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Er stand auf.

«Und Derek?», sagte Lenox.

«Wer weiß?» Poirot hob die Schultern. «Aber ich will Ihnen eines sagen, Mademoiselle. Ich bin nicht zufrieden. Nein, ich, Hercule Poirot, bin noch nicht zufrieden. Es kann sein, dass ich noch in dieser Nacht mehr erfahre. Jedenfalls werde ich es versuchen.»

«Sind Sie verabredet?»

«Ja.»

«Mit jemandem, der etwas weiß?»

«Mit jemandem, der etwas wissen könnte. In solchen Fällen muss man jeden Stein umdrehen. Au revoir, Mademoiselle.»

Lenox begleitete ihn zur Tür.

«Habe ich Ihnen geholfen?», fragte sie.

Sie stand auf der Schwelle. Poirots Gesicht wurde sanft, als er zu ihr emporschaute.

«Ja, Mademoiselle, Sie haben mir geholfen. Vergessen Sie das nie, wenn alles sehr düster aussieht.»

Als der Wagen losgefahren war, fiel er wieder in tiefes Grübeln, aber in seinen Augen war jenes schwache grüne Leuchten, das immer dem späteren Triumph voranging.

Er kam wenige Minuten zu spät zu seiner Verabredung; Papopoulos und seine Tochter waren bereits da. Poirot bat überaus zerknirscht um Entschuldigung und übertraf sich selbst an Höflichkeit und kleinen Aufmerksamkeiten. Der Grieche sah an diesem Abend besonders gütig und edel aus, ein kummervoller Patriarch mit makellosem Leben. Zia sah hübsch aus und war gut gelaunt. Das Essen war ersprießlich. Poirot war in glänzender Form und sprühte vor Einfällen. Er erzählte Anekdoten, machte Witze, berichtete von interessanten Ereignissen aus seiner Karriere und machte Zia Papopoulos anmutige Komplimente. Das Menü war mit besonderer Sorgfalt zusammengestellt, die Weine waren vorzüglich.

Als das Dinner seinem Ende zuging, erkundigte sich Monsieur Papopoulos höflich:

«Und der Tipp, den ich Ihnen neulich gegeben habe? Haben Sie auf das Pferd gesetzt?» «Ich bin noch in Verbindung mit — eh — meinem Buchmacher», antwortete Poirot.

Die Blicke der beiden Männer begegneten sich.

«Ein sehr bekanntes Pferd, eh?»

«Nein», sagte Poirot, «es ist, was unsere englischen Freunde ein dunkles Pferd nennen.»

«Ah!», sagte Monsieur Papopoulos nachdenklich.

«Jetzt sollten wir ins Casino hinübergehen und ein bisschen unser Glück beim Roulette versuchen», rief Poirot fröhlich.

Im Casino trennte sich die kleine Gesellschaft. Poirot widmete sich ganz Zia, während Papopoulos sich ein wenig die Beine vertrat.

Poirot hatte kein Glück, Zia hingegen eine Strähne und binnen kurzem einige tausend Francs gewonnen.

«Es wäre besser», bemerkte sie trocken, «wenn ich jetzt aufhörte.»

Poirots Augen zwinkerten.

«Fabelhaft!», rief er aus. «Sie sind wirklich die Tochter Ihres Vaters, Mademoiselle Zia. Zu wissen, wann man aufhören muss. Ah!, das ist Lebenskunst.»

Er sah sich um.

«Ich sehe Ihren Vater nirgends», bemerkte er sorglos. «Wenn es Ihnen recht ist, Mademoiselle, hole ich Ihren Mantel, und wir gehen ein wenig im Park spazieren.»

Er ging jedoch nicht geradewegs zur Garderobe. Sein scharfes Auge hatte kurz zuvor gesehen, dass Papopoulos in einen anderen Saal gegangen war. Er wollte unbedingt wissen, was der schlaue Grieche trieb. Er stöberte ihn unerwartet in der großen Eingangshalle auf, wo er neben einer der Säulen stand und sich mit einer eben angekommenen Dame unterhielt. Die Dame war Mirelle.

Poirot schlenderte unauffällig durch die Halle. Er erreichte die andere Seite der Säule unbemerkt von den beiden, die sich angeregt unterhielten — oder genauer, die Tänzerin redete, und Papopoulos steuerte gelegentlich eine Silbe und viele ausdrucksvolle Gesten bei.

«Ich sage Ihnen, ich brauche Zeit», sagte die Tänzerin eben. «Wenn Sie mir Zeit geben, treibe ich das Geld auf.»

«Warten» — der Grieche hob die Schultern — «ist schwierig.»

«Nur eine kleine Weile», bat sie. «Ah!, aber Sie müssen einfach! Eine Woche — zehn Tage — mehr verlange ich doch nicht. Sie können ganz sicher sein, was das Geschäft angeht. Das Geld wird da sein.»

Papopoulos bewegte sich ein wenig, sah sich unruhig um — und fand Poirot gleich neben sich, mit unschuldig strahlendem Gesicht.

