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„Die zweite Sonde! Zerschellt!“ Aerona seufzte. Sie sollte die chemische Zusammensetzung des Festlandes zur „Kua“ heraufmelden.

Gohati untersuchte die Angaben eines anderen Gerätes. Er betrachtete es aufmerksam. Die Zeichen für Silizium und für Atemstoff waren besonders häufig. Auch Wasserstoff schien reichlich vorhanden zu sein. Das bedeutet üppiges Leben, zumindest starke Vegetation, dachte Gohati.

Die dritte Sonde sendete. Gespannt hingen aller Blicke an der Zackenlinie des Leuchtbandes mit den Meßergebnissen. Die Charakteristik dieser Zeichengruppe war unverkennbar die verbrannten Wasserstoffs. „Es ist wirklich Wasser!“ rief Aerona.

Tivia blickte bewundernd auf das Bild, das der Erider vom blauen Planeten auf seinem Lichtband zeichnete. Das blaue Magma waren also weite Wasserfelder. Sie bedeckten die eine Kugelhälfte und umgrenzten mit breiten Flächen auch noch auf der anderen Kugelhälfte die Schlackenschollen, vermutlich das Festland. Was für ein herrlicher, wasserreicher Planet, dachte Tivia. Träumten doch manche Planetenvölker der Galaktischen Gemeinschaft, deren Heimatwelt trocken und staubig war, von einem solchen Paradies. Auch auf Heloid mußte man sparsam mit dieser Flüssigkeit des Lebens umgehen.

Kürzer und enger wurde die Ellipse. Die Kua kam der Erde auf ihrem spiralförmigen Flug immer näher. Endlich fuhren die letzten Flammenstöße aus den Steuerdüsen. Das Sternenschiff der Heloiden hatte die Kreisbahn erreicht, die es erst wieder verlassen würde, wenn ein geeigneter Landeplatz auf der Erde gefunden war. Es war zu einem künstlichen Satelliten geworden. Unter ihm drehte sich gemächlich die Wölbung der Ozeane und Kontinente hinweg.

Der eine der beiden Gittertürme, die als Verlängerung der Hauptachse des Raumschiffes aus dem Kreisel ragten, wurde eingezogen. Bald darauf streckte sich statt dessen das große Rechteck einer Plattform über dem offenen Schlund des Schleusentores. Auf ihr ruhte, schneeweiß und überschlank, eine kleine Rakete. Ihre schmalen und weit nach hinten gepfeilten Flügel lagen eng am Rumpf. Das Leitwerk, mit seinen Stabilisierungsflächen fast schon einem dritten Flügel gleich, stand kühn vom Rücken der Rakete aufwärts.

Eine vom Skaphander dick ummummte Gestalt bewegte sich am Ende der Plattform. Es war Sil.

Er schob sich an die kleine Rakete heran. Eine Luke öffnete sich, und er stieg ein.

Sil sah sich um. Die Kabine war niedrig und dennoch geräumig. Ein Konturensessel, seinen Körperformen angepaßt, gepolsterte. Wände, ein Bildschirm an der Stirnwand, ein Leuchtband für Lichtschriftzeichen, einige wenige Skalen und Steuertasten, das kleine Quadrat einer schwarzen Myonenfläche und davor eine aus dem Boden ragende dicke, stumpfe Säule machten die Einrichtung aus. Die verwirrende Vielzahl der Instrumente wie in der großen Steuerzentrale des Raumschiffes fehlte. Die dicke, stumpfe Säule endete in einer Halbkugel, deren Schnittfläche nach oben gerichtet war. Das war der Pilotron, der das Raketenflugzeug bis in die Atmosphäre des Planeten steuern sollte.

Versonnen blickte Sil vor sich hin. Wie lange schon war es her, daß er das letzte Mal diese Kabine betreten hatte? Damals war er noch auf Heloid gewesen. Im harten Training hatte er sich für die Expedition, auf die Fahrt über den Großen Abgrund, vorbereitet. Bei jedem Übungsflug mit diesem Raumgleiter hatte er mehrmals den Heimatplaneten umrundet.

Beim letzten Aufstieg war, als Sil eben die Gipfelhöhe erreicht hatte und in der Zone zwischen Atmosphäre und Weltraum dahinglitt, unvermittelt neben ihm eine zweite weiße Rakete aufgetaucht, von Tivia gesteuert. Sie flogen nebeneinanderher.

Dann kam der Befehl zum Abstieg. In weitgeschwungenem, wellenförmig auf- und absteigendem Gleitflug waren sie beide weich und gleichmäßig näher und näher um Heloid gefallen. In stetem Wechsel empfanden sie, ein jeder in seiner Rakete, bleiernen Andruck und traumhafte Schwerelosigkeit. Tivia hörte dieselbe urwüchsige Symphonie der von den Raumgleitern zerrissenen, heulenden und brausenden Atmosphäre wie er. Bei jeder neuen Bremsellipse klang ein neuer Satz dieser stürmischen Musik auf. Die Schönheit und die Ebenmäßigkeit, die Harmonie des Fluges waren so wunderbar, daß es sie schmerzte, als die untersten Schichten des Luftmeeres erreicht waren, sie sich trennen und einzeln zur Landung auf der Flutpiste, einer Landebahn aus zäher Flüssigkeit, ansetzen mußten.

