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Borowski sah sich um. Die Killer arbeiteten sich langsam auf ihn zu, der eine rechts, der andere links, in einer Zangenbewegung. Solange sie ihn im Blick behielten, konnten sie ihn zwingen fortzurennen — ziellos, ohne zu wissen, ob der Fluchtweg, den er einschlug, in eine Sackgasse führte. Und dann würden gedämpfte Schüsse fallen, und ihre Manteltaschen würden vom Pulver geschwärzt werden.

Ihn im Auge behalten? Die letzte Reihe also… Da können wir ungestört schlafen. Er benutzt einen Diaprojektor; es wird dunkel sein.

Jason drehte sich wieder um und blickte zu der Frau mit dem kastanienfarbenen Haar hinüber. Sie hatte jetzt ihr Telegramm aufgegeben, nahm ihre Brille mit den getönten Gläsern ab und steckte sie in die Handtasche. Sie war höchstens drei Meter von ihm entfernt.

Bertinelli spricht. Ich glaube nicht, daß er was Neues zu sagen hat.

Borowski nahm den Koffer in die linke Hand, ging schnell auf die Frau an dem Marmortresen zu und tippte sie am Ellbogen an, ganz leicht, um sie nicht zu erschrecken.»Doktor?«

«Wie bitte?«

«Sie sind doch Doktor?…«Er ließ sie los, gab sich den Anschein der Verwirrung.

«St. Jacques«, sagte sie und sprach das St. französisch aus.

«Sie sind der Mann aus dem Lift, oui?«

«Mir war nicht klar, daß Sie es sind«, sagte er.»Sie wissen sicherlich, wo dieser Bertinelli spricht.«

«Das steht auf der Hinweistafel. Suite sieben.«

«Ich fürchte, ich weiß nicht, wo das ist. Würde es Ihnen etwas ausmachen, es mir zu zeigen? Ich habe mich verspätet, und ich muß mir Notizen über seine Rede machen.«

«Über Bertinelli? Warum? Arbeiten Sie für eine marxistische Zeitung?«

«Für eine neutrale Gruppe«, sagte Jason und fragte sich, woher die Sätze wohl kommen mochten.»Ich bin für eine Anzahl Leute tätig. Die sind nicht der Ansicht, daß er es wert ist, erwähnt zu werden.«

«Wahrscheinlich nicht, aber man sollte ihn sich anhören. In dem, was er sagt, sind ein paar brutale Wahrheiten.«

«Also muß ich ihn finden. Vielleicht können Sie ihn mir zeigen.«

«Ich fürchte, das geht nicht. Ich zeige Ihnen den Saal, aber dann muß ich ein Telefonat führen. «Sie klappte ihre Handtasche zu.

«Bitte. Schnell!«»Was?«Sie sah ihn unfreundlich an.

«Tut mir leid, aber ich habe es eilig. «Er blickte nach rechts; die beiden Männer waren höchstens noch sechs Meter entfernt.

«Sie sind ziemlich unhöflich«, sagte Dr. St. Jacques kühl.

«Bitte!« Er unterdrückte seine Regung, sie einfach vor sich her zu stoßen, weg von der Falle, die im Begriffe war, zuzuschnappen.

«Diese Richtung. «Sie ging durch die Halle auf einen breiten Korridor zu, wo weniger Menschen standen. Bald erreichten sie einen mit Samt ausgeschlagenen Gang, den zu beiden Seiten rote Türen säumten. Leuchttafeln wiesen auf die Konferenzräume eins und zwei hin. Am Ende des Flurs war eine Doppeltür, und eine goldene Schrift zur Rechten verkündete, daß es sich um den Eingang zum Saal sieben handelte.

«Da wären wir«, sagte Marie St. Jacques.»Seien Sie vorsichtig, wenn Sie hineingehen. Drinnen ist es dunkel. Bertinelli hält seinen Vortrag mit Dias.«

«Wie im Kino«, meinte Borowski und sah sich um. Am anderen Ende des Korridors tauchte der Mann mit der goldgeränderten Brille auf, dicht gefolgt von seinem Begleiter.

«Gibt es hier einen Ausgang? Eine weitere Tür?«fragte Borowski hastig.

«Ich habe keine Ahnung. Jetzt muß ich wirklich telefonieren. Viel Spaß beim Professor. «Sie wandte sich ab.

Er stellte den Koffer ab und ergriff ihren Arm. Sie funkelte ihn zornig an.»Nehmen Sie die Hand weg, bitte.«

«Ich will Sie nicht erschrecken, aber ich habe keine Wahl. «Er sprach ganz leise. Die Killer gingen jetzt langsamer, gleich würde sich die Falle schließen.

