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Geräuschlos rollte die große Ladeluke zur Seite. Sofort wollten die Schwaden radioaktiver Sandteilchen hereinwirbeln. Unsichtbare Kräfte, künstliche Antigravitationsfelder, stießen sie hinweg. Der Ringflügler wurde gepackt, hinausgehoben und draußen neben dem Atomicer auf den Boden der Wüste abgesetzt. Sie bemerkten, daß der Sand von den heißen Gasen, die das Triebwerk bei der Landung ausgestoßen hatte, zerschmolzen war und jetzt, bereits wieder abgekühlt, eine feste, grünglasige und rissige Schicht bildete. Schon begann der Ring mit den kurzen, schräggestellten Flügelstummem um die Kabine zu rotieren. Das Flugzeug erhob sich und gewann schnell an Höhe.

Die Schwebekabine stieg steil empor. Der hochaufragende Rumpf der großen Landungsrakete versank unter ihnen im wirbelnden Staub. Die Scheibe der Sonne wurde wieder sichtbar und gewann langsam an Leuchtkraft.

Plötzlich wurde es wieder dunkler. Wenig später prasselten Tropfen auf das runde, flache Kuppeldach der Kabine. Sie zerstoben augenblicklich und überzogen das scheibenartige Flugzeug mit einem Netz aus unzähligen ineinanderlaufenden Rinnsalen.

Der Ringflügler stieg schneller und schneller, stellte sich dann etwas schräg und begann geradeaus zu fliegen. Tivia führte das Flugzeug aus der Dunkelzone. Überraschend wurde es ringsherum hell und auch klar. Unter ihnen zog die gelbe, gewellte und unbelebte Landschaft schnell vorüber, und über ihnen spannte sich der wunderbare blaue Himmel.

Ein eigenartiger Anblick bot sich den Heloiden. Über der gelben Einöde lagerte unbeweglich eine große Staubglocke. Sie bedeckte den Landeplatz des Atomicers. Aus diesem Staubdom wuchs eine dicke Säule empor, die wie ein Schlauch bis in große Höhen aufstieg. Die Wüstenluft, vom Bremsfeuer der großen Landungsrakete und dem zerschmolzenen Sandboden überhitzt, strebte schnell empor. Dabei riß sie aufgewirbelten Staub und Sand mit. Dann stieß diese glühende Säule auf kalte Luftströmungen. Eine große, dicke Wolkenscheibe hatte sich über dem Landeplatz gebildet. Sie war von tiefgraublauer Farbe. Blitze zuckten auf, und Regenschauer ergossen sich aus ihr.

Tivia beobachtete, wie Schlangen und Schlieren von allen Seiten über den Wüstenboden auf das Staub- und Rauchkissen zukrochen und darin verschwanden. Die aufsteigenden heißen Winde verursachten einen heftigen Sog, mit dem vom Meer her feuchte Luftmassen herbeiströmten. Der Schlauch verschlang sie. Langsam kühlte die Heißluftsäule ab. Der Sog wurde schwächer, erstarb schließlich ganz, und der Staub- und Rauchpilz fiel in sich zusammen.

Höher und höher schraubte sich das Flugzeug. Tivia hing ihren Gedanken nach: Bald würde die „Kua“ landen. Das Navigationssystem, ihre Kreisel, ließen sich nur erneuern, wenn das Raumschiff unbewegt, wenn es außer Betrieb war.

Das war besonders bei der Justierung, bei der Abstimmung der Kreiselachsen, notwendig. Wo aber sollte man hier auf diesem fremden Planeten, der, wie Sil eben erst gemeldet hatte, bewohnt war, einen Landeplatz finden? Eine lange Flutbahn, wie sie auf Heloid üblich ist, müßte man haben, wünschte sich Tivia. Dann könnte die „Kua“ niedergehen, ohne die Ansiedlungen der Planetenbewohner, die es sicherlich überall gab, zu gefährden. Das Bremstriebwerk brauchte nur so lange zu arbeiten, wie sich das Raumschiff in den hohen Schichten der Atmosphäre befand. Danach würde es genügen, in einem langen Gleitflug den Widerstand der Luft für die weitere Abbremsung auszunutzen. Die „Kua“ hätte dann zwar noch eine beachtliche Geschwindigkeit beim Aufsetzen, aber die Flutbahn würde die härtesten Stöße abfangen und das kosmische Fahrzeug bis zum Stillstand hemmen.

Doch dafür war „zähes Wasser“ notwendig, eine Flüssigkeit, die keine Wellen schlug und die das hohe Gewicht des Raumschiffes trug, ohne es tief einsinken zu lassen. Dennoch müßte sie weich und nachgiebig sein. Eine solche Flutbahn aus eigenen Kräften und Mitteln zu schaffen, nähme allerdings sehr viel Zeit in Anspruch.

Azul riß Tivia aus ihren Überlegungen.

„Die Bergkette!“ rief er.

