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«Recht so!»

«West zu Nord liegt an, Sir!»

Bolitho befeuchtete sich die Lippen. Die Stückpforten des Feindes lagen jetzt in zu spitzem Winkel vor ihnen, als daß er sie unter Feuer nehmen konnte. Er hatte seinen Eröffnungszug zu früh gemacht. Aber trotzdem, die Schiffsführung drüben verstand ihr Handwerk, die Wende klappte, und fast alle Segel standen wieder voll.

«Steuerbordbatterie!«In einer einzigen, zischenden Bewegung zog Keen seinen Säbel.»Feuer in der Aufwärtsbewegung!»

Auf beiden Decks spähten die Stückmeister durch ihre Luken, die Abrißleinen straff gespannt in der Faust, und warteten darauf, daß das Ziel vor ihre Mündungen glitt.

Dann hieb die Schneide blitzend nach unten, ein sekundenlanger Donnerschlag brach los, und die Rohre der Achtzehn- und Vierund-zwanzigpfünder fuhren, von ihren Taljen abgefangen, wieder binnenbords.

Rauch trieb nach vorn davon und erlaubte einen Blick auf die Takelage des Feindes, die im Kugelhagel einen Höllentanz aufzuführen schien. An der Wasserlinie stiegen hohe Fontänen auf, wo andere Kugeln den Rumpf getroffen hatten. Doch obwohl der Fremde sein Manöver noch nicht ganz beendet hatte, erwiderte er sofort das Feuer.

Wiede r spürte Bolitho dieses schreckliche Aufbäumen des Decks und hörte einen schrillen Aufschrei am mittleren Luk.

Die Stückmannschaften arbeiteten wie die Wilden mit Schwämmen, Ladestöcken und Kartuschen, bis sie endlich die schwarz schimmernden Eisenkugeln in die Rohre gerammt hatten. Die Crews wetteiferten miteinander, welche ihre Kanone als erste feuerbereit melden konnte. Sowie alle Stückmeister mit erhobenen Händen dastanden, erklang wieder Keens heiserer Schrei:»Breitseite — Feuer!»

Diesmal gab es keine Fehlschüsse. Bei einer Distanz von knapp zwei Kabellängen konnten sie den Rumpf des Feindes unter den Treffern erzittern sehen. Das Seitendeck barst und riß einen Teil der Be-santakelage in die Tiefe.

Aber auch drüben hatten sie inzwischen nachgeladen, und die viel schwereren Zweiunddreißigpfünder reckten schon wieder ihre Rüssel aus den Stückpforten. Abermals schossen die Feuerzungen aus der Bordwand, und ein schreckliches Krachen und Rumpeln zeugte davon, daß viele Kugeln auf Achates ihr Ziel gefunden hatten.

Das Gesicht eine blutige Maske, wurde ein Kanonier von seiner Lafette weggerissen. Aber Bolitho sah auch, daß Midshipman Evans steif und starr dastand und das andere Schiff nicht aus den Augen ließ. Wenn ihn das Schlachtgetöse erschreckte, so merkte man es ihm nicht an. Bolitho begriff, wie der Feind in den Augen des Jungen aussehen mußte: der Mörder seines ersten Schiffes, das er brennend und zerschmettert in die Tiefe geschickt hatte, während Duncan neben ihm verblutete.

Bolitho rief:»Bewegen Sie sich, Mr. Evans!«Und als der Junge ihm einen verständnislosen Blick zuwarf:»Auch wenn Sie klein sind, geben Sie doch ein gutes Ziel ab!»

Über Evans' Gesicht glitt das Gespenst eines Lächelns, dann wandte er sich um und ging zu dem gefallenen Kanonier.

Wieder rollten die Kanonen im Rückstoß nach hinten, Explosionen erschütterten die Luft, keuchend und hustend rangen die Männer im

Pulverrauch nach Atem, während ihnen noch die Splitter vom letzten Beschuß um die Ohren flogen.

Hallowes, der Vierte Offizier, schritt hinter der vorderen Batterie auf und ab; den Degen auf der Schulter, beobachtete er seine Abteilung und gab in schneller Folge Kommandos.

«Zündloch stopfen!»

«Auswischen!»

Die Männer auf dem Batteriedeck duckten sich, als einige Finknetze an der Reling unter dem Beschuß zerplatzten und Fetzen der Hängematten durch die Luft flogen. Die Kugeln fällten zwei Seeleute, ein dritter konnte noch davonhinken und sich wie ein scheues Tier unter der Gangway verkriechen.

«Laden!»

Hallowes deutete mit dem Säbel auf den zusammengekauerten Mann und schrie:»Zurück an deinen Platz — sofort!«Und dann:»Ausrennen!»

Wieder rumpelten und quietschten die Lafetten, als das Schiff Kanone um Kanone dem Feind seine Breitseite präsentierte. Dieser lag nach einem leichten Richtungswechsel jetzt auf konvergierendem Kurs mit Achates und feuerte pausenlos weiter.

