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Duncan krallte die Fäuste in die Webeleinen und schrie wie ein verwundeter Stier, als eine Kugel auf dem Achterdeck eine Kanone umriß und über die splitternden Planken weiterpflügte, eine Spur aus Blut und Leichen hinter sich herziehend.

Er spürte einen Schlag gegen seine Hüfte wie von einer Axt, und als er hinblickte, pulsierte Blut in breitem Strom an seinem Bein hinunter; dann kam der Schmerz, und er hörte sich aufstöhnen in Todesnot.

Ein gewaltiger Schatten glitt über ihn hinweg: der Besanmast, der mit Donnergetöse umstürzte und seine ganze Takelage mit allen Männern darin über Bord ins Verderben riß.

Wieder bockte der Rumpf und bäumte sich auf unter den Einschlägen einer feindlichen Breitseite. Duncan mußte sich an die Finknetze klammern, um nicht zu stürzen. Der Feind war ihrer Drehbewegung gefolgt, seine oberen Segel blähten sich über dem Rauch wie die Schwingen des Todesengels. Er feuerte pausenlos weiter, und immer noch war auf Sparrowhawk nicht eine einzige Kanone geladen. Das Deck war übersät mit Toten und Sterbenden, und als Duncans Blick auf das Ruder fiel, sah er, daß das große Rad gesplittert war; zu seinen Füßen lagen zerschmettert der Master und seine beiden Rudergänger.

«Mr. Palmer!»

Aber Duncans Schrei war nur ein Krächzen. Sein Erster Offizier kniete neben der Reling; den Mund in lautlosem Brüllen weit aufgerissen, starrte er auf seine beiden Hände nieder, die wie abgestreifte Handschuhe vor ihm lagen.

Bei den Einschlägen der nächsten Salve sank auch Duncan auf die Planken. Er hörte die Kugeln unten durch die Schottwände krachen und sah aus einer offenen Luke Rauch emporkräuseln. Die Sparrow-hawk brannte.

Er versuchte wieder aufzustehen, Wut und Verzweiflung weckten seine letzten Kräfte. Über und über blutbedeckt, war er ein schrecklicher Anblick. Doch er fühlte, wie das Blut alle Kraft aus seinem Körper schwemmte; es gerann auf den Planken zu den gräßlichen Mustern, die schon das ganze Deck überzogen.

«Ich helfe Ihnen, Sir!»

Duncan legte dem Jungen einen Arm um die Schultern. Es war nur der kleine Evans, aber sein Anblick richtete den Kommandanten etwas auf.

Er keuchte:»Bin fertig, Junge. Sieh nach den anderen. «Er spürte den Kadetten unter seinem Griff zusammenfahren und sah die nackte Angst in seinen Augen. Da packte er ihn noch fester mit seiner blutigen Faust.»Halte durch mein Sohn, jetzt bist du ein Offizier. Zeig's ihnen. «Und damit stürzte Duncan abermals, aber diesmal stand er nicht mehr auf.

Eine Handvoll Seeleute und Soldaten kam nach achtern gerannt und hätte sich über Bord gestürzt, wäre der dreizehnjährige Seekadett ihnen nicht entgegengetreten.

Er schrie:»Setzt das Boot aus! Bootsmann, übernehmen Sie das!»

Als ihn einer der Fliehenden beiseitestieß, griff er sich eine Pistole und feuerte in die Luft. Noch einen Augenblick starrten sie einander an wie Irre, und dann gewann die Disziplin die Oberhand. Sie warfen ihre Waffen weg und rannten zu dem Boot, um es zu Wasser zu lassen.

Immer noch schlugen vereinzelt Kugeln in den Rumpf, doch Spar-rowhawk hatte keine Widerstandskraft mehr. Sie lag schon tief im Wasser, die See schwappte bereits im Orlopdeck und stieg schnell höher; blank glitzerte Wasser am Fuß der Niedergangstreppe.

Evans rannte zu seinem Freund, dem Signalfähnrich, aber der war schon tot. In seiner Brust klaffte eine Wunde, so groß wie eine Männerfaust. Vorsichtig richtete Evans sich auf. Seine Füße glitten in den Blutlachen aus, als das Heck sich aus der See hob.

Er glaubte, eines der anderen Boote in der Nähe zu hören und die Stimme des Dritten Offiziers, der Überlebende zusammenrief und Ordnung herzustellen versuchte.

Noch einmal blickte Evans auf seinen toten Kommandanten nieder, den Mann, den er gefürchtet und bewundert hatte. Jetzt war er ein Nichts, und das verstörte Evans; er fühlte sich betrogen.

