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Spears Herz schlug langsam, so mühevoll, als müsse es gegen einen unsichtbaren Widerstand ankämpfen, und er spürte, wie seine Kräfte mit jeder Minute mehr nachließen. Er war müde, und es war eine ganz andere Müdigkeit, als er sie jemals zuvor verspürt hatte; eine Müdigkeit, der ein Schlaf folgen würde, aus dem er nie mehr erwachte. Das Schiff erbebte ununterbrochen unter seinen Füßen, und sein Rücken schmerzte unerträglich, denn er stand seit mehr als einer Stunde reglos hinter dem Volant im Salon der NAUTILUS und wagte sich nicht weiterzubewegen, als nötig war, um durch einen schmalen Spalt in dem Samtstoff hinauszuschauen.

Der Salon war voller Männer, die Dinge taten, die er nicht verstand. Das Schiff zitterte und bebte ununterbrochen, und manchmal liefen dumpfe, dröhnende Schläge durch seinen Rumpf. Vor den gewaltigen Bullaugenfenstern war ein grünes, unheimliches Licht erschienen; ein Licht, in dem es von Zeit zu Zeit grell aufblitzte, und manchmal glaubte er gewaltige schwarze Schatten auf das Schiff zurasen zu sehen. Spears begriff, daß sich die NAUTILUS in einer Schlacht befand.

Er verstand nicht, wogegen sie kämpfen mochte, hier, zahllose Fuß unter dem Meeresspiegel, aber er wußte, daß seine Chance heran war; gleich, wie der bizarre Kampf ausging.

Bald. Sehr bald.

Seine Hand schloß sich fester um den wuchtigen Schraubenschlüssel.

Das Wasser schoß mit ungeheurer Wucht herein und verwandelte den fünfeckigen Raum von einem Sekundenbruchteil auf den anderen in ein Chaos aus Lärm, weiß schäumender Gischt und tobenden Wogen. Ich sah kaum noch, wie Dagon von der brodelnden Flut erfaßt und davongeschleudert wurde, dann erreichte die brodelnde Flutwelle auch meinen Standort, riß mich von den Füßen und wirbelte mich wie ein Spielzeug herum. Ich sah einen Schatten auf mich zurasen, dann traf irgend etwas meinen Rücken, trieb mir die Luft aus den Lungen und ließ mich für Sekunden das Bewußtsein verlieren.

Ich muß wohl instinktiv die Luft angehalten haben, denn ich erwachte durch die Atemnot. Der Raum war noch immer von chaotisch brodelnden Wassermassen erfüllt, die mich wie ein trockenes Blatt nach Belieben hin und her schleuderten, aber über mir war ein fünfeckiges Stück silbergrünen Himmels. Ich schwamm darauf zu, durchstieß mit dem Kopf die Wasseroberfläche und atmete gierig ein.

Schwärze umgab mich. Aus der Tiefe drang das schwache Licht der Leuchtalgen empor, aber über mir war nichts als absolute Finsternis, und als ich den Arm hob, fühlte ich rauhen Stein dicht über meinem Kopf. Ich war in einer Luftblase gefangen, die sich dicht unter der Spitze des Pyramidenbaues gebildet hatte.

Zwei, drei Minuten verharrte ich wassertretend auf der Stelle und wartete, bis sich mein Atem wieder einigermaßen beruhigt hatte. Rings um mich herum schäumte und brodelte das Wasser noch immer, und in unregelmäßigen Abständen erzitterte der ganze, gewaltige Bau wie unter den Hieben eines unsichtbaren Riesen. Ich begriff nicht, was geschehen war - ein unter-seeisches Beben vielleicht, vielleicht aber auch... Vielleicht hatte Dagon sich getäuscht, und die THUL SADUUN waren ihm schon nähergekommen, als er geglaubt hatte.

Ich verscheuchte den Gedanken. Zuerst einmal mußte ich hier heraus. Die Luftblase war nicht sehr groß, und selbst wenn die Wände den unablässigen Stößen und Erschütterungen weiter standhielten, würde der Sauerstoff nur noch für wenige Minuten reichen. Ich mußte Nemos Oxygentank finden, wenn ich das Tageslicht jemals wiedersehen wollte!

Entschlossen sog ich die Lungen voller Luft, tauchte unter und schwamm gegen die brodelnde Strömung an. Meine Augen, jetzt nicht mehr vom Glas der Tauchermaske geschützt, begannen fast sofort zu schmerzen, und ich sah im grünen Schein der Algen nur verschwommen. Dazu kam, daß sich der Raum völlig verändert hatte. Ein Teil der Wände war eingestürzt, so daß ich den See und die versunkene Stadt durch die gewaltigen Breschen erkennen konnte, das Wasser hatte Schlamm und Fetzen von Tang und Algen hereingetragen, und überall lagen Trümmer herum.

