Commander Jacobs zog ein Schreibtischfach auf und entnahm einen langen braunen Umschlag. Beim Anblick seines Gehaltsschecks wurde das Lächeln des alten Mannes zu einem breiten Grinsen.
»Wie war Ihr Flug, Leutnant?«
»Nicht schlecht, Sir. Ich mache die Logbucheintragung gleich anschließend. Es war jedenfalls ein guter Flug.«
»Es müssen gute Flüge sein, Leutnant. Weniger als gut kann eine Katastrophe bedeuten. Aber das wissen Sie natürlich.«
»Natürlich, Sir.«
Jacobs machte ein finsteres Gesicht, als er dem alten Mann den Umschlag überreichte. »Hier ist Ihr Scheck für den eben beendeten Flug, Leutnant.«
Der alte Mann nahm den Umschlag und schob ihn in die Rocktasche. Dann blickte er erwartungsvoll auf. Nach den Spielregeln mußte jetzt der nächste Flugauftrag kommen. In dem üblichen dicken grünen Umschlag.
Aber Commander Jacobs schüttelte den Kopf. »Bitte öffnen Sie den Umschlag, Leutnant. Ich möchte, daß Sie jetzt von seinem Inhalt Kenntnis nehmen.«
Der alte Mann runzelte die Stirn. »Die Computer haben sich noch nie verrechnet, Sir. Ich gehe jede Wette ein, daß…«
»Öffnen Sie den Umschlag, Leutnant!«
»Jawohl, Sir.«
Der alte Mann zog den Umschlag hervor, öffnete ihn und nahm die beiden Papiere heraus. Das eine war ein blauer Scheck, den er beiseite legte. Er sah kurz auf den Betrag und stieß einen leisen Pfiff aus.
Dann wanderte sein Blick zu der beigefügten Abrechnung.
›Carter, Raymond F. Leutnant.
Callistoflug, hin und zurück: 7431,62 Dollar.
Abfindung: 10 000 Dollar.
Gesamtbetrag: 17 431,62 Dollar.‹
Verblüfft blickte der alte Mann auf. »Abfindung?«
Seine Stimme klang heiser. »Das bedeutet doch, daß ich — daß ich…«
Commander Jacobs nickte. »Ich fürchte, ja. Der Test, dem Sie sich auf Callisto unterzogen…«
»Aber ich habe ihn bestanden!«
»Ich weiß. Aber es gab untrügliche Anzeichen, daß Sie beim nächsten Test versagen würden, Leutnant. Wir wollen Ihnen und uns eine unangenehme, aber unvermeidliche Szene ersparen.«
»Sie geben mir also einen Fußtritt?« fragte der alte Mann. Die Welt schien sich plötzlich um ihn zu drehen. Er hätte darauf gefaßt sein sollen, war es aber nicht.
»Wir lösen Sie ab«, korrigierte Jacobs.
»Aber meine Zeit ist noch nicht um. Kann ich nicht wenigstens noch diesen einen Flug zum Neptun machen?«
»Das Risiko ist zu groß«, sagte der Commander geradeheraus. »Sie wissen, Carter, daß ein Pilot den höchsten Ansprüchen genügen muß. Wir dürfen nicht weniger als Vollkommenheit verlangen. Nun, Sie sind nicht mehr vollkommen. Früher oder später geht es uns allen so.«
»Aber ich bin noch jung.«
»Jung?« Jacobs lächelte. »Jung? Unsinn, Carter. Sie sind ein Veteran. Man nennt Sie den alten Mann, nicht wahr? Sehen Sie sich die Fältchen um Ihre Augen an. Für einen Raumpiloten sind Sie alt, bereit, zum alten Eisen geworfen zu werden. Ich fürchte, wir können Sie nicht länger als Piloten einsetzen. Aber bei uns ist immer Platz für Sie — beim Bodenpersonal.«
Der alte Mann schluckte und hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Er mußte an Selwyn denken, den er Minuten zuvor noch bedauert hatte. Nun ging es ihm ebenso. In der Raumfahrt war kein Platz für alte Männer. Man mußte jung und frisch sein und über blitzschnelle Reflexe verfügen.
»Okay, Sir«, sagte er heiser. »Ich habe nicht die Absicht, mich gegen diese Entscheidung aufzulehnen. In einigen Tagen werde ich wieder zu Ihnen kommen, um über einen Job beim Bodenpersonal zu sprechen. In ein paar Tagen, wenn ich mich besser fühle.«
»Das ist klug von Ihnen, Leutnant. Ich freue mich, daß Sie Verständnis haben.«
»Sicher, sicher, ich verstehe«, sagte der alte Mann. Er nahm den Scheck, schob ihn in die Tasche, salutierte und wandte sich um. Langsam ging er hinaus, den Blick auf die lange Reihe blitzender Schiffe gerichtet, die darauf warteten, die Reise zu den Sternen anzutreten.
Nicht für mich, dachte er. Nicht mehr.
Aber er gestand sich selbst ein, daß Jacobs recht hatte. Die letzten Flüge hatten ihm Schwierigkeiten bereitet, wie er sie früher nicht kannte.
Es hatte keinen Sinn, sich selbst Sand in die Augen zu streuen. Er winkte Jim Selwyn zu und eilte ihm entgegen, um ihm von der Entscheidung des Commanders zu berichten.
Es schmerzte, aber es steckte Sinn dahinter. Er hatte gewußt, daß es eines Tages so kommen würde. Er war tatsächlich zu alt.
In wenigen Monaten würde er die Zwanzig vollenden.