Bolitho sah Keen zur anderen Seite des Achterdecks hinübergehen. Neue Treffer hämmerten in den Rumpf, ein vielstimmiger Aufschrei aus dem unteren Batteriedeck verriet Bolitho, daß ein Vierundzwan-zigpfünder umgestürzt sein mußte oder — noch schlimmer — sich aus seinen Taljen losgerissen hatte.

Beide Schiffe waren der Bewaffnung nach ebenbürtig. Achates hatte zwar mehr Kanonen, aber die schwereren Kaliber des Feindes forderten einen schrecklichen Blutzoll. Ein einziger Glückstreffer konnte die Entscheidung bringen. Bolitho starrte auf Keens Rücken, als könne er ihn durch Willenskraft zum Handeln antreiben: Aufschließen, Val. Geh ran, ehe er dich entmastet.

Wieder übertönten Schreie das allgemeine Inferno der Kanonade. Ein Seesoldat taumelte, die Hände vors Gesicht geschlagen, von seinem Platz an den Finknetzen zurück; seine Brust war gespickt mit scharfen Holzsplittern.

«Herrgott, was für ein Schlamassel!«Tyrrell bahnte sich mit seinem Stumpf mühsam einen Weg durch zerrissene Taljen und gebrochene Leinen, die trotz der Schutznetze herabgefallen waren.

Bolitho wies ihn an:»Gehen Sie nach unten. Sie sind Zivilist.»

Tyrrell zog eine Grimasse, als eine Kugel am Verschlußstück eines Neunpfünders auf dem Achterdeck zerbarst und es Splitter hagelte, die abermals zwei Seeleute zu Boden rissen, wo sie sich in Lachen ihres eigenen Blutes wälzten.

Keen fuhr herum und funkelte Tyrrell an.»Verdammt, was machen Sie hier?»

Durch zusammengepreßte Zähne knurrte Tyrrelclass="underline" »Bringen Sie Ihren Kahn endlich längsseits, Käpt'n, Ihre Leute können dieses Tempo nicht mehr lange durchhalten.»

Keen sah zu Bolitho hinüber.»Aber dann wird Ihr Flaggschiff erkannt, Sir!»

Daran lag's also. Bolitho zog seinen alten Säbel.»Legt Ruder! Wir bringen ihnen jetzt das Fürchten bei«, er hob die Stimme,»stimmt's, Jungs?»

Als sie ihm zujubelten, mußte er sich abwenden. Halbnackt, pulvergeschwärzt, schweißüberströmt, waren dies nicht die romantischen Helden, wie er sie auf manchem prächtig gemalten Schlachtenpanorama in London gesehen hatte.

Wieder spürte er die schon vertraute Wildheit des Nahkampfes in sich aufsteigen.»Lebhaft, dort drüben!«drängte er.

Als Ruder gelegt wurde, schwangen die Rahen leicht herum, und binnen weniger Minuten war die Distanz auf eine Kabellänge geschrumpft und verringerte sich schnell weiter. Bald waren es nur noch fünfzig Meter und weniger, die Takelage des Feindes ragte hoch über ihren Köpfen empor, und jetzt fiel Musketengeknatter in den betäubenden Chor der Kanonen ein.

Dem anderen Kommandanten blieb keine Wahl. Er konnte nicht mehr halsen und sich davonmachen, denn das Land, das ihm bisher Zuflucht geboten hatte, war jetzt zu einer tödlichen Gefahr geworden und drohte ihm mit den steinernen Fängen des Riffs, auf dem sich tobend die Brandung brach. Und wenn er es mit einer Wende versuchte, mußte er sich mit backstehenden Segeln festfahren und genau die entscheidenden Sekunden verlieren, die Keen brauchte, um ihn vom Bug bis zum Heck mit seinen Breitseiten zu beharken.

Ein splitterndes Krachen hoch über ihnen, und dann warnende Rufe:»In Deckung da unten!«Teile der Fußrah des Besansegels durchschlugen die Schütznetze, knallten an Deck und zogen ein Gewirr gebrochener Leinen und Taljen hinter sich her.

Bolitho spürte an der Schulter einen Schlag wie von einer eisernen Faust, und dann lag er mit dem Gesicht auf den Planken. Seine erste Reaktion kam einer Panik sehr nahe: wieder verwundet, und diesmal bestimmt schwer! Aber dann hörte er sich fluchen, vor allem über den Rauch, der ihm im entscheidenden Moment die Sicht geraubt hatte.

Er merkte, daß Adam mit starrem Blick seinen Arm gepackt hielt, während Allday irgend etwas Schweres von seinem Rücken wegzog und ihm zunächst auf die Knie, dann auf die Füße half. Ein riesiger Block, den der Schuß durch die Besantakelage losgerissen hatte, schwang wie ein Knüppel an seinen Parten vom Netz und hatte ihn umgerissen. Er hatte nicht mal einen Kratzer davongetragen. Mit leicht verzerrtem Grinsen dankte er, als jemand ihm seinen Hut zurückreichte und ein anderer jubelte:»Zeigen Sie's den Hunden, Sir!»