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Schiff gehabt.

Da spürte er die Hand des jungen Offiziers auf seinem Arm und hörte ihn tröstend sagen:»Wir werden beide eine neue Chance bekommen, Jethro.»

Tyrrell entblößte die Zähne in einem grimmigen Lächeln.»Verdammt, das will ich doch hoffen. Kann schließlich nicht den Rest meines Lebens damit verbringen, auf euch aufzupassen!»

Keen stand neben Bolithos Tisch und musterte den Vizeadmiral besorgt, der schon die ganze Zeit auf das Logbuch mit den Ereignissen des Tages niederstarrte, aber nichts zu sehen schien.

Er räusperte sich.»Der Zahlmeister berichtet, Sir, daß den ganzen Tag frisches Obst und Gemüse von der Insel herübergeschafft wurden. Jetzt plötzlich können sie gar nicht genug für uns tun.»

Bolitho strich die Papiere glatt. Jetzt plötzlich.. Diese beiden Worte waren vielsagend. Hinter sich hörte er Ozzards leise Schritte, der die Heckfenster schließen ging, weil wieder einmal ein scheidender Tag den Hafen in Schatten hüllte. Immer noch bezeichneten Funken und ein gelegentliches Aufglühen die Stelle der Untiefe, wo der Brander lag. War es tatsächlich erst an diesem Morgen gewesen, daß er sich mit Leutnant Lemoine auf den Festungswällen unterhalten hatte?

Keen merkte, daß Bolitho allein sein wollte, aber es widerstrebte ihm, ihn seinem Gram zu überlassen. Zu gut erinnerte er sich noch an sein Erschrecken, als die Barkasse am Schiff angelegt hatte und All-day leblos an Bord gehievt worden war.

Dieser Anblick hatte all seine anderen Empfindungen wie Asche zerstieben lassen: Stolz auf seine Männer, weil sie sich angesichts der Gefahr tapfer geschlagen hatten; tiefe innere Befriedigung, daß auch er nicht zusammengebrochen war. Doch das zählte nicht mehr, denn Allday war auch ein Teil seines Lebens geworden. Und wenn er's recht überlegte, hatten die meisten Menschen, die ihm etwas bedeuteten, Bolithos Bootsführer eine Menge zu verdanken.

In Augenblicken wie diesen wäre Allday in die Kajüte getreten und hätte unwillkommene Besucher hinauskomplimentiert. Aber nun lag er in Bolithos eigenem Schlafraum mit einer Säbelwunde in der Brust, die sogar den wortkargen Schiffsarzt erschreckt hatte.

Keen versuchte noch einmal, Bolitho anzusprechen.»Wir haben mehrere Gefangene gemacht, Sir: die Besatzung des Branders und einige Soldaten von der Missionsinsel. Sie hatten recht, es sind alles Spanier aus La Guaira. Aber nach diesem Mißerfolg werden die Dons San Felipe in Ruhe lassen müssen. Alle Welt weiß jetzt, was sie vorhatten. Ihre Köpfe werden ziemlich locker sitzen, wenn ihr König erst von dem Desaster hier erfährt.»

Bolitho lehnte sich im Stuhl zurück und rieb sich die Augen. Immer noch glaubte er, Rauch zu riechen, Alldays mühsames, schmerzverzerrtes Lächeln zu sehen.

Er sagte:»Morgen setze ich meinen Bericht an Sir Hayward Sheaffe auf. Danach ist der Rest Sache des Parlaments. «Beim Geräusch von Schritten blickte er scharf hoch, aber es war nur die Wache, die über ihnen auf und ab ging.

Trotz seiner Vergangenheit war Tuson ein guter Arzt, das hatte er mehrfach bewiesen. Wenn doch nur. Aber Bolitho verbot sich diese Gedanken.

Er sagte:»Es tat mir leid, von Jethro Tyrrells Verlust zu hören.»

«Er trägt es tapfer, Sir. «Keen zögerte.»Aber er bittet darum, daß Sie ihn empfangen.»

Die Tür zum Nebenraum öffnete sich, und Adam betrat lautlos die Tageskajüte.

«Wie geht's ihm?«fragte Bolitho.

Adam hätte gern Tröstliches berichtet, konnte aber nur antworten:

«Er ist immer noch bewußtlos, und Mr. Tuson meint, die Atmung ist zu unregelmäßig. «Er blickte zu Boden.»Ich habe den Arzt ausgefragt, aber…»

Bolitho erhob sich mit bleiernen Gliedern. Von Georgetown schimmerte Licht herüber. Ob die Bewohner immer noch schweigend am Ufer beisammenstanden und zum Schiff starrten? Die ganze Zeit seit dem Angriff hatten sie sich so verhalten — ob aus Mitgefühl oder aus schlechtem Gewissen, das wußte er nicht; es kümmerte ihn auch nicht.

