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Sein Knie kollidierte, von den ganzen mehr als zwei Zentnern seines Körpergewichts getrieben, mit der Wand. Roosfeld keuchte - allerdings wohl mehr vor Wut als vor Schmerz -, fuhr mit einem ärgerlichen Zischen herum und schlug mit der flachen Hand nach mir.

Ich fing seinen Arm auf, knickte in den Hüften ein und drehte mich gleichzeitig halb um meine Achse. Roosfeld wurde von seinem eigenen Schwung von den Füßen gerissen, kugelte über meinen plötzlich gekrümmten Rücken und landete unsanft auf dem Boden.

Aber nur, um sofort wieder aufzuspringen. In seinen Augen stand eine Mischung aus Staunen und langsam aufkeimender Wut. »So ist das also«, sagte er. »Unser kleiner Spion ist ein ganz schlauer, wie? Wenn du die harte Tour bevorzugst, Craven - das kannst du habenl«

Ich duckte mich, hob die linke Hand schützend vor den Leib und ließ die andere langsam vor meinem Gesicht kreisen. Meine Nerven waren bis zum Zerreißen angespannt. Roosfeld war ein Gegner, der nicht zu unterschätzen war. Ich hatte ihn überrascht mit einer Gegenwehr - und vor allem einer Art der Gegenwehr, die er nicht erwartet hatte. Jetzt war er gewarnt. Und wenn er mich zu fassen bekam, war es um mich geschehen.

»Seien Sie vernünftig, Roosfeld«, sagte ich. »Niemanden ist gedient, wenn einer von uns ernsthaft verletzt wird.«

Roosfeld reagierte ganz genau so, wie ich erwartet hatte - er griff mich an. Aber niemand sollte hinterher sagen, daß ich ihn nicht gewarnt hätte.

Wie ein zorniger Bulle stürmte er heran. Ich hatte das Gefühl, den Boden unter seinen Schritten beben zu spüren. Ich tat so, als wolle ich ihm ausweichen, sprang plötzlich auf ihn zu und ließ mich rücklings zu Boden fallen. Mein linkes Bein vollführte eine halbkreisförmige, blitzschnelle Bewegung und traf seine Kniekehle. Roosfeld fiel, wälzte sich herum - und verlieh dem Tritt, den ich auf sein Kinn gezielt hatte, so noch mehr Wucht.

Trotzdem kamen wir beinahe gleichzeitig auf die Füße.

Roosfelds Gesicht hatte alle Farbe verloren. Seine linke Augenbraue war aufgeplatzt. Blut lief über sein Gesicht. »Du Schwein!« keuchte er. »Du verdammter englischer Bastard!«

»Hören Sie endlich auf!« sagte ich schweratmend. Ich begann die Anstrengung des kurzen Kampfes bereits zu spüren. Mein Puls raste. Ich würde nur noch Augenblicke durchhalten. »Hören Sie auf, Roosfeld!« sagte ich noch einmal. »Oder Sie zwingen mich, Sie ernsthaft zu verletzen. Sie... Sie sind kein Gegner für mich. Ich kann es mir nicht leisten, Sie zu schonen.«

Roosfeld stürmte heran, mit hocherhobenen Fäusten, das Gesicht zu einer Fratze verzerrt. Ich sprang zur Seite, wich einem Fausthieb aus, packte seinen Arm und verdrehte ihn nach hinten.

Der Niederländer brüllte auf, fiel auf den Rücken und wälzte sich herum, die Hand auf den verrenkten Arm gepreßt. Einen Moment lang lag er schreiend da, strampelte mit den Beinen und warf sich hin und her, dann stemmte er sich auf die Knie hoch. Ich sprang auf ihn zu, packte ihn mit der Linken beim Kragen und schmetterte ihm den Handballen der Rechten unter das Kinn. Roosfeld keuchte, verdrehte die Augen und erschlaffte unter meinen Händen.

Länger als eine Minute blieb ich über ihn gebeugt hocken, atmete keuchend und wartete, daß die Welt aufhörte, sich um mich herum zu drehen. Langsam beruhigte sich mein hämmernder Pulsschlag. Vorsichtig richtete ich mich auf, drehte Roosfeld auf den Rücken und untersuchte ihn, so gut es mir möglich war.

Er war ohne Bewußtsein, aber er lebte. Seine Stirn fühlte sich heiß an und über seinem rechten Ellbogen begann sich das Hemd dunkel zu färben. Für die nächsten Wochen, dachte ich mit grimmiger Befriedigung, würde er keine wehrlosen Männer mehr zusammenschlagen.

