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Dem Baron blieb nur übrig, auf sein Pferd zu springen und im vollen Galopp nach dem Schlosse zu flüchten. Vergebens suchten die Korsaren ihn einzuholen.

Noch war er fern vom Ziel, als er von Süden her wildes Geschrei, Jammerrufe von Frauen und Kindern und Gewehrfeuer hörte. Ein Blick zeigte ihm eine helle Röte hinter dem Eichengebüsch. Offenbar hatten die Seeräuber das Fischerdorf überfallen und in Brand gesteckt.

Plötzlich rief eine Stimme in schlechtem Italienisch: »Halt!« Statt zu gehorchen, spornte der Ritter sein Pferd noch mehr an und schwang seinen Degen. Ein halbes Dutzend Bewaffneter suchte ihm den Weg zu versperren. Aber er sprengte die Reihen. Ohne Zögern streckte er mit einem Pistolenschuß den ersten Angreifer nieder und hieb so wild auf die anderen ein, daß sie momentan zurückschreckten. So konnte er im Galopp zum Schlosse gelangen.

Die Brücke senkte sich. Eben wollte sein Pferd sie betreten, als drei Schüsse fielen. Das arme Tier brach zusammen. Der Ritter fiel mit ihm, doch hatte er die Geistesgegenwart, noch rechtzeitig die Füße aus den Bügeln zu ziehen.

Von der Terrasse aus sah es die Gräfin. Sie schrie angsterfüllt auf, da sie ihn verloren glaubte. Aber schon im nächsten Augenblicke eilte Sant’ Elmo über die Brücke.

Ein Kugelhagel ergoß sich vom Schlosse auf die heranstürmenden Feinde.

Gerührt begrüßte Eisenkopf den Geretteten, während die Brücke wieder hoch ging. »Ihr wart in Gefahr, mein Ritter, und ich, der eurem Vater versprochen, über euch zu wachen, war nicht dabei ... !«

Der Baron stürmte an ihm vorüber zur Braut, die ihn, totenbleich vor Aufregung, erwartete.

»Wie habe ich um dich gezittert!«

Er schloß sie stumm in seine Arme.

»Wo ist Zuleik?«

»Sprich nicht von ihm, mein Lieb! ... Sag’, gibt es einen unterirdischen Gang hier im Schloß?«

»Jawohl. Er führt zum Turm.«

»Kennt ihn Zuleik?«

»Er ist nur mir und dem Wachthauptmann bekannt.«

Der Baron atmete auf. »Zuleik hat uns verraten. Nun aber an die Verteidigung der Burg!«

4. DER ANSTURM DER BARBARESKEN

Die Korsaren hatten die Insel besetzt. Infolge der Dunkelheit und der Sorglosigkeit der Fischer hatten sie sich, ohne Widerstand zu finden, des Dorfes bemächtigt. Männer, Frauen und Kinder, im Schlafe überrascht und erschreckt von dem wilden Geschrei und den Flintenschüssen, waren den Räubern zur Beute gefallen und nach den Galeeren geschleppt worden.

Nachdem die Barbaresken die Hütten niedergebrannt hatten, wandten sie sich gegen das ihnen seit langem verhaßte Schloß der Grafen von Santafiora.

Während die vier Galeeren und die Feluke nach dem Hafen gesegelt waren, um von dort aus das Schloß zu beschießen, hatten etwa 300 Mann ihrer Besatzung sich in aller Stille, mit Sturmleitern versehen, an die Burgmauern geschlichen.

Der wachthabende Hauptmann bemerkte sie erst, als sie sich bereits in dem zur Zeit fast ausgetrockneten Wallgraben befanden. Er gab Alarm und unterrichtete den Baron und die Gräfin von der nahen Gefahr. Die Kanonen waren jetzt nur noch gegen die Galeeren zu brauchen.

Der Ritter hatte die Feinde in solcher Nähe nicht erwartet. Aber er ließ sich nicht dadurch schrecken. Auch die junge Gräfin war jetzt beherzter. War sie doch seit der Kindheit an Gefahren gewöhnt!

Die besten Artilleristen standen auf Turm und Bastionen. Alle anderen Männer waren in Panzer gekleidet und bereit, die Stürmenden zurückzuschlagen. Die Frauen heizten indessen in der Küche große Kessel voller Wasser und Öl.

Sant’ Elmo hatte den Befehl erteilt, die Schiffe durch Kanonenfeuer fern vom Hafen zu halten. Während die Kugeln ihnen den möglichsten Schaden in der Bemastung taten, wurden die Angreifer im Graben mit siedendem Wasser und Öl begossen. Donna Ida hatte ihre Dienerinnen angespornt, beides reichlich auf die Wälle zu tragen. Aber die Korsaren im Graben wichen nicht. Ein Häuflein der kühnsten versuchten es, die Brücke zum Fallen zu bringen, während andere auf den Leitern vordrangen.

