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Azul wartete einige Augenblicke. Würde Gohati diesem Vorschlag zustimmen? Dann sprach er schnell weiter und beschrieb den gelben Stern.

„Die gelbliche Sonne ist ein normaler Stern. ›Sil‹ gehört dem Spektraltyp Gr an. Er strahlt über lange Zeiten gleichmäßig, ohne sich periodisch auszudehnen und wieder zusammenzuziehen.“

Gohati horchte auf. Was Azul da berichtete, hatte große Ähnlichkeit mit der früheren Entwicklung der Sonne ihrer Heimat. Es deutete darauf hin, daß auch beim gelblichen Stern „Sil“ Leben tragende Raumkugeln vorhanden sein könnten.

Wenn schon eine Landung notwendig sein sollte, dann in der Nähe dieses Sternes. Aber noch gab es keinen ausreichenden Grund für eine solche Unterbrechung des Expeditionsfluges.

Jede Landung unterwegs bedeutete nicht nur Zeitverlust, sondern auch Verlust der Zeitdehnung, bedeutete die Gefährdung des Expeditionsauftrages: nämlich über den Großen Abgrund hinweg direkte Verbindung mit den Teloiden aufzunehmen, von denen man nur durch undeutliche Radiosignale wußte, daß sie existierten. Von diesem Flug hing ab, ob nun endlich nach langer Zeit und vielen vergeblichen Versuchen eine Brücke der Verständigung zwischen der Gemeinschaft galaktischen Lebens im Inneren der Sternspirale und den viel älteren Kulturen hochentwickelter Lebewesen am Rande zustande kam. In der Gemeinschaft der Welten galaktischen Lebens, zu denen auch Heloid zählte, vermutete man, daß diese Teloiden sogar Verbindung zu Lebewesen anderer Galaxen, fernen Spiralnebeln und Sternenwolken haben. All dies durfte nicht außer acht gelassen werden, wenn über eine Zwischenlandung entschieden werden sollte.

Eine andere Überlegung drängte sich in Gohatis Gedanken.

Wenn beim Stern „Sil“ eine Welt des Lebens sein sollte, weit genug entwickelt, dann konnte doch sie, inmitten des schwer überbrückbaren Großen Abgrundes, der Pfeiler dieser Brücke der Verständigung werden, dann war es doch diese Welt, die einbezogen werden mußte in den Großen Ring der Informationssendungen, dann war sie vielleicht das fehlende Glied in der Kette. Der Weiterflug zu den Teloiden würde von viel größerem Erfolg gekrönt sein, wenn man landete und sich Gewißheit verschaffte.

Gohatis Gedanken kehrten zurück. An das alles hatten die beiden sicher nicht gedacht, als sie die Landung vorschlugen.

Es mußte noch einen anderen Grund für sie geben, dachte Gohati. Er spürte, daß nicht so sehr Sil als vielmehr Azul diesen wahren Grund wußte. Warum sagte er ihn nicht? Gohati hatte sehr wohl die Veränderung bemerkt, die in Azul vorgegangen war, seitdem er ihn das letzte Mal gesehen und gesprochen hatte.

Azul hatte seinen Bericht schon längst beendet. Eine Pause war im Gespräch zwischen ihnen entstanden.

„Du weißt doch, Azul, in welchem Zustand sich die Sonne unserer heimatlichen Wohnkugel Heloid befand, als das Leben auf ihr begann?“ knüpfte der Kommandant das Gespräch wieder an.

„Gewiß. Unsere Sonne zählte damals ebenfalls zur Gruppe der gelben Sterne.“ Azul war so betrübt, daß der hohe sirrende Ton seiner Laute um einige Nuancen tiefer wurde. Bedächtig setzte er hinzu: „Jetzt allerdings ist sie schon merklich abgekühlt, und man muß sie der nächst kälteren Gruppe zuordnen.“ Es war ein Glück, daß das Wissen der Heloiden rechtzeitig heranreifte, um dieser Gefahr zu begegnen, dachte er. Wäre unser Heimatplanet in einer vergangenen Epoche nicht schon absichtlich aus seiner Bahn näher zur Sonne gedrängt worden, sähe es jetzt trostlos auf ihm aus. Alles wäre eine Öde.

„Wird das Leben in unserer Heimat nicht doch einmal verlöschen müssen?“ sagte Azul wie zu sich selbst. „Wer weiß, wann und ob wir zurückkehren?“

Gohati sah betroffen auf. Also das war es. Jetzt wußte er, welche Gefahr ihnen drohte: die Raumangst und Zweifel an der Rückkehr. Azul, der für alle in der Steuerzentrale wachte, hatte die Raumangst zuerst betroffen. Und Sil? Und die anderen, die jetzt schliefen? Gohatis Gedanken jagten sich. Wie lange quälte sich Azul schon? Wußte er überhaupt, wie es um ihn bestellt war? Hatte er es bisher verborgen? Nein, Azul war ehrlich genug, seinen Gemütszustand offen zu zeigen. Warum wohl hatte er sonst verlangt, den Flug jetzt zu unterbrechen.

