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«Wie können Sie das so sicher wissen?«

«Weil ich weiß, wenn er mir die Wahrheit sagt. Sehen Sie, wir haben nämlich beide ein Ohr für die Wahrheit.«

«Ein Ohr für die Wahrheit…? Das verstehe ich nicht.«

«Das habe ich auch nicht angenommen; ich war sicher, daß er es Ihnen nicht gesagt hatte. Als er mich am Telefon belog, als er die Dinge sagte, die er so zögernd vorbrachte, weil er wußte, daß ich wußte, daß es Lügen waren, konnte ich das nicht verstehen. Ich habe mir erst ein Bild daraus gemacht, nachdem ich die Berichte im Radio gehört hatte. Diese Beschreibung… so vollständig, so total, bis zu der Narbe an seiner linken Schläfe. Dann wußte ich es. Er würde nicht in Paris bleiben oder im Umkreis von fünfhundert Meilen um Paris. Er würde weit weg gehen — an einen Ort, wo diese Beschreibung nicht sehr viel bedeutete —, wohin man Carlos locken konnte, um ihn an die Leute auszuliefern, mit denen Jason seine Übereinkunft getroffen hatte. Habe ich recht?«

Villiers stellte das Glas auf den Tisch.»Ich habe mein Wort gegeben. Ich muß Sie an einen sicheren Ort auf dem Lande bringen. Ich verstehe die Dinge nicht, die Sie sagen.«

«Dann werde ich versuchen, mich klarer auszudrücken«, sagte Marie und lehnte sich vor.»Im Radio war noch ein weiterer Bericht, den haben Sie wahrscheinlich nicht gehört, weil Sie noch mit der Polizei zu tun hatten. Man hat heute morgen in einem Friedhof in der Nähe von Rambouillet zwei Männer erschossen aufgefunden. Der eine war ein bekannter Killer aus Saint-Gervais. Der andere ist als ein ehemaliger Beamter der amerikanischen Spionageabwehr identifiziert worden, der in Paris lebte, ein höchst zwielichtiger Mann, der einen Journalisten in Vietnam getötet hatte und dem man die Wahl gelassen hatte, aus der Armee auszutreten oder vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden.«

«Wollen Sie damit sagen, daß diese Ereignisse miteinander in Verbindung stehen?«fragte der alte Mann.

«Jason hatte Anweisung seitens der amerikanischen Botschaft, letzte Nacht zu diesem Friedhof zu fahren, um sich mit einem Mann zu treffen, der aus Washington

herübergeflogen war.«

«Aus Washington?«

«Ja. Er hatte mit einer kleinen Gruppe von Leuten aus der amerikanischen Abwehr zu tun. Sie haben letzte Nacht versucht, ihn zu töten.«

«Du großer Gott, warum?«

«Weil sie ihm nicht vertrauen. Sie wissen nicht, was er getan hat und wo er sich über einen längeren Zeitraum hinweg aufgehalten hat, und er kann es ihnen nicht sagen. «Marie hielt inne und schloß kurz die Augen.»Er weiß nicht, wer er ist. Er weiß nicht, wer sie sind, und der Mann aus Washington hat andere Männer dafür bezahlt, ihn letzte Nacht zu töten. Dieser Mann war nicht bereit, ihn anzuhören; die glauben, daß er sie um Millionen betrogen und Männer getötet hat, die er nie kannte. Das stimmt natürlich nicht. Aber er hat auch keine klaren Antworten parat. Er ist ein Mann, dessen Gedächtnis nur aus Fragmenten besteht. Er leidet unter fast völliger Amnesie.«

Villiers faltiges Gesicht war vor Erstaunen erstarrt, seine Augen blickten schmerzerfüllt.»Die haben überall Männer… und die haben Befehl, mich zu töten, sobald sie mich zu Gesicht bekommen«, hat er zu mir gesagt.»Ich werde von Männern gejagt, die ich nicht kenne und nicht sehen kann. Und ich kenne die Gründe nicht.«

«Sie werden auf ihn warten, wohin auch immer er geht.«

«Wissen diese Männer, wohin er gegangen ist?«

«Er wird es ihnen sagen, das ist ein Teil seiner Strategie. Und wenn er das tut. werden sie ihn töten. Er läuft in seine eigene Falle.«

Einen Augenblick lang war Villiers stumm. Seine Schuld schien ihn zu überwältigen. Schließlich sagte er im Flüsterton:»Allmächtiger Gott, was habe ich getan?«

«Was Sie für richtig hielten. Das, wovon er Sie überzeugt hatte, daß es richtig war. Sie können sich keine Schuld geben. Ihm auch nicht.«

«Er sagte, er würde alles aufschreiben, was ihm zugestoßen war. Alles, woran er sich erinnerte… Wie schmerzlich das für ihn gewesen sein muß! Ich kann jenen Brief gar nicht erwarten, Mademoiselle. Wir können nicht warten. Ich muß alles wissen, das Sie mir sagen könnten, jetzt.«

«Was können Sie tun?«

«Zum amerikanischen Botschafter gehen. Jetzt. Sofort.«

Marie St. Jacques zog langsam ihre Hand zurück und lehnte sich an die Nischenwand, so daß ihr dunkelrotes Haar auf dem Holz lag. Ihre Augen blickten in weite Ferne und waren von Tränen umnebelt.»Er hat mir erzählt, daß sein Leben für ihn auf einer kleinen Insel im Mittelmeer begann, die Ile de Port Noir heißt… «

Der Außenminister schritt verärgert in das Büro des Direktors der Consular Operations, dem Referenten des Ministeriums, dem die geheimdienstlichen Aktivitäten unterstanden. Er ging quer durch das Zimmer auf den Schreibtisch des erstaunten Beamten zu, der sich unwillkürlich erhob, als er diesen mächtigen Mann sah. Sein Gesichtsausdruck zeigte eine Mischung von Schock und Verwirrung.

