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Taince hob den Kopf, murmelte etwas und machte sich an den Knöpfen des Funkgeräts zu schaffen. Alle anderen beobachteten das Schauspiel. Sal nickte. »Wahrscheinlich die Wachdrohne, die vorhin abgeschossen wurde«, sagte er, aber es klang unsicher.

Die Lautsprecher knackten, und eine Frauenstimme sagte ruhig: » – ger Zwei-Zwei-Neun … – sition? – ben Sie … – sieben-fünf-drei … -üdlich der Verbotenen Zone Ach-? … – derhole Sie sind jetzt oder in -ürze außerhalb des Rasters … – stätigen Sie Ihre …«

Taince Yarabokin beugte sich tiefer über das Gerät. »Hier spricht Flieger Zwei-Zwei-Neun, wir finden keinen sicheren Platz, um wie empfohlen unbemerkt zu landen, fliegen deshalb mit Höchstgeschwindigkeit in Minimalhöhe auf …«

Saluus Kehar streckte den goldgebräunten Arm aus und schaltete das Funkgerät ab.

»Verdammter Ficker!«, rief Taince und schlug nach seiner Hand, die bereits wieder zum Steuerknüppel zurückkehrte.

»Taince, bitte!« Sal schüttelte den Kopf, ohne das rasch näher kommende Schiffswrack aus den Augen zu lassen. »Musst du es unbedingt gleich jedem erzählen?«

»Kretin!«, zischte Taince und schaltete das Funkgerät wieder ein.

»Schließe mich an«, sagte Fassin und schüttelte ebenfalls den Kopf.

»Wirst du das Ding wohl in Ruhe lassen?«, sagte Sal, aber es gelang ihm nicht, das Funkgerät erneut auszuschalten. taince schlug seine Hand immer wieder weg und suchte weiter nach einem freien Kanal. (Fassin wollte schon anmerken, sie hätte darin mehr Übung, als er gedacht hätte, ließ es aber doch lieber sein.) »Taince«, sagte Sal. »Das ist ein Befehl. Der verdammte Apparat bleibt aus, hörst du? Wem gehört eigentlich dieser Flieger?«

»Deinem Dad?«, fragte Fassin. Sal warf einen vorwurfsvollen Blick nach hinten. Fassin nickte zu dem Schiffswrack hin, das schnell größer wurde. »Augen nach vorn.«

Sal drehte sich wieder um. Das ist ein Befehl, dachte Fassin und grinste in sich hinein. Saluus, wie kannst du nur? Hatte er sich nur deshalb so ausgedrückt, weil Taince beim Militär war und er glaubte, sie würde jedem Befehl automatisch gehorchen, auch wenn er von einem Zivilisten kam? Oder bildete er sich ein, schon jetzt auf Grund seiner Herkunft alle Welt herumkommandieren zu können? Ein Wunder, dass ihn Taince nicht einfach ausgelacht hatte.

Na schön, sie waren keine unschuldigen Kinder mehr, dachte Fassin. Je mehr sie von der Welt, der Galaxis und der Epoche kennen lernten, in der sie ihre Kindheit und Jugend verbrachten, desto deutlicher zeigte sich, dass es überall um Hierarchien ging, um Rangstufen, Dienstgrade und Hackordnungen, ob man nun wie sie ganz unten stand oder bereits unsichtbare Gipfel des Ruhmes erklommen hatte. Eigentlich waren sie wie ein Wurf Labormäuse, die in einem Käfig miteinander aufwuchsen, sich um die Vorherrschaft balgten, eigene und fremde Stärken und Schwächen ausloteten, Strategien und Verhaltensweisen für das spätere Leben erprobten, die Spielräume erkundeten, die sie jetzt hatten und als Erwachsene erwarten konnten, und sich den Platz für ihre Träume zu sichern suchten.

Taince schnaubte. »Wahrscheinlich ist es nicht einmal Daddys Flieger oder eine Geschäftsmaschine, sondern wurde nach einem undurchsichtigen Verfahren verkauft und wieder zurückgeleast und gehört nun einer halbautomatischen und dem Zugriff der Steuerbehörden entzogenen Briefkastenfirma außerhalb des Planeten.« Sie schlug wütend auf das Funkgerät ein, das nicht reagieren wollte.

Sal schüttelte den Kopf. »Unerträglich, dieser Zynismus der heutigen Jugend«, sagte er. Dann betrachtete er den schmetterlingsförmigen Steuerknüppel. »He, das Ding vibriert ja! Was …?«

Taince nickte zu dem Schiffswrack hin, das jetzt dicht vor ihnen aufragte. »Annäherungswarnung, du Superpilot. Wenn du nicht langsamer wirst, kannst du uns alle von der Wand kratzen.«

»Wer denkt denn in einer solchen Situation an Frühjahrsputz?« , erwiderte Sal grinsend. taince rammte ihm die Faust in den Oberschenkel. »Autsch! Das ist Misshandlung«, rief er in gespielter Empörung. »Dafür könnte ich dich anzeigen!«. Sie knuffte ihn noch einmal. Er lachte, drosselte das Triebwerk und betätigte die Druckluftbremse. Alle wurden nach vorne gegen die Sicherheitsgurte gedrückt, bis die kleine Maschine nur noch mit etwa zehn Metern pro Sekunde flog.

