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Gohatis Augen nahmen einen entschlossenen und harten Glanz an. Da wußte Aerona auch ohne eine Antwort, daß doch große Gefahr bestand.

„Alle Menschenfreunde und Raumfahrer an Bord?“ fragte er kurz.

„Ja.“

Codeworte klangen auf. Sie bedeuteten: „Triebwerke an! — Heben!“

Die „Kua“ tat einen gewaltigen Sprung und stieg, vom Flammenkranz der Steuerdüsen rundum am großen Radius getragen, hoch in die Luft bis über die Gipfel der Steilufer empor. Der Startstoß warf Aerona zu Boden, und auch, Gohati taumelte durch den Steuerraum. Der weiße Salzstrand verschwand vom Bildschirm, und dunkle Fluten schossen statt dessen über ihn hin.

Das beständig auf- und abschwellende Grollen im Boden wurde von einem berstenden Schlag zerfetzt.

Aerona sprang auf, um die Lichtzeichen an den Kontrollgeräten abzulesen und notfalls neue Entschlüsse zu fassen. Ihr Blick huschte über die Bildfläche des Eriders, die Landschaft nach sichtbaren Anzeichen des Bebens absuchend.

Überrascht starrte Aerona auf das Ende der Flutbahn. Ein Schreckensruf entrang sich ihr. „Der Produktor!“

Am Ende des Meeres der toten Wasser klaffte ein breiter und bis zum Horizont verlaufender Erdriß. Schäumend schossen die Wasser des Meeres in ihn hinein, rissen den Produktor mit sich und spülten auch die Lager mit den Kerntreibstoffen, die noch nicht restlos geräumt waren, in die Tiefe des Planeten. Eine neue Bebenwelle durchlief das Land. Die Ränder des gewaltigen Erdspaltes wanderten aufeinander zu, den Schlund verschließend. Polternd und krachend schoben sich riesige Schollen übereinander.

„Alle Kosmonauten zu mir!“ rief der Kommandant in die Bordsprechanlage.

Gohati griff zum Myonendolmetscher. Er stellte eine Verbindung zu jenem Raum der „Kua“ her, der vorübergehend für den Aufenthalt der Planetenbewohner hergerichtet worden war und mit menschlicher Atemluft versorgt wurde.

„Menschenfreunde“, sagte er, „ein Erdbeben zwang uns, in die Wolken aufzusteigen, um unser Sternenschiff vor Beschädigungen zu bewahren. Die Gefahr ist jetzt vorbei. Wir werden bald wieder landen. Bis dahin bitte ich euch, etwas Geduld zu haben. Tivia wird bald zu euch kommen und euch alles Weitere berichten.“

Inzwischen hatten Kalaeno, Azul, Sil, Tivia und Sinio den zentralen Steuerraum betreten. Gohati erklärte kurz, was geschehen war. Dann sagte er: „Eine weitere Ergänzung unseres Treibstoffes ist nicht mehr möglich.“

Gohati zögerte weiterzusprechen. Sie wußten alle, was das bedeutete. Sie kannten Gohati. Schwerwiegende Worte kündeten sich so bei ihm an.

„Der Weiterflug zu den äußeren Welten ist ohne den Produktor ein Wagnis. Verfehlen wir die Teloiden, ist uns der Rückweg versagt. Nur sie können uns die Urenergie für die Heimkehr geben. Oder aber wir kehren jetzt schon um und fliegen zu Heloid zurück.“

Der Kommandant sah sich im Kreis um. Großer Ernst lag auf allen Gesichtern. Eine schwerwiegende Entscheidung war zu treffen. Lange Zeit sagte niemand ein Wort. Alle überlegten.

Was sollte nun aus ihrer Expedition werden? Ein Beben, unbedeutend im Verhältnis zu den Gefahren des Kosmos, drohte, sie scheitern zu lassen.

„Wir bauen uns einen neuen Produktor, wir haben uns ja auch neue Kreisel gebaut“, sagte Sil schließlich zuversichtlich.

„Dann können wir die Treibstoffe selbst ergänzen und zurückfliegen, auch wenn wir die Teloiden nicht finden sollten.“

„Das kostet uns zuviel Zeit“, erinnerte Gohati. „Wir dürfen nicht länger auf dem dritten Planeten bleiben, sondern müssen wieder die Dilatation auf uns wirken lassen, sonst altern wir zu schnell. Wir müssen also fliegen.“

„Wir suchen die Teloiden, unbedingt“, forderte Azul.

„Sollten wir sie nicht finden, müssen wir vorbeugen und versuchen, uns während des Fluges einen neuen Produktor zu bauen, damit wir die notwendige Urenergie für den Rückflug zum Heloid selbst gewinnen können.“

Die Kosmonauten prüften diesen Vorschlag gründlich. Dann beschlossen sie, trotz des Unglücks zum vorgesehenen Zeitpunkt zu starten und Kurs auf die äußeren Welten zu nehmen.