Da sprach Azul auch schon weiter. „Wer weiß, wann und ob wir zurückkehren“, wiederholte er leise. „Es ist die Raumangst, die mir solche dunklen Gedanken aufdrängt.“ Es klang wie eine Entschuldigung.

Der lange Flug durch das All hat ihn deprimiert, dachte Gohati. Ich muß ihm helfen und alles richtig erklären.

„Glaubst du, der Wissenschaftliche Rat unserer Heimat hätte uns auf eine solche weit ins Morgen reichende Expedition geschickt, wenn wir nicht mit Gewißheit die Teloiden träfen und von ihnen Urenergie für den Rückflug bekämen, wenn wir nicht bestimmt zurückkämen?

›Wird das Leben in unserer Heimat nicht einmal verlöschen müssen?‹ fragst du. Der Geist auf Heloid wird bis zu unserer Rückkehr solche Höhen erklommen haben und so fähig werden, daß die Bedingungen, die für das Leben der ganzen Planetenbevölkerung notwendig sind, erhalten oder noch besser und idealer geschaffen werden können.“

Gohatis Rede steigerte sich zu einem hohen, singenden Pfeifen, so begeistert war er.

„Das Wissen der Lebewesen aller Planeten der Galaktischen Gemeinschaft, aller Lebewesen im Bund der benachbarten Sonnensysteme des inneren Spiralarmes zusammengenommen, wird ausreichen, um zu triumphieren. Vielleicht trifft man daheim bereits jetzt alle Vorbereitungen, um auf die Kernprozesse im Inneren unserer Sonne einzuwirken, damit sie für die Heloiden in alter Kraft und Schönheit erstrahlt und erneut…“ Jäh stockte Gohati. Wie leer waren doch solche Worte, wenn grenzenlose Weite und Dunkelheit ihr Raumschiff umhüllten. So konnte die Raumangst nicht gebannt werden. Da gab es nur eines: landen, auf einem Lebensplaneten landen. Das würde eine Prüfung sein. Wer danach weiterfliegen wollte, hatte bestanden und war gefeit. Sonst aber würde man dort bleiben oder umkehren müssen.

Sil war inzwischen seinen eigenen Gedanken gefolgt. Ihm entging daher, welch tiefer Pessimismus sich aus Azuls Worten offenbart hatte und was Gohati sagte, um ihn aufzurichten.

Auch seine Gedanken kreisten darum, daß vielleicht ein Lebensplanet beim gelben Stern zu finden war.

Wenn die physikalische Zustandgröße einer Sonne, also vor allem Temperatur und Strahlungsmenge, lange genug gleichmäßig wirkt, so können sich in ihrer Umgebung Lebewesen entwickeln, lautete ein Lehrsatz. Der gelbe Stern ähnelte der Heloiden-Sonne. Er strahlte wahrscheinlich schon über lange Zeit gleichmäßig. Vielleicht also existierte in seiner Nähe Leben. Gohati jedenfalls vermutete es.

„Und du, Gohati, meinst, der gelbe Stern müsse unbedingt auch einen Lebensplaneten in seinem Gravitationsbereich haben?“ sagte Sil plötzlich in die entstandene Stille hinein.

„Ja, ich halte es für sehr wahrscheinlich!“

„Wunderbar!“ begeisterte sich Sil. „Werden wir den gelben Stern ansteuern?“

„Ja, wir sollten dorthin fliegen“, sagte Gohati. „Aber wir müssen über eine solche Unterbrechung unseres Fluges auch noch mit den anderen, die jetzt schlafen, beraten.“

Sil war mit den Vorbereitungen für eine Geschwindigkeitsänderung beschäftigt. Es war wieder einmal an der Zeit, von der Beschleunigung zur Abbremsung überzugehen. Die Dehnung der Zeit, die Verlängerung ihres Lebens über den Jahrtausende währenden Expeditionsflug, war nur möglich, wenn die Geschwindigkeit der „Kua“ nahe der des Lichtes gehalten und in bestimmter Weise abwechselnd beschleunigt und gebremst wurde. Jetzt stand wieder eine Bremsperiode bevor. Sie sollte zur nächsten heloidischen Zenitzeit beginnen, und das war bald.

Plötzlich richtete sich Sils schattenhafte Gestalt steil auf und verharrte. Gespannt blickte er auf die tanzenden Lichtzeichen an der Wand. Einer der ständig leuchtenden Kreise hatte sich aufgelöst. Seine Lichtpunkte liefen jetzt in schnellem Zickzack um das Rund der Steuerzentrale, die selbsttätige Reaktion vieler automatischer Geräte andeutend. Ununterbrochen blinkte ein rotes Licht. Sil schaltete die Fernbeobachtung ein, aber der Bildschirm blieb blind und leer.