««Abi Vous voila, Monsieur Papopoulos. Ich suche Sie überall. Erlauben Sie, dass ich Mademoiselle Zia auf einen kleinen Spaziergang in den Garten begleite? Guten Abend, Mademoiselle.» Er verbeugte sich sehr tief vor Mirelle. «Ich bitte vielmals um Vergebung, dass ich Sie nicht sofort gesehen habe.»

Die Tänzerin nahm seine Begrüßung eher unwirsch entgegen. Sie war sichtlich verärgert über die Unterbrechung ihres tete-a-tete. Poirot registrierte den Wink mit dem Zaunpfahl sofort. Papopoulos hatte bereits «natürlich — aber selbstverständlich» gemurmelt, und Poirot entfernte sich sofort.

Er holte Zias Mantel, und zusammen schlenderten sie hinaus in die Gärten.

«Genau hier bringen sich die Leute immer um», sagte Zia.

Poirot zuckte mit den Schultern. «So wird erzählt. Die Menschen sind Narren, nicht wahr, Mademoiselle? Es ist doch sehr angenehm, zu essen, zu trinken und die gute Luft einzuatmen, Mademoiselle. Man muss dumm sein, um all das aufzugeben, nur weil man kein Geld hat — oder weil das Herz gebrochen ist. L’amour — sie sorgt für viele Todesfälle, nicht wahr?»

Zia lachte.

«Sie sollten nicht über die Liebe lachen, Mademoiselle», sagte Poirot; energisch drohte er ihr mit dem Zeigefinger. «Sie, die Sie jung und schön sind.»

«Wohl kaum», sagte Zia. «Sie vergessen, dass ich dreiunddreißig bin, Monsieur Poirot. Ich bin offen mit Ihnen, alles andere hat keinen Sinn. Wie Sie meinem Vater sagten, ist es genau siebzehn Jahre her, dass Sie uns damals in Paris geholfen haben.»

«Wenn ich Sie ansehe, kommt es mir viel kürzer vor», sagte Poirot galant. «Sie sahen damals fast so aus wie heute, Mademoiselle, ein wenig schmächtiger, ein wenig blasser, ein wenig ernster. Sechzehn Jahre alt und frisch aus dem Pensionat. Nicht mehr ganz lapetitepensionnaire, noch nicht ganz Frau. Sie waren auch damals sehr charmant, sehr reizvoll, Mademoiselle Zia, zweifellos haben andere das auch empfunden.»

«Mit sechzehn», sagte Zia, «ist man nichts als eine dumme Gans.»

«Das mag sein», sagte Poirot, «ja, das mag wohl sein. Mit sechzehn ist man jedenfalls vertrauensselig. Man glaubt, was einem erzählt wird.»

Vielleicht bemerkte er den raschen Seitenblick, den das Mädchen ihm zuwarf, aber er verriet das mit keiner Geste. Verträumt fuhr er fort: «Es war eine ganz merkwürdige Geschichte damals. Ihr Vater, Mademoiselle, weiß bis heute nicht, was wirklich geschehen ist.»

«Nein?»

«Als er mich nach Details, nach Erklärungen gefragt hat, habe ich ihm gesagt: <Ohne Skandal habe ich Ihnen zurückgebracht, was verloren war. Sie dürfen keine Fragen stellen.> Wissen Sie, Mademoiselle, warum ich das gesagt habe?»

«Ich habe keine Ahnung», sagte das Mädchen kalt.

«Weil ich eine Schwäche für die blasse, schmächtige, ernste, kleine pensionnaire hatte.»

«Ich weiß nicht, wovon Sie reden», rief Zia ärgerlich.

«Wirklich nicht, Mademoiselle? Haben Sie Antonio Pi-rezzio vergessen?» Er hörte, wie sie schnell einatmete — es war beinahe ein Ächzen.

«Er hat als Gehilfe im Laden gearbeitet, aber so konnte er nicht das bekommen, was er haben wollte. Ein Gehilfe darf doch die Augen zur Tochter seines Meisters erheben, nicht wahr? Wenn er jung und hübsch ist und eine glatte Zunge hat. Und da die beiden nicht ununterbrochen turteln können, muss man gelegentlich auch von Dingen reden, die beide interessieren — etwa über diese sehr interessante Sache, die zeitweilig im Besitz von Monsieur Papopoulos war. Und da, wie Sie sagen, Mademoiselle, junge Mädchen dumme Gänse und leichtgläubig sind, war es ganz leicht, ihm zu glauben und ihm einen Blick auf dieses besondere Ding zu gönnen, ihm zu zeigen, wo es aufbewahrt wird. Und später, wenn es verschwunden ist — wenn die unglaubliche Katastrophe geschehen ist. He-las, die arme kleine pensionnaire. In was für einer furchtbaren Lage sie ist. Sie hat Angst, die arme Kleine. Reden oder nicht reden? Und dann kommt dieser treffliche Bursche daher, Hercule Poirot. Es muss beinahe ein Wunder gewesen sein, wie alles wieder in Ordnung kommt. Die unbezahlbaren Erbstücke sind wieder da, und es gibt keine peinlichen Fragen.»