Ich stand wieder auf, blieb noch einen Moment mit geschlossenen Augen stehen und wandte mich dann zur Tür. Ich hörte nicht den geringsten Laut, als ich das Ohr gegen das morsche Holz preßte und lauschte. Aber ich war sicher, daß die beiden Soldaten noch draußen standen.

Entschlossen trat ich einen Schritt von der Tür zurück, hob den Arm und klopfte. Es vergingen nur Sekunden, bis ich Kies unter harten Stiefelsohlen knirschen hörte, dann klirrte ein Schlüssel im Schloß.

»Was treibst du da drinnen, Roosfeld?« fragte eine tiefe Stimme. »Du machst einen Lärm, als wäre ein ganzes Bataillon Kaffern bei dir. Du weißt doch, daß Tergard ihn lebendig zurückhaben...«

Die Tür schwang auf, und der Rest des Satzes blieb den Soldaten im Halse stecken, als er mich erkannte. Ich gab ihm genau eine halbe Sekunde Zeit, mit seinem Schrecken fertig zu werden. Dann schlug ich ihn nieder, sprang mit einem Satz aus der Hütte und versetzte auch seinem Kameraden einen Kinnhaken, der ihn für mindestens zwei Stunden außer Gefecht setzten mußte.

Hastig sah ich mich um, aber das Gelände rings um die Hütte war frei, so weit ich sehen konnte. Roosfeld und seine beiden Männer waren die einzigen gewesen, die zu dieser nachtschlafenden Zeit noch auf den Beinen waren. Einen Moment lang musterte ich den Drahtverhau, der das gesamte Gelände der Garnison umschloß und dicht hinter der Hütte entlangführte. Natürlich gab es Wachen, und ein Stück weiter westlich ragte sogar das Holzgerippe eines Wachturms in den Nachthimmel, aber trotzdem wäre es kein nennenswertes Problem gewesen, aus dem Lager zu entkommen. Bis Roosfeld oder einer der beiden anderen erwachte, konnte ich schon meilenweit weg sein.

Aber ich wandte mich nicht dem Zaun zu. Statt dessen huschte ich zurück zum Hauptgebäude. Ich hatte noch etwas zu erledigen.

Eine harte Hand lag auf seinem Mund, als Eldekerk erwachte, und das erste, was er sah, waren Shannons Augen, in denen ein warnender Ausdruck stand: Er wollte sich aufrichten, aber der Fremde drückte ihn grob zurück und legte den Zeigefinger auf die Lippen.

»Alles wieder in Ordnung?« fragte er. »Sie werden nicht schreien?«

Eldekerk signalisierte mit den Augen ein Nicken, und Shannon zog nach abermaligem Zögern seine Hand zurück; Eldekerk atmete tief ein. »Was... was ist passiert?« flüsterte er.

»Ich mußte Sie betäuben«, antwortete Shannon ebenso leise. »Sie haben geschrien. Aber das war nicht Ihre Schuld. Ich hätte Sie warnen müssen. Es tut mir leid. Mein Fehler.«

Die Worte weckten die Erinnerung wieder. Eldekerk fuhr zusammen, richtete sich mit einem Ruck auf und starrte nach rechts, dorthin, wo die furchtbare Erscheinung gewesen war. Aber der Höhleneingang war jetzt leer. Nur das unheimliche rote Glühen aus dem Inneren des Berges war geblieben. Als er den Blick wandte und zum Meer sah, erkannte er, daß auch die Schiffe verschwunden waren.

»Wie lange war ich bewußtlos?« murmelte er.

»Nicht lange«, antwortete Shannon. »Eine halbe Stunde - ungefähr.«

»Wo sind die Schiffe?« flüsterte Eldekerk. »Und dieses... diese Kreatur. Mein Gott, Shannon - was war das? Das... das war doch kein Mensch.«

Shannon lächelte, aber er tat es auf eine so sonderbare Art, daß Eldekerk erneut einen raschen, eisigen Schauer von Furcht verspürte. »Ja und nein«, antwortete er geheimnisvoll. »Es... würde zu weit führen, Ihnen jetzt alles erklären zu wollen. Sie werden es verstehen, später. Kommen Sie.«

Er stand auf und zog Eldekerk auf die Füße. Eldekerk blieb stehen, als er begriff, in welche Richtung ihn Shannon ziehen wollte.

»Sie... Sie wollen doch nicht dort hineingehen?« keuchte er. Seine Augen weiteten sich vor Schrecken, während er den Höhleneingang anstarrte. Er war jetzt sicher, daß das rote Glühen im Inneren des Berges zugenommen hatte. Roch die Luft nicht schon ganz sacht nach verbranntem Fels? Und war das Zittern unter seinen Füßen wirklich nur das Beben der Brandung?

»Ich will, und ich muß«, antwortete Shannon ruhig. »Und Sie werden mich begleiten.«