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»Nicht bevor wir wieder in Selene sind.«

Dan stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Komm schon, Pancho, hör mit diesem Blödsinn auf.«

»Deine medizinischen Daten besagen aber…«

»Gottverdammt, es interessiert mich nicht, was die medizinischen Daten besagen! Ich will aussteigen! Ich will dieses Baby sehen! Es mit meinen Händen berühren.«

»Ohne Handschuhe?«

Sie hatten inzwischen die Luftschleuse erreicht, wo die Raumanzüge in Gestellen hingen wie eine Ausstellung von Ritterrüstungen. Fuchs saß auf der Bank vor den Gestellen. Er hatte bereits das Unterteil des Anzugs angelegt und schloss die Stiefel luftdicht mit den Beinen des Anzugs ab. Dan griff nach dem Anzug, auf dessen Oberteil sein Name stand.

»Ich dachte, du würdest dich vor der Strahlung fürchten«, sagte Pancho.

»Im Anzug wird mir nichts passieren«, sagte Dan. »Das Wetter ist ruhig da draußen; es gibt keinen Sonnensturm.«

Fuchs schaute wortlos zu ihnen auf.

»Die Vorschriften besagen…«

»Die Vorschriften besagen, dass man keine Haustiere an Bord bringen darf«, sagte Dan grinsend, als er die untere Anzughälfte aus dem Gestell zog und neben Fuchs Platz nahm. »Aber ich muss jeden Morgen einen Blick in die Schuhe werfen, um sicherzugehen, dass deine verdammte Schlange sich nicht darin zusammengerollt hat.«

»Schlange?«, rief Fuchs erschrocken.

Pancho stemmte die Fäuste in die Hüften und schaute Dan für einen langen Moment finster an. Dann entspannte sie sich merklich.

»In Ordnung, Boss«, sagte sie schließlich. »Ich kann dir wohl keinen Vorwurf machen. Aber ich werde deine Körperdaten auf der Brücke überwachen. Wenn ich sage ›reinkommen‹, dann kommst du rein. Sofort und ohne Widerrede. Einverstanden?«

»Einverstanden«, erwiderte Dan. Eine Stimme in seinem Kopf lachte spöttisch. Bist du nun zufrieden?, fragte die Stimme. Du hast ihr gezeigt, dass du kein alter, kranker Mann bist. Na toll! Aber wie wirst du dich fühlen, wenn die Kälte dir ins Gebein kriecht und die Knochen dich wieder schmerzen?

Spielt keine Rolle, sagte Dan sich. Ich werde jedenfalls nicht wie ein Krüppel hier eingesperrt bleiben. Zum Teufel damit! Es ist mir verdammt egal. Wenn ich schon sterben muss, dann will ich lieber verschleißen als verrosten. Was macht das auch für einen Unterschied?

»Klar für EVA«, ertönte Amandas Stimme im Lautsprecher von Dans Helm.

Er stand in den Anzug gehüllt in der Luftschleuse und fühlte sich wie ein Roboter in einer metallenen Gebärmutter.

»Öffne äußere Luke«, sagte er und drückte mit einem behandschuhten Finger auf das rote Licht der Schaltfläche.

»Verstanden, äußere Luke.«

Die Luke glitt auf, und Dan spürte, wie der Puls sich beschleunigte. Wie lang ist es her, seit ich zum letzten Mal draußen war?, fragte er sich. Seit du dir die Strahlungs-Überdosis eingefangen hast, als du im Van-Allen-Gürtel Commsats manipuliert hast, sagte die spöttische Stimme in seinem Kopf.

Zehn Jahre, wurde Dan sich bewusst. Da war ich für eine lange Zeit aus dem Geschäft.

Er schob sich durch die Luke und schwebte in die Leere hinaus. Das Universum erstreckte sich um ihn herum: Die gleichförmig leuchtenden Sterne schauten ihn sogar durch die starke Tönung des Kugelhelms an. Er drehte sich langsam um und sah die Sonne: Sie erschien klein und fahl und hatte Arme aus verschwommenem Zodiakallicht auf beiden Seiten ausgestreckt.

Freiheit. Er wusste, dass er durch den Raumanzug eingeengt wurde und keine Minute ohne ihn zu überleben vermochte. Und doch fühlte Dan, wie er schwerelos in der stillen Leere der Unendlichkeit hing, aller weltlichen Bürden enthoben. Er war eins mit dem Kosmos und wiegte sich im Rhythmus der ätherischen Sphärenklänge. Glorreiche Freiheit. Sch… auf die Strahlung — er hatte das Gefühl, für immer in den Weiten des Universums zu verschwinden und die nichtigen Händel und Zwistigkeiten der Menschheit weit hinter sich zu lassen. Es wäre nicht die schlechteste Art zu sterben.

