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»Uns geht's gut«, sagte Pancho. »Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, eine Tanzveranstaltung zu organisieren.«

Dan unterdrückte ein Stöhnen. Redneck-Humor — das hat uns gerade noch gefehlt, sagte er sich. Plötzlich lachte er. Er hatte die Bezeichnung ›Redneck‹ nicht mehr gehört, seit er vor langen Jahren in Texas gewesen war. Rednecks gibt es nur auf der Erde, sagte er sich. Im Weltraum bekommt man keinen Sonnenbrand. Man wird vielleicht gebraten. Von der Strahlung gegrillt. Aber nicht gebräunt; es sei denn, man geht in Selene ins Sonnenstudio.

Er schob die rechte Hand durch das ihn umgebende Geröll und berührte die Tastatur am linken Unterarm. Durch eine Berührung rief er die Sensorenanzeige des Schiffs auf. Sie hatten die Anzüge so programmiert, dass die Anzeigen auf die Innenseite der Kugelhelme gelegt wurden. Aber er sah nichts außer bunten Schlieren. Entweder störten der Schmutz über ihnen oder der Strahlungssturm die Verbindung zum Schiff. Wahrscheinlich eine Kombination aus beidem, sagte er sich.

»Wie spät ist es?«, fragte Dan.

Wenigstens vermochte er sich mit Pancho zu unterhalten. Und selbst wenn die Funkverbindung abbrach, waren sie so nah, um die Helme gegeneinander zu legen und sich durch Schallübertragung zu unterhalten.

»Noch über dreizehn Stunden, Boss.«

»Du meinst, wir sind noch nicht einmal eine Stunde hier unten?«

»Neunundvierzig Minuten, um genau zu sein.«

»Scheiße«, sagte Dan aus vollem Herzen.

»Mach ein Schläfchen. Das ist die beste Möglichkeit, die Zeit totzuschlagen.«

Dan nickte im Helm. »Was sollte man auch sonst tun.«

Er hörte Pancho leise kichern.

»Was ist denn so lustig?«

»Mandy und Lars. Ich wette, dass sie versuchen, ihre Raumanzüge zu einem zu verkoppeln.«

Dan lachte auch. »Vielleicht sollten wir beide das auch versuchen.«

»Boss!«, rief Pancho in gespielter Empörung. »Das ist sexuelle Belästigung!«

»Was sollte man auch sonst tun«, wiederholte er. »Ich kann in diesem gottverdammten Anzug nicht mal onanieren.«

»Ich schon«, machte Pancho ihn an.

»Das nenne ich sexuelle Belästigung«, grummelte Dan.

»Nee. Nur ein besseres Design.«

Dan leckte sich die Lippen. Er war durstig und fror, und zugleich schwitzte er. Außerdem hatte er ein flaues Gefühl im Magen.

»Wie fühlst du dich, Pancho?«

»Gelangweilt. Müde. Zu aufgedreht, um zu schlafen. Und was ist mit dir?«

»Das geht mir auch so. Mich schmerzt der ganze Körper.«

»Was macht dein Blutdruck?«

»Woher, zum Teufel, soll ich das denn wissen?«

»Hörst du das Blut in den Ohren rauschen?«

»Nein.«

»Dann dürfte er wohl in Ordnung sein.«

»Danke, Dr. Pancho.«

»Schlaf jetzt, Boss. Das werde ich auch versuchen.«

»Du hast doch gesagt, du wärst zu aufgekratzt.«

»Ja, aber ich will's trotzdem versuchen. Ich schließe die Augen und denke an was Angenehmes.«

»Viel Glück.«

»Versuch du es auch.«

»Sicher.«

Dan schloss die Augen, aber seine Gedanken waren alles andere als angenehm. Er schlug die Augen wieder auf und drückte auf der Handgelenk-Tastatur herum, bis der Anzugs-Strahlungssensor im Helm abgebildet wurde. Die Grafik wurde durch die Helmkrümmung verzerrt und unscharf. Er versuchte, die Augen darauf zu fokussieren. Sieht gut aus, sagte er sich. Die Kurve steigt zwar an, aber die Steigung ist flach und noch weit vom roten Bereich entfernt.

Versuch zu schlafen. Müde genug war er jedenfalls. Entspann dich! Stell dir vor, was du tun wirst, wenn du wieder in Selene bist. Ich würde Humphries gern persönlich eine verpassen. Dan stellte sich Humphries' Überraschung vor, wenn er ihm mit einer gezielten rechten Geraden die Nase brach.

Irgendwo in seinem Kopf hallte ein alter Spruch wider: Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt genießt.

