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Die Idee des Verkaufs an den Syrer hatte übrigens Odo. Er führte mit dem Mann ein längeres Gespräch, in dem es um Hispanien und das arabische Emirat ging, wo er sich, wie ich schon erwähnte, auskennt. Der Händler ist dorthin unterwegs und Odos sündige Phantasie eilte ihm gleich voraus in den Harem des Emirs. Sie waren sich schnell darüber einig, dass eine blonde Riesin dort hoch willkommen sein würde.

Ich habe allerdings den Verdacht, dass Odo mit diesem Geschäft eine geheime Hoffnung verbindet. Um nach Córdoba, dem Sitz des Emirs, zu gelangen, muss der Händler seinen Treck durch Aquitanien und die Gascogne führen. Odo hofft, wie ich befürchte, dass Demetria dort, in ihrer Heimat, irgendwie die Flucht gelingt. Vielleicht ist das sogar ein Teil der Abmachung. Unvergesslich wird mir das Bild bleiben, wie sich Odo, obwohl verletzt und behindert, bei Gewitter und Regen über die am Boden liegende Frau beugte und ihr aufhelfen wollte.

Zum Schluss kehre ich noch einmal in Petrissas Schenke zurück.

Dort erschien am Morgen nach seinem Freispruch Herr Siegram, um seinen jungen Diener, den Aimo, zu holen. Aimo hatte sich aber inzwischen mit Witzlaw angefreundet, machte ein saures Gesicht und wollte seinem Herrn nicht folgen. Und Odo erklärte dem Sänger, dass es besser für ihn sei, auf den Jungen zu verzichten, sonst werde er vielleicht doch noch große Unannehmlichkeiten bekommen. Siegram weigerte sich empört. Es kam zu einem heftigen Auftritt, in dessen Verlauf Odo mit seinem einsatzfähigen Arm alle in seiner Nähe befindlichen Gegenstände nach dem Sänger schleuderte: seinen Stock, seinen Becher, einen Hocker und sogar ein Fass. Zum Glück hatte er seine Waffen nicht griffbereit.

„Das ist Raub!“, schrie Siegram. „Der Junge ist mein Knecht, ich verklage Euch!“

„Gut“, erwiderte Odo, „Ihr habt das Recht, mich zu verklagen. Aber bringt die Sache gleich vor das Hofgericht. Nur dort ist man für Übergriffe der Königsboten zuständig.“

Darauf stieß der Sänger nur noch laute Verwünschungen aus, bestieg sein Pferd und ritt davon.

„Ich wusste ja gleich, ich würde mich mit Goldkehlchen einigen“, sagte Odo zufrieden, als er mir die Geschichte erzählte.

„Das nennst du einigen? Und wenn er nun zum Hofgericht geht und uns anklagt?“

„Wo denkst du hin! Er wird sich hüten.“

„Aber der Junge gehört ihm. Er kann zumindest verlangen …“

„Nichts wird er verlangen.“

„Und warum nicht? Was macht dich so sicher?“

Odo grinste nur und pfiff vor sich hin.

„Willst du es mir nicht endlich sagen?“, drängte ich. „Du wirfst ihm doch irgendetwas vor, was ihn andererseits in deinen Augen entlastet hat. Wie kam es, dass du nach seiner Festnahme plötzlich der Meinung warst, er sei unschuldig? Vorher hattest du ihn wütend verfolgt!“

„Verstehst du wirklich nicht?“

„Wie fandest du ihn?“

„Du meinst, auf der Blumenwiese? Bekränzt! Und außer mit Dichten und Harfeschlagen noch mit einer anderen Kurzweil beschäftigt. Die soll mal in Sodom sehr beliebt gewesen sein, weshalb sie im Reich unseres frommen Alten verboten ist. Es ist also besser, der Junge bleibt hier. Der späte Hellene hat das eingesehen, wenn auch zähneknirschend.“

Und damit beende ich meine Erzählung, mein lieber Volbertus.

Ich habe das letzte Blatt Pergament beschrieben, unsere Vorräte sind erschöpft. Sie haben gerade noch für einen Bericht an den Herrn Pfalzgrafen gereicht, damit recht bald über die Neuvergabe der erledigten Benefize entschieden wird. Ich hoffe, im Skriptorium von Fulda werden mir meine alten Bekannten aus der Verlegenheit helfen. In drei Tagen wollen wir dort sein.

Gerade kommt Odo von seinem ersten Ausritt zurück.

Weißt Du, was er mir zuruft`?

„Mach endlich Schluss mit der Schreiberei! Wie lange willst du uns noch damit aufhalten?“

Er sprüht schon wieder vor Tatendrang. Unbedingt will er sich auf dieser Reise die Grafschaft verdienen. Und die Prinzessin Rotrud hat er sich noch immer nicht aus dem Kopf geschlagen.

Auf nach Sachsen! Die Spur des verschollenen Theofried harrt der Entdeckung. Sobald es sich lohnt, berichte ich Dir.

Leb wohl!

Dramatis personae

Im Laufe der Handlung auftretende oder namentlich erwähnte Personen

Karl, König der Franken und Langobarden

Odo, Vasall des Königs (Königsbote)

Lupus, Mönch und Diakon (Königsbote)

Hrotbert, Graf

Mommo, Zentgraf

Begga, seine Gemahlin

Muthgard, seine frühere Gemahlin

Chrodelind, seine Tochter,

Farold, sein Schwiegersohn

Hauk, Gutsherr, Bruder des Mommo

Arnfried, ein Verwandter der Brüder, Gutsverwalter

Siegram, Dichter und Sänger

Aimo, sein Begleiter

Adalmar, Dichter und Sänger, erster Gemahl der Begga

Am Hofe

Fastrade, Königin, Karls Gemahlin

Rotrud, Karls älteste Tochter

Der Erzkaplan

Der Kanzler

Unterwegs

Ein Pferdehändler

Ein Köhler

Auf dem Salhof und im Castell

Petrissa, Schankwirtin

Witzlaw, ihr Sohn

Celsa, Magd

Ermelinde, Bäuerin

Blado, Wilderer

Frambert, sein Sohn, Wilderer

Ein alter Knecht

Im Gefolge der Königsboten

Rouhfaz, Diener und Schreiber

Fulk, Anführer des Schutztrupps

Drei Männer des Schutztrupps

sowie die beiden animalischen Reiseteilnehmer

Impetus, ein Grauschimmel

Grisel, ein Esel

Glossar

ad vicem nostram

(lat.) an Unserer Stelle

Allodbauern

freie Bauern mit vererbbarem Eigentum an Grund und Boden

Benefiz

(von lat. beneficium – Wohltat, Verdienst) aufgrund erwiesener Dienste übertragenes Gut oder Recht