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Bald würde die „Kua“ ihren Flug zu den Welten des äußeren Spiralarmes der Galaxis fortsetzen. Bis dahin mußte die Zeit noch genutzt werden. Die Heloiden luden sechs der Menschen, mit denen sie am vertrautesten waren, ein, mit zum Meer der toten Wasser zu kommen. Es waren Ia-du-lin, A-kim der Wasserträger, der Hagere aus der Grabhöhle und die drei ehemaligen Sklaven aus El-Ubaid. Seit Wochen schon wohnten sie in Häusern am Ufer des Meeres der toten Wasser. Sie erfuhren viele für sie seltsame Dinge, lernten Nützliches und drangen in einige Geheimnisse der Natur ein. Ihnen war der Lauf der Sterne erklärt worden, sie lernten den menschlichen Körper kennen und einfache Regeln, ihn zu heilen, und sie vermochten auch bald, Zahlen zu handhaben und kleine Berechnungen durchzuführen. Kehrten sie ins Zweistromland zurück, würden sie ihren Mitmenschen helfen können in Not und Gefahr.

Das etwa waren die Gedanken, die Azul und Sinio bewegten. „Kenterprobe“, teilte ihnen da die Steuerzentrale der „Kua“ mit. Azul und Sinio unterbrachen ihren Spaziergang entlang des weißen Salzstrandes und sahen zum Raumschiff hinüber.

Am großen Radius des Raumschiffkreisels fauchte eine der vielen rundum angeordneten Steuerdüsen und schob die „Kua“ auf den großen See hinaus. Dann plötzlich flammten rings um das Raumschiff andere Steuerdüsen abwechselnd auf. Sie versetzten dem riesigen Raumkreisel ununterbrochen von allen Seiten harte Stöße. Die „Kua“ pendelte hin und her, schwankte, drehte sich und taumelte. Schließlich legte sich das riesige Raumschiff ganz auf die Seite, richtete sich aber wieder auf. Das waren die Rüttel-, Kenter- und Schlingerproben. Dann folgten Beschleunigungsproben. Das Raumschiff ruckte mit mächtigen Sätzen über die Flutbahn. Bei all diesen Bewegungen mußten die neuen Navigationskreisel im Inneren der „Kua“ ihre Lage unverändert beibehalten und exakt weiterarbeiten. Endlich kam das Sternenschiff zu seinem Liegeplatz am Ufer zurückgeschwommen. Der wilde Tanz war vorbei. Jetzt mußte wieder gerechnet und gemessen werden.

Zu Sinio und Azul hatten sich die Vertrauten gesellt.

„Die Himmelsposaunen eurer fliegenden Stadt weckten uns“, sagte Ia-du-lin zu Sinio und Azul. „Ihr Himmelssöhne habt uns damit sehr erschreckt.“

Er will es sich nicht abgewöhnen, in uns götterähnliche Wesen zu sehen, dachte Azul unwillig.

„Warum, Sternenwanderer, befehlt ihr eurem Sternenschiff nicht, zu schweigen, zurückzukehren und stillzuliegen“, fragte der Hagere.

„Wir fürchteten, daß ihr uns verlassen wollt“, sagten die drei Sandwanderer.

A-kim schwieg und sah nachdenklich auf das Meer der toten Wasser hinaus.

Azul und Sinio waren in Verlegenheit. Wie sollten sie ihren sechs menschlichen Vertrauten erklären, was Navigationskreisel sind und warum sie erprobt wurden. Azul sagte deshalb auch nur: „Unser Sternenschiff gehorchte den Befehlen Gohatis, als es auf dem Wasser tanzte. Er erprobte die Kraft der Feuerflügel, denn schon in wenigen Tagen werden wir euch verlassen müssen.“

„Wann?“ fragte Ia-du-lin hastig. Er war tief betroffen.

„Wir werden es heute erst noch mit Gohati beraten“, antwortete Azul.

Eigenartig, dachte Sinio, Ia-du-lins Blick weicht uns aus. Was mochte das bedeuten? Er hatte es in den letzten Tagen schon mehrmals bemerkt. Jetzt wieder. „Wir werden es euch wissen lassen, wenn die Stunde des Abschieds naht“, sagte er.

Sinio und Azul verließen die Gruppe am Strand und begaben sich wieder an Bord, um die Ergebnisse der Kenter- und Beschleunigungsproben auszuwerten.

Diesmal war es Tivia, die ausruhen konnte. Sie zog es vor, sich auf der Plattform über der Kreiselspitze der „Kua“ zu erholen. Von hier hoch oben hatte man einen weiten Ausblick über das Wasser und den Strand. Auf der glitzernden Meeresfläche lagen startklar der Atomicer und der Weiße Pfeil. Unten am Strand sah Tivia die kleine Gruppe der Vertrauten.

