »Du hast genau richtig gehandelt.«

»Ja?« fragte Chet.

»Ganz bestimmt. Caroline ist zufrieden, und wir sind zufrieden. Machen wir uns also gleich an die Arbeit. Wir müssen die Kameras aufbauen und überlegen, wo wir die Roy Bell Dancers postieren, und es gibt noch einen Haufen anderer Dinge zu tun. Also an die Arbeit, was, Kinder?«

Caroline strahlte selig vor Glück und sagte: »Ich werde im Colosseum töten! Das ist wie wenn ein alter Kindertraum in Erfüllung geht.«

»Natürlich«, sagte Martin. »Aber wir müssen uns jetzt sputen, alles vorbereiten, diesen Poletti finden und ihn rechtzeitig herschaffen…«

»Darum kümmere ich mich schon«, sagte Caroline.

»Ausgezeichnet«, sagte Martin. »Wir anderen haben sowieso schon alle Hände voll zu tun. He, Pilot, geben Sie Gas!«

Der Hubschrauber schwebte auf die Via Veneto zu. Die vier Passagiere lehnten sich entspannt lächelnd zurück. Martin überlegte, daß es an der Zeit war, sich Chet vom Halse zu schaffen, bevor Chet sich ihn vom Halse schaffte. Einfach auf eigene Faust das Colosseum zu mieten war ein bißchen zu schlau gewesen.

7

Poletti bewegte sich in vollkommener Dunkelheit. Das war schon schlimm genug. Aber noch schlimmer war die vollkommene und unnatürliche Stille. Es war eine Grabesstille – Grabesstille war für einen Mann in seiner Situation ein sehr naheliegendes Bild. Er sah sich mit der Einsamkeit und Stille des drohenden Todes konfrontiert und war zugleich ängstlich, nervös und gelangweilt. Er kaute auf einem Kaugummi und auch auf seiner Unterlippe, denn niemand konnte ihn beobachten, außer durch ein Infraskop. Seine Hände befanden sich in Hüfthöhe in kampfbereiter Position, etwa drei Inch von seinem Körper entfernt. Wachsam bewegte er sich vorwärts, darauf bedacht, daß ihm auch nicht der kleinste Sinneseindruck entging.

Plötzlich bemerkte er eine kaum wahrnehmbare Bewegung, hinter sich, zu seiner Linken – ein Dummy näherte sich ihm in sieben Uhr, eine der schlimmstmöglichen Positionen für einen Rechtshänder.

Poletti wirbelte entgegen dem Uhrzeigersinn herum und warf sich seitlich zu Boden, der mutmaßlichen Schußlinie ausweichend. Das war Verteidigungs-Manöver Drei, Teil 1. Im selben Augenblick schlug seine rechte Hand gegen seine Brusttasche. Sofort ließ ihm sein Quickie-Halfter eine Pistole in die Hand springen. Er konnte den Dummy jetzt sehen – einen untersetzten, finster dreinblickenden Mann, der eine Luger schußbereit ausstreckte. Poletti lag nun auf dem Bauch, mit dem Gesicht in Richtung des Dummy, schoß und vollführte so Teil 2 des Verteidigungs-Manövers Eins. Er hatte die ganze Sequenz mit unglaublicher Geschwindigkeit ausgeführt. Er war erleichtert und freute sich, daß er seine Sache so gut gemacht hatte…

Der Dummy verblaßte, und die Deckenbeleuchtung wurde eingeschaltet. Poletti lag bäuchlings auf einem staubigen Turnhallenboden. Zehn Fuß vor ihm befand sich ein alter Mann, der einen grauen, fleckigen Trainingsanzug trug und mürrisch dreinblickte. Der alte Mann saß auf einem Hocker neben einem Schaltpult und schüttelte müde den Kopf.

»Nun«, fragte Poletti, während er aufstand und sich den Staub abklopfte, »wie war ich? Diesmal habe ich ihn erwischt, nicht wahr?«

»Ihre Reaktionszeit«, sagte der alte Mann, »war fast eine Zehntelsekunde zu langsam.«

Poletti sagte vorsichtig: »Ich habe etwas von meiner Reaktionszeit zugunsten von Präzision und Treffsicherheit geopfert.«

»Tatsächlich?« sagte der alte Mann.

»Ja«, sagte Poletti. »Das sind eben meine natürlichen Fähigkeiten, Professor.«

»Nun, diese Fähigkeiten können Sie vergessen«, sagte Professor Silvestre. »Sie haben den Dummy um 3,2 Zentimeter verfehlt.«

»Das ist doch schon ziemlich nahe«, sagte Poletti.

»Aber nicht nahe genug.«

»Was ist mit meinem Verteidigungs-Manöver Drei?« fragte Poletti. »Ich denke, das habe ich ganz gut hingekriegt.«

»Ganz gut«, sagte der Professor, »aber mit völliger und fataler Vorhersehbarkeit. Eine Kuh hätte sich schneller umdrehen können. Der Dummy tötete Sie einmal, während sie herumwirbelten, und ein zweites Mal, als sie sich auf den Bauch warfen. Wenn er statt einer dreidimensionalen Projektion ein echter Jäger gewesen wäre, Marcello, dann wären Sie jetzt zwei Tode gestorben.«