Das Beben war vorbei.

Die „Kua“ landete wieder.

Tivia ging zu den Menschenfreunden, um sie über das Geschehene zu informieren. Bald meldete sie sich. „Ia-du-lin möchte wissen, welchen Schaden das Beben in E-rech angerichtet hat. Ich schlage vor, mit unseren Vertrauten im Ringflügler zum Zweistromland zu fliegen. Vielleicht ist unsere Hilfe dort notwendig.“

Alle stimmten zu. Kalaeno und Tivia wurden beauftragt, diesen Flug mit den Vertrauten zu unternehmen.

„Man sollte auch das Bebenzentrum untersuchen“, meinte Sil.

„Gut, mit dem Weißen Pfeil“, sagte Gohati.

„Es wird unseren Abflug verzögern“, gab Aerona zu bedenken.

„Wir müssen aber unbedingt feststellen, wie hoch die Aktivität des Bebenzentrums ist und welche Gefahr für das Zweistromland und auch für uns noch bis zum Abflug besteht“, entgegnete Sinio.

Die sechs Menschen und die drei Heloiden bereiteten sich auf ihre Aufträge, auf die Flüge mit dem Ring und dem Weißen Pfeil, vor. Die Menschen zogen Schutzanzüge an und die Heloiden ihre Skaphander. Jeder, auch die Menschen, bekam ein Sprechfunkgerät und große Taschen mit Medikamenten und Verbandmaterial mit.

Der Weiße Pfeil stieß in den blauen Himmel hinein. Sil flog in südöstlicher Richtung auf das Zentrum des Bebens zu. Unten wellte sich endlos das weite, dürre Land der Sandwanderer.

Zusehends wurde die Sicht trüber. Eine blauschwarze Wolkenwand quoll in der Ferne heran. Der Weiße Pfeil stieg höher und überflog diese dicke Schicht. Sie zog schnell nordwärts. Ein starker Wind schien sie vor sich her zu treiben.

Die genauen Berechnungen der Bebenmessungen hatten ergeben, daß sein Zentrum inmitten eines Meeres südlich des Zweistromlandes zu suchen war.

Dieses Meer hatte nur durch eine schmale Meerenge mit den riesigen ozeanischen Wasserflächen der südlichen Planetenschallkugel Verbindung. Die Luftaufnahmen der plastischen Karte zeigten es deutlich.

Jetzt mußte das Bebenzentrum bald erreicht sein. Ob sich ein Vulkan gebildet hatte? Sil überflog das Zentrum. Die Wolkenschicht unter ihm blieb unverändert. Weder Rauch, Flammengarben noch Glutschein waren zu erkennen. Sollte sich der automatische Navigator geirrt haben? Der Weiße Pfeil umkreiste das Zentrum und schraubte sich vorsichtig in die dicke Wolkendecke hinab. Sil konnte nichts mehr sehen, weder durch das Panzerglas des Kabinendaches noch auf dem Bildschirm. Um ihn war nur brodelnde, von Blitzen durchzuckte Finsternis. Die Geräte aber meldeten eine weite Wasserfläche. Sil wagte sich tiefer hinunter. Heftige Luftströmungen und Wirbel rissen an dem Raketenflugzeug und schüttelten es. Endlich wich die Finsternis einer fahlen, schwefelgelben Dämmerung. Sil erblickte ringsum eine quirlende, brodelnde Wasserfläche, gepeitscht von Regengüssen. Riesige Wogen rollten nordwärts. Der Sturm riß ihre Schaummähnen hoch in die Luft. Von einem Vulkan war jedoch weit und breit nichts zu sehen.

Sil ließ die Rakete wieder steil aufwärts steigen. „Ich habe das Erkundungsziel verfehlt“, berichtete Sil der, „Kua“.

„Das Bebenzentrum hat sich in Richtung der Meerenge verlagert“, sagte ihm Gohati. Sil flog südwärts. Die Rakete erreichte die Küste des Meeres der zwei Ströme. Sil folgte ihr.

Aufmerksam durchforschte er ihren Saum nach der Meerenge, um sich zu orientieren. Er fand sie nicht. Hatte er sich abermals verflogen?

Sil rief die „Kua“ und ließ sich von ihr einweisen. Nach kurzer Zeit sagte Gohati: „Jetzt mußt du über ihr sein!“

Sil starrte hinab. Wo war die Meerenge? Ein hochgewölbter Bergrücken trennte breit und wuchtig das Meer der zwei Ströme von dem Ozean.

„Nein, die Meerenge ist nicht da!“ rief Sil zurück. Also auch die Peilung der „Kua“ war falsch.