Ein vierschrötiger Marinesoldat hastete vorbei, einen verwundeten Kameraden wie einen Sack über die Schulter geworfen. Er verhielt kurz bei Evans und keuchte:»Kommen Sie, Sir, hier gibt's nichts mehr zu tun.»

Der Verwundete stöhnte, und sein Träger wollte sich abwenden, aber irgend etwas in Evans' Gesicht hielt ihn fest. Der Seesoldat hatte die Schlacht bei Abukir und auch die am Kap St. Vincent mitgemacht und schon viele Freunde sterben gesehen.

Grob fuhr er den Jungen an:»Du hast getan, was du konntest, also komm jetzt mit, ja?»

Ein Beben ging durch das Schiff. Die Sparrowhawk begann unterzuschneiden.

Der kleine Kadett folgte dem Seesoldaten zum Schanzkleid und zuckte nicht einmal zusammen, als der Großmast wie eine überhängende Klippe donnernd von oben kam.

«Ich bin soweit, danke. «Es klang seltsam in diesem schrecklichen Augenblick.

Kanonen rissen sich los und krachten, tote und wimmernde Männer zermalmend, der Länge nach durch die Decks. Sparrowhawk reckte noch einmal das Heck empor und ging dann steil nach unten. Wo sie versank, drehte sich ein Wirbel aus Wrackteilen, Menschen und Gliedmaßen — noch lange, nachdem der Angreifer mehr Segel gesetzt hatte und sich mit westlichem Kurs davonmachte.

Als Zeugen der Vernichtung blieben zwei Boote und ein flüchtig zusammengelaschtes Floß zurück, umdrängt von Überlebenden, die um einen Platz an Bord oder wenigstens um Halt für ihre Fäuste kämpften.

Eine Woche danach sichtete die amerikanische Brigg Baltimore Lady, unterwegs von Guadeloupe nach New York, ein treibendes Boot und drehte bei, um es sich näher anzusehen. Das Boot war voller Männer, alle von der Sonne verbrannt und ausgedörrt, einige tot, der Rest nur noch halb am Leben. Die Toten waren ihren Wunden erlegen oder verdurstet, die Überlebenden konnten kaum sprechen. Aber die Spuren von Haizähnen an der Außenhaut des Bootes waren beredt genug: Tiefe Riefen zeigten, wo die Bestien die Männer weggerissen hatten, die sich außen anklammerten. Eine Art Offizier führte das Kommando im Boot; der Maat der Brigg beschrieb ihn später als» halbes Kind».

Midshipman Evans hatte Duncans letztem Befehl gehorcht und >nach den anderen gesehen<. Aber das Erlebnis verfolgte ihn für den Rest seines Lebens.

Samuel Fane betrachtete Bolitho ohne jede Gefühlsregung.»Ich habe mit dem Präsidenten gesprochen«, sagte er.»Und außerdem habe ich die Angelegenheit San Felipe mit dem französischen Admiral diskutiert.»

Auch Bolitho war die Ruhe selbst. Es hatte keinen Sinn, Fane vorzuwerfen, daß er hinterrücks mit den Franzosen verhandelt hatte. Das war sein gutes Recht, wenn Boston als neutraler Boden galt.

Auch erwies es sich als hilfreich, daß er diesmal mit Fane an Bord seines eigenen Flaggschiffs verhandelte. An Land, als Gast in Chases prunkvollem Haus, war er der Fremdling gewesen. Doch jetzt, inmitten der vertrauten Umgebung, fühlte er Sicherheit und Zuversicht.

Er sagte:»Ehe ich nicht den Bericht meines Fregattenkapitäns vorliegen habe, können keine weiteren Schritte unternommen werden. Vielleicht läßt sich ein Kompromiß erarbeiten, aber nur auf der Grundlage der augenblicklichen Situation. Sir Humphrey Rivers ist der britische Gouverneur auf San Felipe, nicht mehr und nicht weniger.»

Jonathan Chase hatte schon zwei Gläser Weißwein geleert, wohl aus Sorge um den Verlauf der Besprechung, von der er sich diesmal einen besseren Ausgang erhoffte.»Das ist doch nicht unbillig, Sam, oder?«schaltete er sich vermittelnd ein.

Fanes tiefliegende Augen glitten über ihn hinweg.»Meine Regierung duldet in ihrer Einflußsphäre keinerlei Kriegshandlungen, die das amerikanische Interesse an freiem Handel und Verkehr beeinträchtigen würden. Ich halte es für die beste Lösung, daß die Insel amerikanisches Protektoratsgebiet wird, wenn die Bewohner eine Übergabe ablehnen. «Und abschließend, mit einem resignierten Seufzer:»Aber wenn der Admiral zuerst eine Demonstration der Stärke wünscht, dann müssen wir ihm wohl den Gefallen tun.»