Adam sprach immer noch.»Allday und ich gerieten einmal in Gefangenschaft, Sir. «Er richtete seine Worte an Keen, den Blick aber auf Bolitho.»Später sagte er dann zu mir, damals hätte er zum ersten und einzigen Mal Bekanntschaft mit der Peitsche gemacht. Das schien er für einen Scherz zu halten.»

Keen nickte.»Typisch für ihn.»

Bolitho ballte die Fäuste. Sie wollten ihm helfen, machten aber alles nur noch schlimmer.

Abrupt sagte er:»Ich gehe zu ihm. Ihr beide ruht euch jetzt besser aus. Kümmere dich um die Brandwunde, Adam. In diesem Klima. «Er ließ den Satz unvollendet.

Keen ging voran durch die Tür und fragte über die Schulter:»Fällt Ihnen die Stille an Bord auf? Dabei heißt es immer, Schiffe bestünden nur aus Holz und Kupfer.»

Adam nickte, froh darüber, daß sein Gesicht unter dem Hüttendeck im Schatten blieb. Selbst jetzt hatte Bolitho an seine verbrannte Schulter gedacht. Es war unglaublich.

Bolitho öffnete die schmale Tür und betrat seine Schlafkajüte. Das Schiff lag so reglos an seiner Muring, daß es sich kaum bewegte.

Tuson, der eine kleine Arzneiflasche ans Lampenlicht gehalten hatte, wandte sich bei Bolithos Eintritt um.

«Unverändert, Sir. «Das klang wie ein Vorwurf.

Bolitho blickte auf das Lager nieder, auf dem er so viele Nächte gegrübelt hatte. Allday war dick bandagiert und lag mit seitlich gedrehtem Kopf da, wohl damit er leichter atmen konnte. Bolitho berührte seine eiskalte Stirn und versuchte, sein Erschrecken zu verbergen. Die Haut fühlte sich schon an wie die eines Toten.

Leise berichtete Tuson:»Der Stich hat die Lunge knapp verfehlt,

Sir. Gott sei Dank, daß es offenbar eine saubere Schneide war. «Und als Bolithos Gestalt in den Schatten zurücktrat:»Möchten Sie, daß ich bei ihm bleibe, Sir?»

«Nein. «Bolitho wußte, daß noch viele Verwundete Tusons Hilfe benötigten.»Aber vielen Dank.»

Tuson seufzte.»Bin sofort da, wenn Sie mich brauchen.»

Bolitho folgte ihm in die Tageskajüte hinaus.»Sagen Sie es mir offen.»

Tuson schlüpfte in seinen einfachen blauen Rock.»Ich kenne ihn nicht so gut wie Sie, Sir. Er scheint mir ziemlich kräftig zu sein, aber es ist eine schwere Verwundung. Die meisten wären ihr an Ort und Stelle erlegen. Es tut mir aufrichtig leid.»

Als Bolitho wieder aufblickte, war Tuson schon gegangen, hinunter ins Orlopdeck, in die Einsamkeit seines Lazaretts.

Aber Ozzard drückte sich noch in der Kajüte herum.»Brauchen Sie etwas, Sir?»

Erst jetzt gewahrte Bolitho seine schmächtige Gestalt. Auch Ozzard bangte um Allday, das sah man ihm an.»Was hat Allday am liebsten getrunken?»

Ozzards feuchte Augen leuchteten auf.»Tja, Sir — Rum natürlich. War einem guten Schluck nie abgeneigt. «Verlegen gestikulierte er. »Ist einem guten Schluck nie abgeneigt, meine ich.»

Bolitho nickte. Das war wieder einmal kennzeichnend für Allday. In kritischen oder gefährlichen Augenblicken, zu traurigen oder fröhlichen Anlässen hatte er ihm oft Brandy angeboten. Und Allday hatte akzeptiert, obwohl ihm doch Rum sehr viel lieber gewesen wäre.

Leise sagte er:»Dann holen Sie bitte Rum, Ozzard. Und sagen Sie dem Zahlmeister: vom besten.»

Bolitho saß neben Alldays Lager, die Tür zur Nachbarkajüte der besseren Lüftung wegen halb offen, als Ozzard mit einem kupfernen Krug zurückkehrte. Bei der Hitze wurde ihm von dem starken Aroma fast schwindlig.

Bolitho versuc hte, sich auf die Aufgaben des nächsten Tages zu konzentrieren, auf Tyrrells Zukunft, aber er sah immer nur Belindas Gesicht bei ihrem Abschied vor sich, wie sie Allday gebeten hatte, ihm und Adam beizustehen. So viele Reisen hatten sie gemeinsam gemacht — und erst letztes Jahr waren sie in Frankreich in Gefangenschaft geraten. Es war Allday gewesen, der den todkranken John Ne ale auf seinen Armen getragen hatte, dessen Willensstärke und Zuversicht ihnen Mut und Zusammenhalt gegeben hatte. Und er erinnerte sich an seine Kadettenjahre: Damals hatte er es als ganz selbstverständlich angenommen, daß einem Admiral niemals Kummer und Selbstvorwürfe zu schaffen machten.