Aber eine Tatsache hatte der Direktor von Cons-Op erfahren: Conklin war mit Medusa in Verbindung gestanden.
Indem er die ganze Macht des State Department einsetzte, hatte der Direktor Einblick in die Telefonlisten Conklins für die letzten fünf Wochen erzwungen. Die Agency hatte sie höchst widerstrebend über eine sichere Leitung durchgegeben, und dann war der Direktor zwei Stunden lang vor einem Bildschirm gesessen und hatte die Bedienungspersonen in Langley aufgefordert, das Band immer wieder zu wiederholen, bis er ihnen schließlich befohlen hatte, es anzuhalten.
Sechsundachtzig logische Kontaktpersonen waren angerufen worden, und man hatte das Wort Treadstone erwähnt; keiner hatte reagiert. Dann wandte er sich den möglichen Kontakten zu; da gab es einen Mann aus dem Heer, den er nicht in Betracht gezogen hatte, weil seine Abneigung gegenüber der CIA geradezu sprichwörtlich war. Aber Conklin hatte ihn vor einer Woche zweimal im Zeitraum von zwölf Minuten angerufen. Der Direktor rief seine Gewährsleute im Pentagon an und fand, was er suchte: Medusa. Brigadegeneral Irwin Arthur Crawford, gegenwärtig dienstältester Offizier, dem die Datenbänke der Heeresabwehr unterstanden, ehemals in Saigon für sämtliche Untergrundaktivitäten zuständig — immer noch sicherheitsüberprüft. Medusa.
Der Direktor griff nach dem Telefon im Konferenzzimmer; es war so geschaltet, daß es an der Vermittlung vorbeiging. Er wählte die Privatnummer des Brigadegenerals in Fairfax, und Crawford meldete sich beim vierten Klingeln. Der Mann aus dem Außenministerium gab sich zu erkennen und fragte den General, ob er das Außenministerium zurückrufen und sich vermitteln lassen wolle, um damit eine Bestätigung der Identität des Anrufers zu haben.
«Warum sollte ich das wollen?«
«Es betrifft eine Angelegenheit, die unter das Thema Treadstone fällt.«
«Ich rufe zurück.«
Das tat er in achtzehn Sekunden, und im Laufe der nächsten zwei Minuten hatte der Direktor die großen Umrisse der ihm
zur Verfügung stehenden Informationen durchgegeben.
«Nichts, was uns nicht schon bekannt wäre«, sagte der Brigadier.»Es hat dafür von Anfang an einen Kontrollausschuß gegeben, und das Oval Office hat binnen einer Woche nach Aufnahme der Aktivitäten eine vorläufige Zusammenfassung erhalten. Unser Ziel rechtfertigte das Vorgehen, da können Sie sicher sein.«
«Ich bin bereit, mich überzeugen zu lassen«, erwiderte der Mann aus dem Außenministerium.»Gibt es irgendeine Verbindung mit dieser Geschichte in New York vor einer Woche? Elliot Stevens — dieser Major Webb und David Abbott? Wo die Umstände, nun, wollen wir sagen, beträchtlich abgeändert wurden?«
«Die Änderungen waren Ihnen bekannt?«
«Ich bin der Leiter von Cons-Op, General.«
«Ich verstehe… Ihr Mann, dieser Borowski, ist gestern morgen nach New York geflogen.«
«Ich weiß. Wir wissen es beide — Conklin und ich. Wir sind die Erben.«
«Sie waren mit Conklin in Verbindung?«
«Ich habe zuletzt gegen ein Uhr nachmittags mit ihm gesprochen. Unaufgezeichnet. Offen gestanden, er hat es so gewollt.«
«Er hat Langley verlassen. Es gibt keine Nummer, wo man ihn erreichen kann.«
