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Und dann war Tivia gekommen, und alles wurde noch wunderbarer und unvergeßlicher.

Sil löste sich von der Glaswand und ging, lichtumflutet, auf Tivia zu.

Sie hörte einen leisen Schritt und spürte, daß es Sil sein müßte, waren sie sich doch, geleitet von den gleichen Empfindungen, hier schon manchesmal begegnet, wenn fern eine Sonne im Dunkel des Alls vorüberzog.

Sil blieb auf halbem Wege zu ihr stehen. Sie lehnte, ganz dem goldenen Schein hingegeben, an der weißen, schlanken Säule.

„Tivia“, sagte Sil leise, verhalten.

Auf ihrem Gesicht lag ein Lächeln, ein Strahlen, das ihre große Freude widerspiegelte. Sie richtete sich in geschmeidiger Anmut auf und wandte sich Sil mit geschlossenen Augen zu, den Kopf ein wenig seitwärts gebogen, immer noch dem hellen Sonnenschein entgegen. Jede Linie ihres ebenmäßigen Gesichtes und ihres Körpers fügte sich zu bewundernswerter Harmonie. Das war Tivia, wie nur Sil sie kannte und wie sie ihm zu jeder Zeit vor Augen stand, wenn er, gleichviel an welchem Ort, an sie dachte.

„Tivia“, klang es noch einmal, jetzt dicht neben ihr.

Sie öffnete die Augen und wandte sich Sil voll zu. Sie glitten aufeinander zu und umspielten sich in einer eigenartigen, tänzerischen Weise, die die Zartheit und Tiefe ihrer Gefühle erkennen ließ und von wunderbarem Gleichklang zeugte. Dann führte Sil Tivia über die Wege durch den Park der Algen, die sich auch, bunt und vielgestaltig, dem neuen, unbekannten, aber wohltuenden Licht entgegenreckten. Beide sagten sich, was sie empfanden, und zählten alle Schönheiten auf, die sie jetzt gemeinsam entdeckten.

Erst, als der Automat, der die Lichteinstrahlung beobachtete und regulierte, sie warnte, das Lichtbaden nicht übermäßig und letztlich zu ihrem Schaden auszudehnen, gingen sie glücklich und froh aus der Algenplantage.

Sie glitten zurück zum Gemeinschaftsraum. Auf dem Bildschirm des Eriders zeichnete sich scharf und deutlich eine zerrissene Kraterlandschaft ab.

„Die ›Kua‹ passiert den Trabanten des dritten Planeten!“

tönte es vom Lichtband. Die Steuerwache hatte den Erider auf das neue Objekt umgestellt.

„Tot und leer“, sagte Aerona.

„Von Meteoriteneinschlägen übersät“, stellte Kalaeno fest.

„Eigenartig! Krater mit spitzen Nadelbergen im Mittelpunkt“, sprach Sinio. „Deutet das nicht auf früh erstarrten Vulkanismus hin?“

In der zerrissenen Oberfläche des Mondes bot eine ausgedehnte ebene Fläche dem Auge einen wohltuenden Ruhepunkt. Gewaltige, spitzzackige und langgestreckte Kettengebirge säumten sie ein. Mehrere Rillen durchzogen spaltartig die Ebene. Sie verbanden kleine Krater und Mulden miteinander.

Für wenige Augenblicke vergrößerte der Erider den Bildausschnitt. Die Oberfläche des Mondes wuchs wie bei einem Sturz aus großer Höhe schnell auf den Betrachter zu.

Dann glitt die Landschaft wie bei einem Tiefflug vorüber. Eine riesige, hohe Wand wuchtete heran, steil ragte sie empor.

Schnurgerade dehnten sich ihre Kanten bis zum Horizont. Mit einem Satz sprang der Erider darüber hinweg. Eine zweite und eine dritte Wand folgten. Eine ganze Staffel solcher Steilwände formierte sich terrassenförmig, Titanenstufen gleich.

Die Mondoberfläche sank wieder zurück. Noch zeichneten sich Krater und riesige Ringgebirge ab. Dann erlosch dieses Bild.

Und wieder erschien der bläuliche Halbkreis des Planeten wie eine Sichel im Bild, jetzt schon beträchtlich breiter. Langsam blieb sie hinter dem Raumschiff zurück. Mehr und mehr zeigte sich die volle Tagesseite. Deutlich war jetzt eine graublaue Fläche zu sehen. Da blitzte es mehrmals zwischen den schorfigen Fladen auf. Ein gleißender Fleck blieb bestehen. Er stach grell wie der Brennpunkt eines Lichtdrucktriebwerkes in die Augen.

„Die Bewohner dieses Planeten geben uns Lichtsignale“, vermutete Kalaeno.