«Herr Minister?… Ihr Büro hat mich nicht verständigt. Ich wäre sofort zu Ihnen hinaufgekommen.«

Der Außenminister knallte einen Schreibblock auf den Tisch des Direktors. Auf der obersten Seite standen sechs Namen, die mit den kräftigen Strichen eines Filzschreibers hingeschrieben waren.

BOROWSKI

DELTA

MEDUSA

CAIN

CARLOS

TREADSTONE.

«Was hat das zu bedeuten?«fragte der Außenminister.»Was, zum Teufel, soll das?«

Der Direktor von Cons-Op beugte sich über den Schreibtisch.»Ich weiß nicht, Sir. Es sind natürlich Namen. Ein Code für das Alphabet — der Buchstabe D — und ein Hinweis auf Medusa; das ist noch geheim, aber ich habe davon gehört. Und ich vermute, >Carlos< bezieht sich auf den Terroristen; ich wünschte, wir wüßten mehr über ihn. Aber von >Borowski< oder >Cain< oder >Treadstone< habe ich nie gehört.«

«Dann kommen Sie in mein Büro und hören Sie sich die Bandaufzeichnung eines Telefongesprächs an, das ich gerade mit Paris geführt habe, dann werden Sie alles darüber erfahren!«brauste der Außenminister auf.»Auf diesem Band sind außergewöhnliche Dinge zu hören, darunter Morde in

Ottawa und Paris und ein paar höchst seltsame Geschäfte, die unser Erster Sekretär in der Montaigne mit einem CIA-Mann hatte. Dann gibt es ein paar unverzeihliche Lügen gegenüber den Behörden auswärtiger Regierungen, gegenüber unseren eigenen Abwehreinheiten und gegenüber den europäischen Zeitungen — das alles ohne mein Wissen und ohne meine ausdrückliche Billigung. Es hat da ein weltweites Täuschungsmanöver gegeben, durch das Fehlinformationen in ungeheurem Ausmaß verbreitet wurden. Wir fliegen jetzt unter strengstem diplomatischen Schutz eine Kanadierin herüber — eine Beamtin im Wirtschaftsministerium in Ottawa, die in Zürich wegen Mordes gesucht wird. Wir werden gezwungen, einer Flüchtigen Asyl zu gewähren, die Gesetze zu brechen — weil wir, wenn diese Frau die Wahrheit sagt, den Arsch im Feuer haben! Ich möchte wissen, was hier vorgegangen ist. Streichen Sie Ihre sämtlichen Termine — ich meine wirklich alle. Sie werden den Rest des Tages und die ganze Nacht, wenn es sein muß, damit verbringen, diesen verdammten Mist auszugraben. Da läuft ein Mann herum, der nicht weiß, wer er ist, der aber mehr Geheiminformationen in seinem Kopf herumträgt, als zehn Abwehrcomputer!«

Dem erschöpften Direktor von Consular Operations gelang es erst nach Mitternacht, die Verbindung herzustellen; beinahe hätte er sie verpaßt. Der Erste Sekretär der Pariser Gesandtschaft hatte ihm auf die Drohung seiner sofortigen Entlassung hin Alexander Conklins Namen genannt, aber Conklin war nirgends zu finden. Er war am Morgen mit einer Militärmaschine aus Brüssel nach Washington zurückgekehrt, hatte aber Langley um dreizehn Uhr zweiundzwanzig verlassen und keine Telefonnummer — nicht einmal für Notfälle — hinterlassen. Nach allem, was der Direktor über Conklin erfahren hatte, war das eine außergewöhnliche Nachlässigkeit. Der CIA-Mann galt allgemein als das, was man in Fachkreisen einen Haifisch-Killer bezeichnete; er war für individuelle Strategien überall auf der Welt verantwortlich, wo man Verrat oder gar das Überlaufen von Schlüsselagenten befürchtete. Es gab zu viele Männer in zu vielen Stationen, die zu beliebiger Zeit seine Billigung benötigen konnten. Es war einfach nicht logisch, daß er sich auf die Dauer von zwölf Stunden völlig aus dem Verbindungsnetz ausschaltete. Ebenso ungewöhnlich war die Tatsache, daß seine Telefonlisten gelöscht waren; es gab keine für die letzten zwei Tage — und die Central Intelligence Agency hatte in Bezug auf diese Telefonbücher sehr genaue Vorschriften. Die neue Administration legte großen Wert darauf, daß die Verantwortlichkeit im Einzelfalle den richtigen Personen zugeschrieben werden konnte.