Und von meinem Atemgerät war keine Spur zu sehen. Ich blieb so lange unter Wasser, wie ich nur konnte. Erst al meine Lungen zu platzen drohten und ich nichts mehr sah außer flammenden Feuerrädern, tauchte ich auf, atmete ein paarmal tief ein und aus - und tauchte zum zweitenmal hinab.

Unter mir blitzte Metall im wogenden Grün. Ich warf mich herum, stemmte mich mit aller Gewalt gegen die noch immer sehr starke Strömung und erreicht mit letzter Kraft den Hallenboden.

Aber das Blitzen von Metall war nicht mein Atemgerät gewesen. Zwischen den zerborstenen Steinen lag ein kinderhandgroßes, in der Form eines fünfstrahligen Sternes gearbeitetes Amulett aus purem Gold. Wäre ich nicht unter Wasser gewesen, hätte ich vor Enttäuschung aufgeschrien. Trotzdem schloß ich die Hand um das Amulett und nahm es mit, als ich zum zweitenmal zu meiner Luftblase hinauftauchte. Wahrscheinlich war es Einbildung - aber in diesem Moment war ich sicher, daß die Luft bereits merklich verbrauchter schmeckte und ich tiefer und mühsamer einatmen mußte, um wieder zu Atem zu kommen. Das Gebäude bebte noch immer unter mir, und plötzlich erscholl ein peitschender Knall, und ein fingernagelgroßes Stück Stein brach aus der Wand direkt vor meinem Gesicht, gefolgt von einem weißen, gischtenden Wasserstrahl, der mit ungeheurer Kraft hereinbrach. Verzweifelt warf ich den Kopf herum, um nicht getroffen zu werden, denn ich wußte, welchen Schaden Wasser anrichten konnte, wenn es unter einem so enormen Druck stand. Als ich diesmal in die Tiefe tauchte, wußte ich, daß es mein unwiderruflich letzter Versuch war. Die Luftblase würde nicht mehr da sein, wenn ich das Oxygengerät nicht fand und erneut auftauchte.

Ich schwamm, wie nie zuvor in meinem Leben. Das Wasser griff immer wieder mit unsichtbaren Fäusten nach mir, versuchte mich gegen die Wände zu schmettern und wirbelte mich herum, aber ich kämpfte mich tiefer hinunter, starrte wild hierhin und dorthin und zermarterte mir das Gehirn nach der Stelle, an der ich den Tank abgelegt hatte. Aber unter mir war nichts. Nichts außer zerborstenem Fels und wirbelndem Schlamm.

Meine Kräfte begannen zu erlahmen. Der Druck auf meinen Lungen wurde unerträglich, und in meinen Eingeweiden erwachte ein wühlender, immer schlimmer werdender Schmerz. Noch Sekunden, und ich würde den Mund öffnen und das tödliche Wasser einatmen und...

Ein Schatten schoß auf mich zu. Schlanke, unmenschlich starke Hände ergriffen mich an den Schultern, zerrten mich herum und ein Stück weiter in die Tiefe. Etwas blitzte silbern und golden vor mir auf, und plötzlich war bitter schmeckender Kautschuk zwischen meinen Lippen, und ein Strom köstlich kühler Atemluft vertrieb die flammende Lava aus meinen Lungen.

Aber es dauerte noch Sekunden, ehe der helle Fleck vor meinen Augen zu Dagons Gesicht gerann. Ich fühlte mich schwach wie ein neugeborenes Kind und hatte kaum die Kraft, die Arme zu heben, als er den Oxygentank auf meinen Rücken wuchtete und die Halteriemen festzuzurren versuchte. Nur ganz langsam wich die Benommenheit aus meinem Kopf.

»Alles in Ordnung?«

Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, daß es Dagons Stimme war, die ich vernahm - bis ich begriff, daß es überhaupt eine menschliche Stimme war. Natürlich kann man unter Wasser reden - warum auch nicht? -, aber die allerwenigsten Menschen haben jemals die verblüffenden akustischen Effekte erlebt, die dies mit sich bringt.

Ich nickte, suchte mit den Füßen festen Halt, hob die Hände, ergriff Dagons Kopf...

und schlug ihn so wuchtig gegen einen Felstrümmer, wie ich konnte. Der Fischmensch erschlaffte in meinem Griff, ohne auch nur den Versuch einer Gegenwehr gemacht zu haben. Sein Kopf fiel haltlos zur Seite, und aus einer Platzwunde an seiner Schläfe quoll wolkiges Blut und färbte das Wasser um ihn herum rosa.