Unbewußt klopfte Sil, in Erinnerung versunken, die Wände ab. Doch die Welt um ihn war akustisch tot. Kein Schall durchflog die kleine Kabine. Kein Ton, kein Geräusch, kein Klopfen oder Pochen drang über das Außenmikrophon des Skaphanders zu ihm. Dieses Schweigen schreckte Sil auf und ließ ihn in die Wirklichkeit zurückkehren. Sil nahm im Konturensessel am Pilotron Platz. Er schnallte sich mit breiten Gurten fest. Dann nannte er ein Codewort. Ventile öffneten sich, und langsam füllte Heloidenluft die Kabine. Je mehr von ihr aus Vorratsbehältern einströmte, um so besser trug die Luft den Schall, und um so lauter und deutlicher war das Zischen zu hören. Endlich war es still. Der Druck in der Kabine war auf den normalen Wert gestiegen.

Ein Laut, ein neuer Code, erklang. Da leuchtete der Pilotron auf. Die runde, ein wenig zum Piloten geneigte Fläche des Halbkugelschnittes erglomm im schachbrettartigen Muster vieler kleiner weißer und schwarzer Felder. In einigen blinkten Zahlen. Über das Leuchtband an der Stirnseite der Kabine begannen Lichtzeichen zu ziehen.

Das Raketenflugzeug meldete sich seinem Pilotenabflug bereit. „Raumgleiter startklar!“

Der Erider, hier Sichtschirm und zugleich Fernsehverbindung zur „Kua“, begann zu leuchten. Gohati erschien auf der Bildfläche. Er lächelte Sil zu.

„Es ist soweit. Ich bitte um die Starterlaubnis“, sagte Sil.

Hinter Gohati sah er Tivia stehen, die ihn zum Abschied mit einer leichten, kaum erkennbaren Bewegung grüßte. Viel Erfolg, mochte sie wohl in Gedanken zu ihm sagen. Sil antwortete ihr mit der gleichen Bewegung als Zeichen dafür, daß er verstanden hatte und sich für den stillen Gruß bedankte.

„Also: Abstieg in Bremsellipsen, langsame Annäherung an den bläulichen Planeten, nach geeigneten Landeflächen für uns suchen, aber selbst nicht landen, dann Rückkehr zur Kreisbahn der ›Kua‹. Sollten sich unvermutet fremdartige Erscheinungen zeigen, sofort umkehren. Auch wenn sich Andeutungen für eine Planetenbevölkerung mit einem uns ähnlichen hohen Geistesstand bemerkbar machen, was aber kaum zu erwarten ist, dann ebenfalls zur Kreisbahn zurückkehren. Wir dürfen auf keinen Fall als ungebetene Gäste in die Lebenssphäre einer solchen Welt eindringen. — Wir halten deinen Raumgleiter so lange wie möglich unter Beobachtung und nehmen regelmäßig Verbindung über Bild- und Sprechfunk miteinander auf. — Start frei für den Abstieg zum bläulichen Planeten!“

Das Bild erlosch. Sil konzentrierte sich auf den Abflug. Er drückte auf die Starttaste. Damit war der Pilotron in Tätigkeit gesetzt worden. Die Programmsteuerung lief an. Sil wurde in den Sessel gedrückt. Die Steuerdüsen hatten gezündet. Sie schoben die kleine Rakete vom Raumschiff weg. Langsam glitt die weiße Spindel von der Plattform.

Auf der Bildfläche des Eriders war das sternenbesäte Firmament zu sehen. Weit voraus zog der Kreiselrumpf der „Kua“ seine Bahn.

Plötzlich warf sich eine Last auf Sils Körper. Auf dem Sichtschirm erschien ein langer und glatter, fast farbloser Strahl vorangeschleuderter, glühendheißer Gase. Das Triebwerk hatte eingesetzt und bremste gewaltsam den Flug.

Die „Kua“ wurde schnell kleiner und entschwand Sils Blicken.

Die Geschwindigkeit der Erkundungsrakete sank rapide. Der bremsende Feuerstrahl zwang sie zur mächtigen Wölbung der Kontinente und Ozeane hinab.

„Hallo, Weißer Pfeil!“ klang es nach einiger Zeit durch die Kabine. „Hallo Sil! Alles in Ordnung? Wie fühlst du dich?“

Auf dem Bildschirm war Tivia zu sehen.

„Keinerlei Beschwerden“, antwortete Sil.