«Das weiß ich ebenfalls. Versuchen Sie es nicht. Mit allem Respekt, sagen Sie dem Minister, er soll sich da raushalten. Sie auch. Schalten Sie sich nicht ein.«
«Wir sind bereits eingeschaltet, General. Wir fliegen die Kanadierin unter diplomatischem Schutz herüber.«
«Um Himmels willen, warum?«
«Man hat uns dazu gezwungen.«
«Dann halten Sie sie isoliert. Das müssen Sie!«
«Ich glaube, das müssen Sie mir erklären.«
«Wir haben es mit einem Geistesgestörten zu tun. Mehrfache Schizophrenie. Er ist ein wandelndes
Erschießungskommando; er könnte bei einem einzigen Ausbruch ein Dutzend unschuldige Leute töten, eine einzige Explosion in seinem Bewußtsein, und er würde nicht einmal wissen, weshalb er es getan hat.«
«Woher wissen Sie das?«
«Weil er bereits getötet hat. Dieses Massaker in New York
— das war er. Er hat Stevens, den Mönch und Webb getötet
— ausgerechnet Webb — und zwei andere, von denen Sie noch nie gehört haben. Wir verstehen das jetzt. Er war nicht verantwortlich dafür, aber das ändert nichts. Überlassen Sie ihn uns. Überlassen Sie ihn Conklin.«
«Borowski?«
«Ja. Wir haben Beweise. Fingerabdrücke. Sie sind vom FBI bestätigt. Er war es.«
«Ein solcher Mann hinterläßt Fingerabdrücke?«
«Ja, das hat er.«
«Unmöglich«, sagte der Mann vom Außenministerium.
«Was?«
«Sagen Sie, wie kommen Sie darauf, daß er geistesgestört ist. Diese multiple Schizophrenie oder wie, zur Hölle, Sie es sonst nennen.«
«Conklin hat mit einem Psychiater gesprochen — einem der besten, die es gibt —, einer Autorität auf diesem Gebiet. Alex hat alles geschildert — mit brutaler Offenheit. Der Arzt hat unseren Verdacht bestätigt, Conklins Verdacht.«
«Er hat ihn bestätigt?« fragte der Direktor benommen.
«Ja.«
«Auf dem basierend, was Conklin sagte? Das, was er seinen Worten entnehmen konnte?«
«Es gibt keine andere Erklärung. Überlassen Sie ihn uns. Er ist unser Problem.«
«Sie sind ein verdammter Narr, General. Sie hätten bei Ihren Datenbanken bleiben sollen, oder vielleicht der primitiveren Artillerie.«
«Das verbitte ich mir.«
«Verbitten Sie es sich ruhig. Wenn Sie das getan haben, was ich glaube, daß Sie es getan haben, bleibt Ihnen vielleicht gar nichts anderes mehr übrig, als sich alles zu verbitten.«
«Erklären Sie das gefälligst etwas näher«, sagte Crawford verärgert.
«Sie haben es nicht mit einem Verrückten oder einem Geistesgestörten zu tun oder mit mehrfacher Schizophrenie — wovon Sie wahrscheinlich genausowenig verstehen wie ich. Sie haben es mit einem Mann zu tun, der unter Amnesie leidet, einem Mann, der seit Monaten versucht, herauszubekommen, wer er ist und woher er kommt. Und aus dem Mitschnitt eines Telefongesprächs, den wir hier haben, können wir entnehmen, daß er versucht hat, Ihnen das zu sagen — versucht hat, es
Conklin zu sagen. Conklin wollte nicht auf ihn hören. Keiner von Ihnen wollte auf ihn hören… Sie haben einen Mann auf drei Jahre als Schläfer hinausgeschickt — drei Jahre — um Carlos in die Falle zu locken. Und als die Strategie dann aufflog, nahmen Sie das Schlimmste an.«
«Amnesie?… Nein, Sie haben unrecht! Ich habe mit Conklin gesprochen; er hat ihm zugehört. Sie verstehen das nicht. Wir wußten beide — «
«Ich will seinen Namen nicht mehr hören!«unterbrach ihn der Direktor von Consular Operations.