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«Gut, ich komme gleich nach. «Bolitho nickte seinem Neffen zu.»Und du am besten auch. Es ist eine Erfahrung mehr für dich.»

Aber vor dem Kartenhaus zögerte er plötzlich.»Übernehmen Sie, Val«, sagte er abrupt.»Ich gehe in meine Kajüte. Sie können mir ja später berichten.»

Erschreckt fragte Adam:»Fühlen Sie sich nicht wohl, Sir?»

«Nur etwas müde. «Bolitho ging und war bald im Schatten unter dem Hüttendeck verschwunden.

Irgendwie fühlte er sich außerstande, ihnen allen gerade jetzt gegenüberzutreten: Knocker, dem Segelmeister, Quantock, Hauptmann Dewar von den Royal Marines und dazu ihren jeweiligen Gehilfen.

Bolitho hatte bei Napier in San Felipe einen Brief zurückgelassen und außerdem eine Abschrift davon, die mit dem nächsten Schiff nach England abgehen sollte, das den Hafen zur Verproviantierung anlief.

Daß er so völlig im dunkeln blieb über Belindas Ergehen, fraß an ihm wie ein Geschwür. Ihm war selbst nicht bewußt gewesen, wie sehr die Ungewißheit an seinen Kräften zehrte. Bis Adam ihn an Hugh erinnert hatte: >Als ich in Vaters altem Sessel saß…< Bis dahin war Hugh nur ein vager Schatten aus der Vergangenheit gewesen. Aber jetzt stand er wieder zwischen ihnen, erhob Anspruch auf seinen Platz in der Familie.

Bolitho ließ sich auf die Bank unter den Heckfenstern sinken und starrte ins weißschäumende Kielwasser draußen, das Achates hinter sich herzog.

Allday kam aus der Pantry getrottet.»Kann ich Ihnen etwas zu trinken holen, Sir?«fragte er bewußt beiläufig.

«Nein, danke. «Bolitho wandte sich um und sah ihn an.»Du bist der einzige hier, der mich wirklich kennt, weißt du das?»

«Manchmal stimmt das, Sir, manchmal nicht. Alles in allem kriege ich wohl öfter als andere den Mann zu sehen, der Sie wirklich sind,

Sir.»

Bolitho ließ sich zurücksinken und atmete tief ein.»Mein Gott, All-day, ist das eine Qual!«Aber als er aufblickte, war Allday verschwunden.

Bolitho sah achteraus einen Fisch springen. Wer wollte es Allday auch verübeln, daß er sich für seinen verzweifelten Vorgesetzten schämte?

Aber Allday hatte sich nur in seine winzige, durch Vorhänge abgeschirmte Kammer zurückgezogen, die er mit seinen beiden Freunden teilte: Jewell, dem Segelmacher, und Christy, den er schon von der alten Lysander her kannte.

Später, mit drei großen Bechern Rum im Leibe, baute er sich vor Keens Kajüte auf.

Der Steward des Kommandanten beäugte ihn mißtrauisch.»Was willst du hier, Allday?»

Er rümpfte die Nase, als Allday ihm seinen Fuselatem ins Gesicht blies.»Ich verlange den Käpt'n zu sprechen.»

Das war ganz unüblich, und außerdem fühlte Keen sich nach der Diskussion im Kartenhaus wie gerädert. Aber er kannte Allday und verdankte ihm außerdem sein Leben.»Komm herein und mach die Tür zu. «Er winkte seinen Steward hinaus.»Was ist los, Mann? Du siehst ja aus, als wolltest du dich prügeln.»

Allday holte tief Luft.»Es geht um den Admiral, Sir. Er hat sich mehr aufgeladen, als er tragen kann. Das ist unfair.»

Keen mußte lächeln; darum ging's also. Er hatte schon befürchtet, daß eine Katastrophe passiert sei.

Aber Allday war noch nicht fertig.»Wollte mir's nur von der Seele reden, Sir, weil Sie doch ein anständiger Mensch sind. Und für ihn da achtern ein wirklich guter Freund. Schuld dran ist irgendwas, das der Flaggleutnant gesagt hat. Das spüre ich in meinen Knochen. Muß was sein, was ihn tief getroffen hat.»

Keen war zwar müde, aber auch intelligent und schnell von Begriff. Jetzt wurde ihm klar, was ihm längst hätte auffallen müssen: wie seltsam förmlich der Admiral und sein Neffe neuerdings miteinander umgingen.

Er sagte:»Überlaß das ruhig mir, Allday. Ich hab' schon verstanden.»

Forschend sah Allday ihm ins Gesicht und nickte dann.»Mußte einfach darüber reden, Sir. Sonst verprügle ich eines Tages noch den Flaggleutnant, und wenn er dreimal Offizier ist!»