Runde, braune Bergrücken, von spitzen Felstürmen durchsetzt, reckten sich ihnen entgegen. Jetzt überflog die Schwebekabine mit dem rotierenden Flügelring das Hauptmassiv des Gebirges. Die Hänge fielen wieder ab, und dann tauchte das lange Tal auf. Tief unten auf dem Grund leuchtete winzig der Weiße Pfeil. Die Rufzeichen des kleinen Raketenflugzeuges waren zuverlässige Wegweiser gewesen.

Langsam schwebte der Ring herab.

Sil blickte ungeduldig auf den einen Gebirgskamm.

Entsprechend der letzten Durchsage mußte der Ringflügler bald über den Graten auftauchen.

Wie froh war er, daß er den Fehler im Empfangsgerät doch noch gefunden hatte. An der unterbrochenen Verbindung zur „Kua“ waren nicht nur die abgeschmolzenen Antennenstäbe schuld gewesen. Als der Atomicer über dem Tal erschien und Ia-du-lin mit den anderen Menschenwesen floh, war er zum Weißen Pfeil zurückgelaufen und hatte noch einmal in fiebernder Hast die Empfangsanlage untersucht und einen schadhaften Kontakt entdeckt. Wenige Handgriffe hatten genügt, die Verbindung war plötzlich dagewesen, und er hatte seine Meldung von der Begegnung mit Planetenbewohnern durchgegeben.

Sil blickte sich noch einmal um und prüfte die nähere Umgebung auf ihre Eigenschaften als Landeplatz. Der Weiße Pfeil stand auf einer kleinen Bodenwelle. Zwischen ihr und dem einsamen Felsen mit der einen der beiden Meßsonden war der Untergrund eben und von einer trockenen und fest miteinander verwobenen Vegetationsschicht bedeckt. Der fliegende Ring konnte hier sicher aufsetzen.

Über einem der Bergrücken schwebte jetzt der Flugkörper heran. Es sah aus, als seien es zwei Teile, die zusammen dahergeflogen kamen. Um einen linsenförmigen Mittelkörper wirbelte ein Ring. Der fliegende Ring hing plötzlich schief in der Luft, so, als bäume er sich auf. Er verharrte und sank leise summend herab. Ein kräftiger Luftzug beugte die Gräser. Dann setzte die Kabine, auf langen, schlanken Steifen wippend, zwischen dem einsamen Felsen und dem Weißen Pfeil auf. Der Flügelring machte die letzten trägen Umdrehungen.

Sil eilte auf den Ringflügler zu. Dort sprang eine Luke auf.

Zwei Gestalten stiegen aus. Sil erkannte an dem vulkanroten Skaphander Tivia und an dem sterngelben Azul. Beide liefen auf ihn zu und trafen mit ihm zusammen. Dieses Spiel wiederholte sich mehrere Male. Schließlich gelang es Tivia und Azul, Sil beim Anprall umzuwerfen. Sil rollte über den Boden, richtete sich aber gleich wieder auf. Dann ergriffen sie sich und wirbelten sich voller Freude über das Wiedersehen herum. Nachdem sie sich auf diese Weise begrüßt hatten, glitten sie nebeneinander zum Ringflügler.

„Wo sind die Planetenbewohner?“ fragte Azul. „Wir wollen sie sehen.“

„Ich bin bisher nur mit einem dieser Menschen zusammengekommen, und ihn habe ich fortgeschickt. Er sollte nicht in Gefahr geraten. Ich glaubte, ihr wolltet mit dem Atomicer hier landen.“

Azul suchte die Hänge mit einem kleinen #Taschenerider ab. Vielleicht hielt sich irgendwo noch eines dieser hier lebenden Wesen versteckt. Er sah mächtige Höhenzüge zu beiden Seiten und bewunderte die Wildheit der scharf gezackten Grate und die gewaltige, hochaufgetürmte Menge Gestein. Aus der Kabine des Atomicers und auch noch aus der Höhe des niedrig fliegenden Ringes hatte alles winzig ausgesehen. Auf Heloid gab es diese urwüchsige Mächtigkeit landschaftlicher Formen schon lange nicht mehr. Dort war das Land ausgeglichen, fast eine Ebene, höchstens von Bodenwellen und Hügeln unterbrochen. Azul lauschte in sich hinein. Die Empfindungen, die er beim Anblick dieser ungestümen Bergwelt hatte, glichen jenem Hochgefühl, das er verspürte, wenn der Raumkreisel, dem Willen des Astronauten gehorchend, fast so schnell wie das Licht durch den Kosmos stürmte und die Sternenwelt dennoch in erhabener und unerschütterlicher Ruhe verharrte.

Auch Tivia betrachtete das Panorama. Sie begeisterte sich an dieser Welt der scharf gezeichneten Gipfelsilhouetten und der schroff abfallenden Hänge. Schon dieser eine Zug im Antlitz des Planeten gefiel ihr. Wie schön mochte es werden, wenn sie auch die anderen Züge, die ihn prägten, kennenlernen würde.