„Die blaugrauen Flächen könnten auch eine zähflüssige, Energie erzeugende Masse, ein biologisches Plasma sein, das sich zeitweilig mit gewaltigen Blitzen entlädt und seine Kraft gegen jeden sich nähernden Fremdkörper richtet“, mutmaßte Azul.

„Eigenartig! Die Blitze erreichen uns aber nicht“, warf Sinio ein.

„Einen Augenblick Ruhe“, forderte Aerona. „Hallo, Steuerzentrale! Was sind das für Blitze auf der graublauen Fläche?“ erkundigte sie sich.

„Sonnenspiegelungen“, gab Gohati kurz zurück.

Sie schwiegen betreten. Auf diese naheliegende Vermutung waren sie nicht gekommen.

„Eigenartig, Sonnenspiegelung?“ sagte Sinio. „Etwa auf einer Flüssigkeit?“

„Vielleicht ist es Wasser!“ rief Tivia. „Er ist doch ein Lebensplanet, er muß doch Wasser haben!“

Azul staunte. „Ein Planet, überwiegend von Wasser bedeckt, das ist unvorstellbar.“

Die Raumfahrer sprangen auf und eilten zur Beobachtungsstation. Es drängte sie, die Oberfläche des Planeten zu analysieren und sich Gewißheit zu verschaffen.

Am hinteren Gitterturm glitt der Teklauder, der Kugellift, auf und ab. In schneller Folge brachte er die Raumfahrer nacheinander zum Ende des Kreiselstiels in die Beobachtungsstation.

Schon der dritte Anflug des Raumkreisels der Heloiden brachte entscheidende Beobachtungsergebnisse. Der Planet zeigte sich den Raumfahrern diesmal wieder im vollen Tageslicht.

Geschäftig glitten die Heloiden zwischen den Apparaturen hin und her; sie kauerten bald vor dem Erider, bald vor den Instrumenten, maßen, rechneten, notierten, und ab und zu warfen sie, ohne aufzusehen, in Satzfetzen ihre Beobachtungsergebnisse in die Debatte. Immer wieder ballten sich ihre Silhouetten zu einer Gruppe zusammen.

Unterschiedlichste Vermutungen wurden laut. Heftig umstritten sie die verschiedenen Anzeichen für die Existenz hochentwickelten Lebens. Unablässig hing das Zirpen und Sirren im Raum.

Unterdessen kam der Planet schnell näher. Je mehr sich der Abstand zur Erde verringerte, um so deutlicher grenzten sich farbliche Einzelheiten ab. Wenn die blaugrauen Flächen eine Flüssigkeit waren, so sagten sich die Heloiden, mußten die schlackigen Schollen mit den grünlichen, gelblichen und bräunlichen Flecken feste, erkaltete Oberfläche sein. Soviel stand jedenfalls für sie schon fest: Der dritte Planet hatte eine kalte, erstarrte und dicke Rinde, durch die der lebentötende Vulkanismus kaum noch hindurchzubrechen vermochte.

Gohati hatte bereits drei Raketen mit Meßsonden auf die bläuliche Kugel abschießen lassen. Flackernde Lichtzeichen meldeten jetzt, daß sie in die Atmosphäre eindrangen. Aerona, die Chemikerin, kauerte vor einem der Kyberneten, der die gefunkten Meßergebnisse der Sonden auffing und auswertete.

Auf dem Lichtband des Gerätes erschien eine Gruppe von Formeln und Zeichen. Aerona las sie ab: „Eine Stickstoffatmosphäre“, sagte sie schnell. „Wenig Atemstoff — starker Feuchtigkeitsgehalt — minimaler Staubanteil — kräftige Winde.“ Die Zeichen erloschen.

„Wieviel Atemstoff enthält seine Gashülle?“ fragte Tivia.

„Es könnten ungefähr zwanzig Prozent sein“, erwiderte Aerona.

„Das bedeutet, daß allenfalls pflanzliches Leben, aber keine höherentwickelten Existenzformen auf diesem Planeten vorhanden sein können, denn dafür ist der Atemstoffgehalt seiner Gashülle zu niedrig“, schlußfolgerte Azul. „Bei uns auf Heloid enthält die Atmosphäre doch immerhin zweiunddreißig Prozent dieses wichtigen Lebensstoffes.“

„Abwarten!“ riet Sil.

„Ich halte den Atemstoffgehalt der Gashülle auch für etwas zu niedrig“, sagte Tivia.

„Vielleicht kommen die Organismen des bläulichen Planeten mit weniger Atemstoff aus als wir“, warf Gohati ein.

Aus dem Schallgeber des einen Beobachtungskyberneten sprang klirrend ein Meßton in den Raum.