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Bolitho hatte das Teleskop wieder sorgsam an seinen Platz gehängt. Adam sollte ihn nicht für überängstlich und allzu fürsorglich halten. Trotzdem.

Keen sagte:»Ich gehe an Deck, um ihn zu begrüßen, Sir. «Mit einem heimlichen Lächeln schloß er die Tür hinter sich.

Als Adam die Kajüte betrat, verriet sein Gesicht Besorgnis; er schien sich auf eine Strafpredigt gefaßt zu machen.

«Tut mir leid, Sir. «begann er.

Bolitho ging auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter.»Du bist hier, und das ist die Hauptsache.»

Adam blickte sich in der Kajüte um, als fürchte er, Spuren des Kampfes zu sehen.

«Im Wachboot haben sie mir schon von dem Gefecht erzählt, Onkel. Und daß ihr euch mit Gewalt die Einfahrt erzwingen mußtet. «Er senkte den Blick, eine schwarze Strähne fiel ihm in die Stirn.»Auch von Sparrowhawks Verlust habe ich gehört. Das hat mich erschüttert.»

Bolitho führte ihn zu einem Stuhl.»Wir wollen nicht mehr davon reden«, sagte er leise.»Erzähle mir lieber von deinen Problemen.»

Es war schon eine erstaunliche Geschichte, die der junge Leutnant zu berichten hatte. Erst vor wenigen Tagen, nachdem sie einen starken Sturm auf der Höhe der Bahamas abgewettert hatten, waren sie von einer Fregatte gestellt worden. Sie gab sich als spanisches Schiff aus und befahl ihnen, beizudrehen und ein Prisenkommando an Bord zu nehmen. Aber der mißtrauische Skipper der Brigantine blieb auf der Hut. Als das Prisenboot fast schon längsseits war, hatte er blitzschnell gewendet, mehr Segel gesetzt und mit dem günstigen Wind seine Zuflucht in flacherem Wasser gesucht, wohin ihm die Fregatte nicht folgen konnte. Immerhin hatte das spanische Prisenkommando die fliehende Brigantine noch beschossen, mit einem Buggeschütz und zwei Drehbassen. Der Maat war getötet und der Rumpf mit Einschlägen übersät worden.

Bolitho lauschte Adams hervorgesprudeltem Bericht, ohne ihn zu unterbrechen. Man durfte sich doch nie in Sicherheit wähnen, dachte er dabei. Während er sich über das künftige Schicksal von San Felipe den Kopf zermartert hatte, war Adam einem unerklärlichen Angriff ausgesetzt gewesen und um ein Haar getötet worden.

Laut sagte er:»Dieser Skipper muß ein beherzter Mann sein. Fast schon tollkühn. Ich möchte ihn gern kennenlernen.»

Adams Augen leuchteten; er wollte Bolitho unbedingt von Robina erzählen, aber nach der abenteuerlichen Überfahrt von Boston mit all ihren neuen Erlebnissen und Informationen mußte das warten.»Er hat mit mir übergesetzt und ist an Bord.»

Bolitho musterte ihn fragend.»Na ja, dann soll er doch hereinkommen.»

Der Wachtposten öffnete die Tür und trat beiseite, um den Besucher einzulassen. Nur die Augen unter dem hohen schwarzen Lacklederhut des Postens bewegten sich, als er meldete:»Der Kapitän der Vivid, Sir!«Ein lautes Aufstampfen des Gewehrkolbens beschloß den Satz.

Bolitho wollte den Besucher begrüßen, aber es verschlug ihm vor Erstaunen die Sprache. Der geflickte blaue Rock mit den Marineknöpfen auf den Manschetten, der hölzerne Stumpf, der aus dem einen

Hosenbein ragte — all dies konnte ihn nicht darüber hinwegtäuschen, wen er da vor sich hatte.

Bolitho eilte dem Mann entgegen und streckte ihm beide Hände hin.

«Jethro Tyrrell! Mein Gott, es muß zwanzig Jahre her sein. Und nun stehen Sie plötzlich wieder vor mir!»

Tyrrell legte den Kopf schief und musterte Bolitho mit geheuchelter Belustigung.

«Zum Vizeadmiral befördert, hieß es. «Langsam nickte er, das struppige graue Haar tanzte auf seinem Kragen.»Hätte nie gedacht, daß die Seelords doch noch vernünftig werden!»

Noch einmal drückte er Bolithos Hände, dann begann er, durch die große Kajüte zu humpeln, wobei er hier und da etwas berührte; seinen aufmerksamen Augen entging kein Detail.

Während Bolitho ihm zusah, stiegen wieder die Bilder der Erinnerung in ihm auf: die kleine Korvette Sparrow, sein erstes Schiff, auf dem der Südstaatler Jethro Tyrrell Erster Offizier gewesen war.