Keen erhob sich.»Das will ich nicht gehört haben, Allday. «Er lächelte.»Und jetzt mach, daß du in deine Koje kommst.»

Danach saß Keen noch lange an seinem Schreibtisch und sah zu, wie die Sonne langsam im Meer versank.

Eigentlich hatte er tausenderlei Dinge zu tun, denn eine Ahnung sagte ihm, daß sie bald wieder zu den Waffen würden greifen müssen. Er spürte das, um mit Allday zu reden, in seinen Knochen. Das Gespräch war alles andere als erheiternd gewesen, aber er merkte, daß er darüber die Konferenz im Kartenhaus vergessen konnte, Quantocks stumme Mißbilligung und Tyrrells prahlerisches Versprechen, daß er sie zu einem Platz führen könne, wo sie dem anderen Schiff überlegen sein würden.

Alldays Besuch hatte das alles verdrängt. Er kannte Bolithos Bootsführer nun schon seit achtzehn turbulenten Jahren; es war eine Zeit der Gefahren und Entbehrungen gewesen, eben Kriegszeit, mit kurzen Erholungspausen dazwischen, in denen die überwältigende Freude, trotz aller Fährnisse noch am Leben zu sein, das prägendste Erlebnis war.

Wenn es um Allday ging, drängte sich stets als erstes ein einziges Wort auf: Treue.

Müde griff Keen nach der Glocke, um seinen Steward herbeizuzitieren.

Die wenigsten, überlegte er, würden den Begriff Treue definieren können. Aber er hatte immerhin erleben dürfen, in welcher Gestalt sie sich verkörperte.

XI Späte Rache

«Alle Mann an Deck, alle Mann an Deck! Aufentern und klar zum Bramsegelsetzen!»

Bolitho beobachtete von der Querreling aus, wie die tropfnassen Kutter wieder einmal auf ihren Stellings festgelascht wurden. Achates hatte hier einige Stunden geankert, während die Beiboote ausgesetzt wurden, um eine Bucht zu rekognoszieren, in der sich ein Schiff hätte verstecken können. Aber wie schon all die Male zuvor waren die Leute unverrichteter Dinge zurückgekehrt.

Bolitho beschattete die Augen, um trotz der grellen Sonne das Land zu erkennen Santo Domingo lag nur wenige Meilen weiter nordwestlich; danach kam noch die Mona-Passage, und dann waren sie wieder in den nördlichen Zufahrtswegen, wo alles seinen Anfang genommen hatte.

Zwei vergeudete Wochen. Dazu der tägliche Kampf um die Ausnützung einer so leichten Brise, daß sie an Land kaum ein Pappelblatt bewegt hätte.

Nun sah er zu, wie die großen Bramsegel schlugen und sich träge füllten, bis das Schiff sich auf dem neuen Kurs leicht überlegte.

Keen kam quer übers Deck heran und wartete darauf, daß Bolitho sich zu ihm umwandte.

«Mit allem Respekt, Sir, aber ich glaube, wir sollten nach San Felipe zurückkehren.»

«Ich kenne diese Gewässer, Val«, erwiderte Bolitho.»Hier könnte man notfalls eine ganze Flotte verstecken. Sie glauben, daß ich mich geirrt habe, nicht wahr?«Er fuhr sich über das zerknitterte Hemd und lächelte Keen an.»Ich mache Ihnen daraus keinen Vorwurf, schließlich waren die letzten Wochen für uns alle eine Qual.»

«Ich sorge mich Ihretwegen, Sir«, sagte Keen.»Je länger wir warten.

Bolitho nickte.»Ich weiß. Mein Hals steckt in der Schlinge. Das war mir von Anfang an bewußt.»

Die Wanten knarrten, als die Brise etwas auffrischte und die Segel sich strafften. Hoch oben in den Masten ließen die zusätzlichen Ausguckposten die überanstrengten Augen rundum schweifen und verfluchten heimlich ihre Vorgesetzten wegen dieser Schikane.

Bolitho hörte das dumpfe Tappen von Tyrrells Holzstumpf näherkommen und wandte sich ihm grüßend zu. Keen entschuldigte sich und schlenderte zur anderen Seite hinüber. Sein Mißtrauen und sein wachsender Argwohn Tyrrell gegenüber ließen sich nicht mehr verbergen.

Tyrrell sandte ihm einen Blick nach und meinte:»Kann mich wohl nicht ausstehen, der Gute. «Aber seine Stimme klang besorgt und nicht mehr so zuversichtlich.

«Sind Sie sich Ihrer Sache immer noch so gewiß, Jethro?«fragte Bolitho.