«Sie müssen mitkommen.«

«Machen Sie sich nicht lächerlich!«

Er verstärkte den Griff um ihren Arm und schob sie vor sich her. Dann zog er die Pistole aus der Tasche und hielt sie so, daß ihr Körper sie vor den Männern verbarg.»Ich will das nicht benutzen. Ich will Ihnen nicht weh tun, aber wenn ich muß, tue ich es.«

«Mein Gott… «

«Seien Sie still! Wenn Sie tun, was ich sage, wird Ihnen nichts passieren. Ich muß aus diesem Hotel heraus, und Sie werden mir dabei helfen. Sobald ich draußen bin, lasse ich Sie frei. Aber vorher nicht. Kommen Sie. Wir gehen da hinein.«

«Sie können nicht… «

«Doch, ich kann. «Er drückte ihr den Lauf der Pistole in den Leib. Sie war so verängstigt, daß sie keinen Laut hervorbrachte, sich in das Unvermeidliche schickte.»Gehen wir.«

Er trat an ihre linke Seite, wobei er immer noch ihren Arm festhielt, die Pistole in der Hand, wenige Zentimeter von ihrer Brust entfernt. Ihre Augen starrten wie gebannt auf die Waffe, ihr Mund stand offen, ihr Atem ging unregelmäßig, Borowski öffnete die Saaltür und schob sie vor sich hinein. Er hörte, wie draußen im Flur jemand ein einzelnes Wort schrie.

«Schnell!«

Sie befanden sich jetzt in völliger Dunkelheit, aber das dauerte nur kurze Zeit. Ein weißer Lichtstrahl schoß durch den Raum über die Stuhlreihen, beleuchtete die Köpfe der Zuhörer. Auf die Leinwand, die die ganze Bühne einnahm, wurde eine Grafik projiziert; die einzelnen Balken waren numeriert. Eine dicke schwarze Linie bewegte sich von links oben auf einem zackigen Weg über die einzelnen Balken hinweg nach rechts. Eine Männerstimme mit einem ausgeprägten Akzent war zu hören, verstärkt von einem Lautsprecher.

«Sie werden feststellen, daß in den Jahren Siebzig und Einundsiebzig die wirtschaftliche Rezession viel weniger ausgeprägt war. Das nächste Bild bitte. «Der Projektor schien einen Defekt zu haben; diesmal zuckte kein Lichtbalken durch den Raum.

«Bild zwölf, bitte!«

Jason dirigierte die Frau hinter die letzte Stuhlreihe. Er versuchte, die Größe des Vortragsraumes abzuschätzen und hielt nach einem roten Licht Ausschau, das den Fluchtweg markieren würde. Da sah er es. Ein schwaches rötliches Glühen in der Ferne, auf der Buhne hinter der Leinwand. Er mußte den Ausgang erreichen. Mit ihr.

«Marie — hierher!«Das Flüstern kam von links, von einem Stuhl in der letzten Reihe.

«Nein, Cherie. Bleib bei mir. «Das war die Stimme eines Mannes, der unmittelbar vor Marie St. Jacques stand. Er hatte sich von der Wand gelöst und hielt sie auf.»Man hat uns getrennt. Es gibt keine Stühle mehr.«

Borowski drückte der Frau die Waffe in den Rücken, eine Botschaft, die nicht mißzuverstehen war. Sie flüsterte, ohne zu atmen, und Jason war froh, daß man ihr Gesicht nicht deutlich erkennen konnte.»Bitte, lassen Sie uns vorbei«, sagte sie in französischer Sprache.»Bitte!«

«Was ist? Ist er Ihr Telegramm, meine Liebe?«

«Ein alter Freund«, raunte Borowski.

Ein Ruf übertönte das immer lauter werdende Zischen aus der Zuhörerschaft.»Darf ich endlich Bild zwölf haben. Per favore!«

«Wir müssen jemanden am Ende der Reihe sehen«, fuhr Jason fort und sah sich um. Der rechte Türflügel des Eingangs öffnete sich; inmitten eines von Schatten bedeckten Gesichts reflektierte eine goldgeränderte Brille das schwache Licht des Korridors. Borowski schob die Frau an ihrem verwirrten Freund vorbei und flüsterte eine Entschuldigung.

«Pardon, aber wir haben es eilig.«

«Schlechte Manieren haben Sie auch!«

«Ja, ich weiß.«

«Bild zwölf! Ma che infamia!«

Der Lichtstrahl schoß aus dem Projektor; er vibrierte unter der nervösen Hand des Vorführers. Eine weitere Grafik erschien auf der Leinwand, als Jason und die Frau die andere Wand erreichten, dort, wo der schmale Gang nach unten zur Bühne führte. Er drückte sie in die Ecke und preßte sich ganz dicht an sie.