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Bannermann nickte. »Die NAUTILUS.«

Überrascht blieb ich stehen. »Woher wissen Sie davon?«

»Ich weiß eine Menge«, antwortete Bannermann lächelnd. »Ich hatte nicht sehr viel zu tun in den letzten Tagen. Und Dagon ist ein redseliger Bursche.«

»Sie kennen ihn?«

»Warum nicht?« erwiderte Bannermann. »Ich weiß, daß Sie ihn für ein Ungeheuer halten, und wahrscheinlich haben Sie verdammt recht damit, Craven. Aber er ist trotzdem ein Mensch. Ein ziemlich einsamer Mensch.« Plötzlich trat ein sonderbarer Ausdruck in seine Augen. »Wissen Sie, daß er mich gefragt hat, ob ich nicht bei ihm bleiben will?«

»Und was haben Sie geantwortet?« fragte ich.

»Noch nichts«, sagte Bannermann, ohne mich dabei anzusehen. »Die Dagon ist ein phantastisches Schiff. Und sie werden Seeleute brauchen dort, wo sie hingehen.«

»Sind Sie verrückt, Bannermann?« entfuhr es mir. »Reicht es nicht, daß diese Wahnsinnigen dort unten mit offenen Augen in ihr Unheil rennen?«

»Wer sagt das?« erwiderte Bannermann ruhig. »Woher wollen Sie wissen, daß nicht Sie es sind, der sich irrt, und diese Menschen recht haben?« Er lachte, aber es klang alles andere als amüsiert. »O ja, Craven, ich kann mir sehr gut vorstellen, was Sie jetzt denken. Aber Sie begehen einen Fehler, wenn Sie von sich auf alle anderen schließen. Nicht jeder hat so viel zu verlieren wie Sie. Die meisten dieser Leute sind ihr Leben lang bitter arm gewesen, und der einzige Luxus, den sie jemals kennengelernt haben, war der, einmal ein paar Tage ohne Angst zu leben oder keinen Hunger zu haben.«

»Sie übertreiben, Bannermann«, sagte ich.

Bannermann machte eine zornige Handbewegung. »Mag sein, aber es ist trotzdem so. Wieso maßen Sie sich an, diesen Menschen das letzte bißchen Hoffnung zu nehmen, das ihnen geblieben ist?«

»Und McGillycaddy?« fragte ich.

Bannermanns Gesicht verdüsterte sich. »Er und seine Mörderbande sind Verbrecher«, sagte er. »Kriminelle, die die Macht ausgenutzt haben, die ihnen gegeben wurde. Früher oder später werden sie ihre gerechte Strafe erhalten. Diese Menschen dort unten haben doch nicht gelernt, wie es ist, ohne Furcht zu leben. Aber sie werden es lernen.«

Ich sah ihn ungläubig an. »Das... hört sich an, als hätten Sie sich bereits entschlossen, was Sie Dagon antworten werden«, murmelte ich.

Bannermann antwortete nicht, aber er wich meinem Blick auch nicht aus, sondern starrte mich so fest und beinahe trotzig an, daß schließlich ich es war, der sich umwandte und schnell weiterging.

Als ich die Treppe hinunter zum Passagierteil in Angriff nehmen wollte, hielt mich Bannermann noch einmal zurück.

»Hören Sie, Craven«, begann er. »Ich denke, es ist besser, wenn Sie noch niemandem sagen, was dort oben vorgefallen ist. Wir sollten eine Panik vermeiden.«

Ich widersprach nicht. Das war nicht der wahre Grund, das spürte ich genau, aber ich glaubte auch zu wissen, daß Bannermann seine Gründe hatte, so zu handeln. Und, verdammt, ich mußte allmählich aufhören, hinter jedem Gesicht und jedem freundlichen Wort Verrat und Betrug zu wittern. Wenn ich schon anfing, meinen eigenen Freunden zu mißtrauen, konnte ich gleich aufgebenl »Und noch etwas«, sagte Bannermann, als ich weitergehen wollte. »Sagen Sie McGillycaddy und seiner Bagage noch nicht, daß ich hier an Bord bin. Er hat nämlich keine Ahnung, und ich möchte noch eine kleine Überraschung für ihn vorbereiten.«

Das Tor hatte sich wieder geschlossen. Wo vor Sekunden noch das grünliche Flimmern der Ewigkeit gewogt und Schatten aus dem Nirgendwo in die Welt der Lebenden gegriffen hatten, war jetzt wieder eine massige, aus uralten rissigen Bohlen gefertigte Tür. Das einzige Auffallende an ihr war das komplizierte, aus Gold und edlen Steinen gefertigte Siegel, das dort prangte, wo ihr Schloß sein sollte.

Shannon und die sechs Krieger waren gegangen, um im selben Augenblick an einem Ort, mehr als zehntausend Meilen entfernt auf der anderen Seite der Welt, wieder aufzutauchen. Necron taumelte.