Auf den Höhen ringsum standen unbeweglich die weitausladenden Antennen der Leitstationen. Wachsam beobachteten sie das Raumschiff, den Atomicer, den Weißen Pfeil und den fliegenden Ring auf der Plattform der „Kua“. Stieg eines der Fahrzeuge auf, leiteten die Antennen seinen Flug.

Am Ende der Flutbahn kroch träge der Produktor am Ufer entlang. Er suchte Urenergie. Der Produktor glich einem vielarmigen Wesen, das seine Glieder nach allen Seiten ausstreckte. Die Rüssel pumpten Wasser aus dem See und sogen Salz vom Strand. Der Produktor vermengte beides zu einem dünnen Brei, der viele Kammern durchfloß. Dabei wurden alle für die verschiedenen Antriebsarten der „Kua“ und ihrer Landungsfahrzeuge wichtigen Elemente herausgelöst und chemisch rein abgesondert. Mit ihnen wurden die Reaktoren, die Diffusoren und Annilihatoren betrieben. Die roten Roboter brachten diese Kernbrennstoffe zu speziellen Lagern, die besonders gegen selbständige Kettenreaktionen gesichert waren. Die Lager befanden sich ebenfalls am Ende der Flutbahn. Dieses Gebiet, in dem der Produktor arbeitete, durfte von niemandem betreten werden.

Tivia sah von der Plattform aus, wie zwei Tepis, eiförmige Fahrzeuge, das Raumschiff verließen und flink über den Salzstrand zum Ende der Flutbahn glitten. Sie hatten den Auftrag, die Kernbrennstoffe aus den Lagern am Ende des Meeres zur „Kua“ zu bringen. Das war ein untrügliches Anzeichen dafür, daß der Abflug bevorstand.

Langsam verließ Tivia wieder die Plattform und kehrte an ihren Arbeitsplatz zurück.

Einige Zeit danach, noch am gleichen Tage, hatte Aerona Wache im Steuerraum. Sie sah auf dem Bildschirm die Tepis den langen, weißen Salzstrand entlangeilen. Viele Male schon waren sie seit heute morgen hin- und hergefahren und hatten ihre gefährliche Fracht im Rumpf der „Kua“ abgeladen. Viele Male noch würden sie den Weg zum Ende der Flutbahn zurücklegen müssen, bevor alle Treibstoffvorräte in die Lager des Raumschiffes gebracht waren.

Der polypenartige Kernproduktor sollte nur noch bis zur Zenitzeit arbeiten. Dann würden Roboter ihn auseinandernehmen und im Raumschiff verstauen. Auch die übrigen Anlagen mußten flugsicher in den Laderäumen der „Kua“ untergebracht werden, ebenso der Atomicer, der Weiße Pfeil und zum Schluß der Ringflügler.

Eben war eine Beratung aller Kosmonauten zu Ende gegangen, auf der der Abflug der „Kua“ auf den dritten Sonnenaufgang festgesetzt worden war. Die Steuerdüsen sollten das Sternenschiff aus dem Meer der toten Wasser heben und es bis zur Kreisbahn hinauftreiben. Erst dann, so war geplant, durfte das Haupttriebwerk am Ende des Kreiselstiels zünden. Nur so war es möglich, den Planetenbewohnern und den anderen Lebewesen dieser Welt am wenigsten zu schaden.

Mit schnell wachsender Geschwindigkeit würde dann das Raumschiff erneut seinem fernen Ziel entgegenstreben.

Aerona schrak aus ihren Gedanken auf. Meßautomaten, die draußen am Strand und auf den Bergen aufgestellt waren, warnten mit fiebrig zuckenden Lichtzeichen. Sie meldeten Erdbebenstöße aus südöstlicher Richtung. Die Stöße folgten in kurzen Abständen und wurden zusehends stärker. Aerona sprang auf. Sie sah die sechs Menschenfreunde über den Strand auf die „Kua“ zulaufen. Sofort gab sie Alarm und beorderte die Tepis und die roten Roboter zurück. Die Pilotrone des Atomicers und des Weißen Pfeils erhielten Startbefehl, und der Ringflügler verschwand von der Plattform in dem Rumpf der „Kua“.

Die Bebenwellen ebbten ab und kamen wieder, setzten kurze Zeit aus und stellten sich wieder ein. Inzwischen rasten Atomicer und Weißer Pfeil über die Flutbahn und schraubten sich hoch in die Lüfte.

Gohati eilte herbei. Er beugte sich über die Bebenwerte und rechnete hastig.

„Das Bebenzentrum ist weit entfernt“, sagte Aerona. Sie hatte es schon ausgerechnet und nannte die Entfernungszahl. „Müssen wir auch mit der ›Kua‹ starten? Dieses Beben kann doch keine Gefahr für uns sein, nicht wahr?“