Sie traten in den Schatten des Riesenschiffs ein.

»Fassin Taak«, sagte Haushofmeister Verpych. »Was haben Sie denn jetzt wieder angestellt?« Sie eilten durch einen breiten fensterlosen Korridor unter dem Mitteltrakt des Hauses. Bevor Fassin antworten konnte, deutete Verpych mit einem Nicken zu einem Seitengang hin und steuerte darauf zu. »Hier entlang.«

Fassin verlängerte seine Schritte, um mithalten zu können. »Ich weiß nicht mehr als Sie, Haushofmeister.«

»Sie neigen wie eh und je zur Untertreibung.«

Fassin ließ sich die Bemerkung durch den Kopf gehen und verzichtete auf eine Erwiderung. Dafür setzte er ein hoffentlich leutseliges Lächeln auf, doch als er zu Verpych hinüberschaute, sah er, dass ihn der Haushofmeister gar nicht beachtete. verpych war ein kleiner, dünner, aber sehr energisch wirkender Mann mit cremig weißer Haut und vielen Bartstoppeln. Sein Kopf sah aus wie aus Sandstein gemeißelt. Der kantige Unterkiefer wirkte stets verkrampft, und die Stirn war von tiefen Falten durchzogen. Der Kopf war kahl rasiert bis auf einen langen Pferdeschwanz, der ihm bis zur Taille reichte. Den langen Obsidianstab, das wichtigste Symbol seines Amtes, hielt er so fest, als wäre er eine schwarze Schlange, die er mit einer Hand erdrosseln wollte. Seine Uniform war schwarz wie die Nacht, schwarz wie fettiger Ruß.

Als Oberster Seher-im-Wartestand war Fassin eigentlich in jeder Beziehung Verpychs Vorgesetzter. Doch der ranghöchste Diener des Sept brachte es immer noch fertig, dass er sich vorkam wie ein Kind, das etwas angestellt hatte und fast dabei erwischt worden wäre. Fassin sah voraus, dass sie beide ihre Schwierigkeiten haben würden, wenn er erst endgültig das Amt des Obersten Sehers übernahm.

Verpych vollführte eine schneidige Wendung, strebte geradewegs auf ein großes abstraktes Wandgemälde zu und hob seinen Stab, als wollte er auf eine Eigenheit der Pinselführung hinweisen. Das ganze Bild verschwand in einem Schlitz im Fußboden, und dahinter öffnete sich ein schwach beleuchteter Gang. verpych sagte nur: »Abkürzung«, und trat ein, ohne sich umzusehen, ob Fassin ihm folgte.

Fassin schaute über die Schulter. Das Gemälde glitt aus dem Schlitz wieder nach oben und sperrte das Licht aus dem Korridor fast völlig aus. Dieser Gang wirkte vergleichsweise kahl und irgendwie unfertig. Fassin wusste nicht mehr, wann er zum letzten Mal durch einen Versorgungstunnel gegangen war; vermutlich als Kind, auf Entdeckungsreise mit seinen Freunden.

Vor einem Fahrstuhl blieben sie stehen. Die Tür stand offen, ein Klingeln war zu hören. In der Kabine stand ein Jungdiener und hielt ein Tablett mit schmutzigen Gläsern in einer Hand. Mit der anderen drückte er auf die Schaltknöpfe. Ratlosigkeit und Frustration spiegelten sich in seinem Gesicht.

»Raus hier, du Schwachkopf«, sagte Verpych und trat in den Fahrstuhl. »Er wartet auf mich.«

Der Junge riss die Augen auf, stammelte eine Entschuldigung und verließ die Kabine so hastig, dass ihm um ein Haar das Tablett aus der Hand gefallen wäre. Verpych drückte mit dem Ende seines Stabes auf einen Knopf, die Tür schloss sich, und der Fahrstuhl – ein schlichter Metallkasten mit verschrammtem Boden – fuhr abwärts.

»Haben Sie das vorzeitige Wecken schon verkraftet, Haushofmeister?« , fragte Fassin.

»Durchaus«, gab Verpych knapp zurück. »Also, Seher Taak. Wenn diese Clowns von Mechanikern sich nicht selbst mit einem Stromschlag hingerichtet oder so lange in die Lichtleitungen geschaut haben, um zu sehen, ob sie auch funktionieren, dass sie davon blind geworden sind, müsste etwa eine Stunde vor Mitternacht alles bereit sein für Ihre Unterredung mit dem Wesen, das gerade abgestrahlt wird. wäre Ihnen neunzehn Uhr gelegen?«