Es war ihm niemals leicht gefallen, nur kraft seines Willens ein Tor zu öffnen, etwas, wozu andere wochenlange Beschwörungen und die kompliziertesten Vorbereitungen nötig gehabt hätten. Aber heute war es ungleich schwerer gewesen; ein Vorhaben, das selbst seine Kräfte beinahe überstieg und ihn ausgelaugt und bis an die Grenze echten körperlichen Schmerzes erschöpft zurückließ.

Die wuchtige Eichenholztür und die graue, spröde gewordene Wand, in die sie eingelassen war, begannen vor seinen Augen zu verschwimmen, und auf seiner Zunge lag ein widerlicher Geschmack wie nach Kupfer. Sein Herz jagte. Dabei war es nicht einmal so sehr die Anstrengung gewesen, das Siegel zu öffnen. Aber er hatte das andere gespürt, den fremden Einfluß, der plötzlich da war wie eine unsichtbare Hand, die seinen Griff sprengen und das Tor, das Transportsystem der GROSSEN ALTEN in etwas anderes, Fremdes verwandeln wollte.

War es schon soweit?

Er hatte sehr lange auf diesen Augenblick gewartet, aber jetzt, als er heran war, mußte er sich eingestehen, daß er nichts über ihn wußte. Die Sterne standen günstig, und alle Zeichen sagten, daß dies der Moment war, aber keines von ihnen sagte ihm, was er tun mußte, welche Gefahren ihm auf dem Weg begegnen mochten und wie er ihnen widerstehen konnte. Schaudernd wandte sich der alte Mann um und ging zurück zu seinem Tisch, auf dem der Stapel von Büchern und Pergamenten weiter angewachsen war. Auch sie halfen ihm nicht weiter. Selbst die ältesten der alten Schriften schwiegen, und selbst im NECRONOMICON, dem Buch der Bücher, war nichts über die SIEBEN SIEGEL DER MACHT zu finden; nicht mehr als er ohnehin wußte: daß es sie gab und daß er sie brauchte, wollte er nicht scheitern und einen furchtbaren Preis dafür zahlen.

Sein Blick suchte die Schatten, die wie finstere Spinnentiere in den Ecken nisteten. Natürlich waren sie leer, und natürlich waren sie nichts weiter als die Abwesenheit von Licht - und trotzdem erfüllten sie ihn mit einer unglaublichen Furcht, wußte er doch, was sich dahinter verbarg. Du bist noch nicht fertig, wisperten die Schatten. Da ist noch etwas, das du tun mußt.

Necron nickte. Er war, sich nicht sicher, ob er die Stimme wirklich gehört hatte oder ob sie seiner Phantasie entsprang, aber das blieb sich gleich. Ob er zu ihm sprach oder nicht, er war da, körperlos und unsichtbar, überall zugleich und doch nirgends, und nicht die geringste seiner Handlungen, nicht der geheimste seiner Gedanken konnte seiner Aufmerksamkeit entgehen.

Fast hätte er gelacht. Was würden sie wohl denken, all die unzähligen, die sich vor Furcht krümmten, wenn sie auch nur seinen Namen hörten? Was würden sie sagen, wenn sie wüßten, daß auch ihm, Necron, dem Herren der Schatten und der Nacht, dem Mann, dessen Name Furcht und Tod war, die Angst ein wohlvertrauter Freund war? Daß auch er seine Tage in Furcht verbrachte; Furcht vor einem Wesen, das so schrecklich war, daß sein bloßer Anblick einen normalen Menschen um den Verstand gebracht hätte? Aber sie wußten es ja nicht.

Necron atmete tief ein, beugte sich wieder über das aufgeschlagene Buch und begann mit seinem dürren Zeigefinger die Linien auf dem brüchigen Pergament abzufahren. Die Buchstaben, die er sah, gehörten zu keiner bekannten Sprache, zu keiner Schrift, die irgendein anderer Mensch auf der Welt zu entziffern in der Lage gewesen wäre. Für ihn waren sie so klar wie gedruckte Worte. Nur tausendmal furchtbarer in ihrer Bedeutung. Selbst er zögerte, als sein Finger die gesuchte Zeile fand und unter den unheiligen Worten verharrte. So mächtig er war, hatte er bisher nie gewagt, diesen Fluch auszusprechen, den Bann zu lösen und den UNAUSSPRECHLICHEN zu befreien. Aber sein Zögern währte nur einen Augenblick. Was getan werden mußte, duldete keinen Aufschub. Seine Feinde waren listig und schlau, und Necron hatte nie zu denen gehört, die den Fehler begingen, ihre Gegner zu unterschätzen. Er konnte sich keinen Fehler leisten. Wenn er versagte, dann erwartete ihn ein Schicksal, das hundertmal schlimmer war als die Hölle der Christen.