Es tat weh, den Holzstumpf zu sehen, den er nachschleifte, und seine schäbige Kleidung.

Bei Bolithos Admiralsrock, der nachlässig über einen Stuhl geworfen war, blieb Tyrrell stehen und betastete eine goldene Epaulette.

«Stimmt, es ist zwanzig Jahre her«, sagte er leise.»Aber Sie sind ganz schön vorangekommen, Dick. Bin richtig stolz auf Sie.»

Allein schon sein weicher Virginia-Tonfall rief tausend Dinge in Bolithos Gedächtnis zurück.

Vorsichtig ließ Tyrrell sich auf einen Stuhl nieder und zupfte seinen Rock zurecht.»Am besten gehe ich bald wieder. Wollte nur mal guten Tag sagen. Ich möchte nicht.»

Bolitho rief dazwischen:»He, ich war einmal Ihr vorgesetzter Offizier, und mein Wort gilt immer noch. Deshalb werden Sie hierbleiben und mir erzählen, wie es Ihnen ergangen ist. Nach dem Krieg habe ich vergeblich nach Ihnen geforscht.»

Tyrrell sah zu, wie Ozzard mit Flaschen und Gläsern hantierte.

«Als man mir unseren jungen Freund hier als Passagier schickte, da wußte ich, daß ich Sie wiedersehen würde. «Seine Augen spiegelten das reflektierte Sonnenlicht wider.»Das waren großartige Zeiten, sage ich Ihnen. «Er warf dem jungen Leutnant einen Blick zu, der gebannt lauschte.»So grün er war — sogar noch jünger als ich — , so faustdick hatte er's schon damals hinter den Ohren. Duellierte sich um ein Mädchen, das ihn um jeden Preis tot sehen wollte, und attackierte die Franzosen beinahe mit bloßen Händen. «Tyrrell lächelte breit, aber seine Augen blieben düster und traurig.

Vorsichtig erkundigte sich Bolitho:»Und was treiben Sie jetzt?»

«Dies und das. Ich führe die Vivid, aber sie gehört mir nicht, leider. Treibe mit ihr Handel zwischen den Inseln. - Die Spanier und die Briten sind mir dauernd auf den Fersen, weil sie mich außerdem für einen Schmuggler halten. Was für ein Witz! Man braucht mich ja nur anzusehen — ein Schmuggler wäre besser dran.»

Die Tür ging auf, und Keen trat zögernd ein.

«Dies ist Jethro Tyrrell«, machte Bolitho bekannt,»mein Erster auf der Sparrow.«Bei Keens Verblüffung mußte er lächeln.»Das war in einem ganz anderen Krieg, Val. Aber ein feines kleines Schiff.»

Unbehaglich rutschte Tyrrell auf seinem Stuhl herum, die allgemeine Aufmerksamkeit machte ihn verlegen.

«Wie dem auch sei, ich höre, Sie haben hier unten ziemlichen Ärger. San Felipe soll an die Franzosen zurückgegeben werden, stimmt's?»

Bolitho nickte ernst.»Das hat sich aber schnell herumgesprochen.»

Tyrrell verzog das Gesicht.»Wohl doch nicht schnell genug. Sie sollten sich vor den verdammten Spaniern besser in acht nehmen. Die haben es sich in den Kopf gesetzt, diese Insel zu erobern. «Mit heimlicher Genugtuung sah er in ihre erstaunten Gesichter.»Und das werden sie auch schaffen, wenn Sie nicht verteufelt vorsichtig vorgehen. Sie haben überall ihre Späher. Sogar meine kleine Vivid wollten sie anhalten und durchsuchen, nach Briefen oder Depeschen. «Er warf Adam einen Blick zu.»Beim Satan, wenn sie ihn an Bord gefunden hätten, wären wir alle umgebracht worden, so sicher wie das Amen in der Kirche.»

Bolitho beugte sich vor.»Stimmt das wirklich? Das mit den Spaniern?»

Tyrrells grimmiger Blick ließ ihn nicht los.»Ich brauche Geld, damit ich die Vivid kaufen kann. Viel stellt sie ja nicht dar, aber wenigstens wäre sie ein neuer Anfang. «Dann wandte er sich ab.»Sie ist für mich genauso wichtig wie für Sie das Schiff, das Ihre Fregatte versenkt hat.»

Sein Ton war defensiv, beschämt; aber man merkte ihm an, wie ernst es ihm war.

«Ich werde Ihnen helfen, Jethro«, versprach Bolitho.»Das hätte ich aufjeden Fall getan, wenn ich nur gewußt hätte, wie.»

«Ich hatte auch mal meinen Stolz, Dick. Damals. Jetzt kann ich mir Stolz nicht mehr leisten. Hab meine ganze Familie verloren. Mein Leben ist die See, mehr ist mir nicht geblieben. Ich brauche ein