Dann wanderte der Asteroid in sein Blickfeld. Massiv und gewichtig hing er vor ihm, eine gewaltige kraterübersäte, dunkle Realität, die wie eine Gewitterwolke vor ihm dräute, wie ein im All schwebender Berg. Die Starpower I wirkte erbärmlich klein und zerbrechlich neben dem zwei Kilometer langen Asteroiden — wie ein Fischlein neben einem Wal. Nun vermochte Dan nachzuvollziehen, wie Jonas sich im Bauch des Wals gefühlt haben musste.

Du machst mir keine Angst, sagte er zum Asteroiden. Du bist nur ein zwei Kilometer langer Brocken aus hochwertigem Eisenerz, Kumpel. Du wirst für viele Menschen auf der Erde ein wundervoller Anblick sein. Geld auf der Bank, das bist du. Arbeit und Hoffnung für Millionen Menschen. Bonanza: Dein Name ist Programm.

»Bereit für EVA«, unterbrach Fuchs' Stimme Dans stummen Monolog.

»Klar für EVA, Lars«, hörte er Amanda antworten.

Dan betätigte mit einem leichten Druck den rechten Handgriff der Steuerung. Der Kaltgas-Strahl schoss lautlos aus dem Rückentornister, und Dan drehte sich weit genug, um wieder aufs Schiff zu schauen. Die Starpower I glitzerte im Sternenlicht. Sie erstrahlte noch immer in fabrikneuem Glanz und wurde weder von einer Einschlagstelle noch von einem Kratzer verunstaltet. Die Luftschleusenluke glitt auf, und eine mit einem Raumanzug bekleidete Gestalt erschien in der Öffnung.

»Verlasse die Luftschleuse«, sagte Fuchs mit leicht zitternder Stimme.

»Komm schon, Lars«, rief Dan. »Ist sie nicht eine Schönheit?«

Fuchs flog auf ihn zu. Dan sah, dass sein Anzug von Hämmern, Bohrern und allen Arten von Ausrüstungsgegenständen starrte.

»Er ist gewaltig«, sagte Fuchs ehrfürchtig.

»Sie ist nur ein durchschnittlich großer Metallklumpen«, sagte Dan. »Und sobald du ein Stück davon abschlägst, haben wir einen Anspruch darauf.«

Fuchs machte sich ohne zu zögern auf den Weg, wobei er sich jedoch mit der Kontrolle der Steuertriebwerke etwas schwer zu tun schien. Dan befürchtete schon, dass Fuchs in den Asteroiden krachen würde, doch im letzten Moment gab er Gegenschub und schwebte ein paar Meter über der pockennarbigen, geröllübersäten Oberfläche.

Dann flog Dan mit einer leichten Berührung der Handregler zu ihm hin und landete auf der Oberfläche des Asteroiden. Er spürte, wie die Stiefel aufsetzten und leicht abgestoßen wurden. Geringe Schwerkraft, sagte er sich, als er erneut aufkam und schließlich auf der Oberfläche von Bonanza stehen blieb. Staubwolken wallten an der Stelle auf, wo die Stiefel Bodenkontakt gehabt hatten; sie verharrten in der minimalen Schwerkraft und bewegten sich kaum.

Fuchs brauchte drei Anläufe, um festen Kontakt mit der Oberfläche herzustellen. Er kam jedes Mal zu hart auf und prallte ab, bis Dan ihn einfing und herunterzog.

»Versuch nicht zu gehen«, sagte er zu Fuchs. »Die Gravitation ist so gering, dass du mit einem Schritt auf und davon bist.«

»Wie soll ich mich dann…«

»Du musst schlurfen.« Dan führte ihm ein paar Schritte vor, wobei er noch mehr Staub aufwirbelte. »Als ob du tanzen würdest.«

»Ich bin aber kein sehr guter Tänzer«, sagte Fuchs.

»Macht nichts, das ist auch nicht gerade die schönste Tanzfläche des Sonnensystems.«

Die Oberfläche des Asteroiden war rau und uneben und mit einer pulvrigen Staubschicht überzogen. Es bestand eine große Ähnlichkeit mit der Mondoberfläche. Dennoch hatte Dan das Gefühl, eher auf einem Bootsdeck zu stehen als auf festem Boden. Einen Horizont gab es in diesem Sinn nicht; der Asteroid endete einfach. Die Oberfläche war mit kleinen Kratern, Geröll und faustgroßen Steinen übersät, und am andern Ende erkannte Dan einen größeren Krater, eine große Senke mit einem erhabenen Rand.

»Was meinst du, wie viel Eisen hier drinsteckt?«, fragte Dan.