Humphries eine aufs Maul zu hauen würde ihm zwar Spaß machen, aber würde das den alten Bastard überhaupt richtig treffen? Er hat versucht, mich umzubringen. Und vielleicht gelingt ihm das auch noch; schließlich haben wir es noch nicht überstanden. Wenn ich sterbe, wird er zuschlagen und Astro übernehmen. Wie vermag ich ihn daran zu hindern? Wie vermag ich ihn noch im Grab zu stoppen?

Dan lachte bitter. Ich liege schon im Grab, wurde er sich bewusst. Und ich habe es mir selbst geschaufelt.

Nanotech-Labor

Charley Engels schaute besorgt und verlegen. Nervös strich er sich das sandfarbene Haar aus der Stirn und sagte: »Kris, ich darf Sie hier nicht hereinlassen.«

Es war schon nach Mitternacht. Cardenas wunderte sich darüber, dass überhaupt noch jemand im Laborkomplex zugange war. Selenes Sicherheitsdienst hatte sich nicht die Mühe gemacht, den Zugangscode an der Haupttür zu ändern; sie hatte ihn eingegeben, und die Tür hatte sich pflichtschuldig geöffnet. Doch Engles hatte noch in der Kabine gearbeitet, und als er Cardenas zielstrebig an den Arbeitsstationen vorbei auf ihr Büro zugehen sah, war er aus seiner Kabine gekommen und hatte sich ihr in den Weg gestellt.

»Wir sind vom Sicherheitsdienst informiert worden«, sagte er peinlich berührt. »Sie haben hier bis auf Weiteres keinen Zutritt.«

»Ich weiß, Charley«, sagte sie. »Ich will auch nur meinen Schreibtisch ausräumen.«

Charles Engels war ein junger Hochschulabsolvent aus New York. Seine Eltern hatten ihn nach Selene geschickt, nachdem er bei einem Autounfall beide Beine verloren hatte. Obwohl sie wussten, dass er nie mehr zurückkehren durfte, nachdem er sich einer Nanotherapie unterzogen hatte, wollten seine Eltern, dass ihr Sohn neue Beine bekam, um wieder gehen zu können.

»Die Kameras…« Engles deutete auf die winzigen roten Lichter in den Ecken der Decke. »Der Sicherheitsdienst wird jemanden hochschicken, sobald er Sie sieht.«

»Das ist schon in Ordnung«, sagte sie und versuchte ihre Anspannung zu kaschieren. »Ich bleibe nur für ein paar Minuten. Gehen Sie ruhig wieder an Ihre Arbeit.«

Er begleitete sie jedoch auf dem Weg zu ihrem Büro.

»Was hat das alles überhaupt zu bedeuten, Kris? Wieso hat man Sie aus Ihrem eigenen Labor ausgesperrt?«

»Das ist eine lange Geschichte, die ich jetzt nicht vertiefen möchte, Charley. Bitte — ich brauche nur ein paar Minuten in meinem Büro.«

Er schaute unglücklich, fast verwundet. »Wenn ich Ihnen irgendwie helfen kann…«

Cardenas lächelte und spürte, dass ihr die Tränen in die Augen traten. »Das ist sehr lieb von Ihnen, Charley. Danke.«

»Ich meine, ich könnte nicht mehr gehen, wenn Sie nicht gewesen wären.«

Sie nickte. Und wo du nun wieder gehen kannst, darfst du nicht mehr auf die Erde zurückkehren, sagte sie sich.

»Nun…« Er trat unbehaglich von einem Fuß auf den andern. »Wenn es irgendetwas gibt, das Sie brauchen, egal was, dann lassen Sie es mich einfach wissen.«

»Danke, Charley. Das werde ich tun.«

Er stand noch für einen Moment unschlüssig da, während Cardenas sich fragte, wie lang es wohl noch dauerte, bis der Sicherheitsdienst jemanden schickte, um sie zu ergreifen. Schließlich schlurfte er zu seiner Kabine zurück. Sie ging langsam zu ihrem Büro.

Als er jedoch in der Kabine verschwunden war, bog Cardenas schnell in einen Seitengang ein, der zum hinteren Bereich des Laborkomplexes führte. Sie kam an eine Tür mit der Aufschrift NUR FÜR AUTORISIERTES PERSONAL. Dies war der Bereich, in dem neu entwickelte Nanomaschinen getestet wurden. Anders als die Räumlichkeiten im vorderen Bereich wurde dieser Gang von luftdichten Kammern gesäumt. Die Türen zu den Kammern waren verschlossen. In die Decke des Gangs waren Ultraviolett-Lampen integriert. Jeder Nanomaschinen-Typ war so konzipiert, dass er seine Funktion beendete, wenn er mit intensivem ultraviolettem Licht bestrahlt wurde.