Der Angriff auf die Brücke war abgeschlagen worden. Der Hauptmann hatte vom Turme aus durch Geschütze die Soldaten zurückgeworfen, vermittels einiger Ladungen gehackten Eisens und Glases.

Dagegen waren die Stürmenden auf den Leitern im Schutze des Pulverdampfes und des Feuers der Galeeren erfolgreich vorgedrungen. Aber der Baron und seine Tapferen, die sich furchtlos dem feindlichen Feuer aussetzten, ermüdeten nicht im Abschlagen der Angreifer.

Der Graben füllte sich mit Toten und Verwundeten, jedoch kam von den Galeeren immer wieder neuer Nachschub.

Der Kampf wurde ein verzweifelter. Man mußte die Leute vom Turme zu Hilfe rufen. Für eine gestürzte Sturmleiter wurden zwei oder drei angelegt. Auf die Terrasse und in die Fenster des Schlosses wurden brennende Reisigbündel geschleudert. Die Fallbrücke, die nicht mehr vom Turm aus verteidigt werden konnte, kam in schwerste Gefahr.

Mit tiefstem Seelenschmerz sah der Baron den Zeitpunkt nahen, wo seine Leute nicht mehr imstande sein würden, die Angriffe abzuwehren.

Schon hatte ihm Antiochus zugeraunt: »Wir können uns nicht länger halten!«

»Wo ist die Gräfin?« fragte der Ritter erregt.

»Auf der oberen Terrasse!«

»Sagt ihr, daß sie sich in den Turm zurückziehen solle, wo wir den letzten Widerstand leisten werden. – Eisenkopf, halte vier Mann bereit, um die Brücke abzuschneiden!«

Der Katalane, der eben noch, hinter einer Zinne versteckt, Keulenhiebe auf die Köpfe der Feinde geführt hatte, antwortete nicht.

»Sollte er tot sein?« dachte Sant’ Elmo. Dann warf er einen Blick um sich. Fünf oder sechs seiner Seeleute und Soldaten lagen da, getötet von den Kugeln der Schiffsgeschütze. Aber der Katalane war nicht darunter.

»Er wird bei Donna Ida sein«, sagte er sich. Und mit dem Rufe: »Zieht euch zurück! Alle nach dem Turme!« stürzte er zur Bastion.

In demselben Augenblick ertönte Triumphgeschrei von dem äußersten Ende der Bastion. Die Korsaren hatten die Zinnen erstiegen, eilten auf die Terrasse und trieben den Rest der fliehenden Verteidiger vor sich her.

Durch all den Waffenlärm hindurch hörte der Ritter einen Ruf: »Carlo, mein Carlo!«

Da sah er inmitten der Frauen, die über die vom Schlosse zum Turm führende Brücke sich drängten, seine Braut, während eine Schar Korsaren ihnen den Weg abzuschneiden suchte.

»Folgt mir«, schrie er. »Rettet die Gräfin!«

Ohne sich umzuschauen, stürzte er sich auf die Räuber und spornte die noch standhaltenden Soldaten an, die Holzbrücke zum Turme freizuhalten. Wie ein Tiger hemmte er den Ansturm der Feinde, die von allen Seiten, auch aus den Gemächern des Schlosses, hervordrangen.

Da trat ihm ein Schwerbewaffneter mit geschlossenem Helm entgegen, der mit beiden Händen ein Schwert schwang.

Der Baron hatte gerade noch Zeit, den Schild eines Gefallenen zu ergreifen. Er parierte den Hieb des Gegners und beantwortete ihn mit einem Kolbenschlag, der das Visier des Feindes sprengte.

Das Gesicht des letzteren wurde sichtbar. Wütend brüllte der Ritter: »Zuleik! Bei Gott, diesmal entgehst du mir nicht!«

»Ja, Zuleik!« entgegnete der Maure mit dem Ausdruck wildesten Hasses. »Zuleik, der die Dame eures Herzens liebt und sie euch raubt!«

»Stirb, Hund!« schrie Sant’ Elmo und griff aufs neue an.

Mitten im Kampfgetümmel hatte sich um die beiden Kämpfer eine Lücke gebildet. Der vor Zorn rasende Ritter focht mit äußerster Kraft. Zuleik führte dagegen mit seinem Zweihänder Hiebe, die einen Felsen sprengen konnten. Doch keiner der Streiter erreichte sein Ziel, als plötzlich vom Turm der alte Wachthauptmann rief: »Die Brücke fällt!«