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»Das ist... unheimlich«, murmelte Roosfeld neben ihm. Seine Stimme bebte vor Angst. »Was sind das für... für Wesen?«

»Die Boten des Satans«, antwortete Tergard, und die Stille fing seine Worte auf und schien ihnen einen neuen, angstmachenden Inhalt zu verleihen. »Teufelswerk, Roosfeld«, sagte er.

»Das ist alles nicht richtig«, sagte Roosfeld nach einer Weile.

Tergard wandte den Kopf und blickte ihn scharf an. »Was willst du damit sagen?«

»Nichts«, versicherte Roosfeld heftig. »Es ist nur...«

»Ja?« Tergards Stimme klang lauernd, und Roosfeld registrierte ihren veränderten Klang sehr wohl.

»Wir kämpfen im Namen Gottes«, sagte er unsicher. »Es ist nicht richtig, wenn wir mit dem Teufel gemeinsame Sache machen.«

»Wir machen keine gemeinsame Sache mit ihm«, belehrte ihn Tergard, laut und in sehr scharfem Ton. »Wir benutzen das Böse, um es am Ende gegen sich selbst zu richten, Roosfeld. Es wird sich selber zerstören. Das ist das Wesen des Bösen. Es vernichtet sich immer selbst.«

Roosfeld antwortete nicht, aber wieder schien es Tergard, als antworte statt seiner die Stille auf seine Worte.

Und er war fast sicher, ein ganz leises, aber sehr sehr böses Lachen durch die Nacht wehen zu hören.

Die Hütte war weitaus geräumiger, als ihr Äußeres hatte vermuten lassen, und die Majunde waren um ein Gutteil gastfreundlicher, als ihr barbarisches Aussehen erwarten ließ. Yo Mai und die vier Männer, die uns zu dem kleinen Rundbau am Ufer des Sees begleiteten, ließen keinen Zweifel daran, daß wir Gefangene waren und uns als solche zu benehmen hatten, aber wir wurden trotzdem mit großer Freundlichkeit behandelt, und nach einer Weile kam sogar eine Majunde-Frau und brachte uns Wasser und zu essen, beides in geschickt gefalteten Palmblättern.

Danach sahen wir für gute zwei Stunden niemanden mehr; bis auf die beiden Wachen natürlich, die mit steinerner Miene und untergeschlagenen Beinen auf der anderen Seite der Hütte hockten und das Kunststück fertigbrachten, uns unentwegt anzustarren und dabei so zu tun, als gäbe es uns gar nicht. Wovon wir keine Spur sahen, war Eldekerk. Ich wandte mich mit einer entsprechenden Frage an Shannon, aber er zuckte nur mit den Schultern.

»Wahrscheinlich hat er das Weite gesucht, bei der ersten Gelegenheit«, sagte er. »Ich kann es ihm nicht verdenken. Die fylajunde kennen ihn - er ist einer der wenigen Weißen, die hierher kommen können, ohne sofort umgebracht zu werden. Aber er ist kein tapferer Mann.«

»Oh«, sagte ich mit einem schiefen Lächeln. »Das bin ich auch nicht. Es gibt Dinge, die es einem abgewöhnen können, tapfer...«

»Still!«

Shannon richtete sich kerzengerade auf, hob warnend die Hand und starrte zum Ausgang hinüber, und aus den Augenwinkeln sah ich, wie auch die beiden Majunde aus ihrer geschauspielerten Gleichgültigkeit auffuhren und wechselweise Shannon und den Ausgang anstarrten.

»Was ist los?« fragte ich. Aber ich bekam auch diesmal keine Antwort. Shannon stand auf und ging auf den Ausgang zu. Einer der beiden Majunde vertrat ihm den Weg, während der andere warnend nach seinem Messer griff.

Shannon begann wie wild zu gestikulieren. »Ich muß hinaus!« sagte er. »Etwas geschieht. Ihr... holt Yo Mai. Schnell!«

Natürlich verstanden ihn die beiden nicht, aber zumindest schienen sie den Namen Yo Mai zu verstehen, denn der, der Shannon zurückgehalten hatte, nickte plötzlich und bedeutete ihm mit einer befehlenden Geste, sich wieder zu setzen, während sein Kamerad geduckt aus der Hütte lief.

»Zum Teufel, was ist los?« fauchte ich.

Shannon starrte mich an und runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht«, gestand er. »Aber es ist... irgend etwas geht vor, Robert. Spürst du es nicht?«

Beinahe verzweifelt schüttelte ich den Kopf. Tergards Bann lahmte mein magisches Erbe noch immer, und ich spürte erst jetzt, wie hilflos und blind ich im Grunde war. Das Erbe meines Vaters war stärker in mir gewesen, als ich mir bewußt gewesen war, aber ich begann dies erst jetzt zu begreifen, nachdem ich es verloren hatte.

»Tergard?« murmelte ich.

Shannon schüttelte den Kopf und setzte zu einer Antwort an. Irn selben Moment zerriß ein gellender Schrei die Stille der Nacht.

Shannon, ich selbst und der Majunde fuhren in einer einzigen, erschrockenen Bewegung herum. Der Eingeborene rief ein Wort in seiner Muttersprache und begann mit seinem Messer zu fuchteln, als Shannon erneut zum Ausgang stürzen wollte; eine halbe Sekunde später hockte er auf dem Boden und starrte verblüfft seine leeren Hände an, während Shannon bereits an ihm vorbei war und aus der Hütte stürmte. Ich folgte ihm, so schnell ich nur konnte.

Als ich auf den Platz hinausstürzte, erscholl ein zweiter Schrei.

Und dann brach im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los.

Ein grelles, beinahe schmerzhaft intensives Licht ließ das Lagerfeuer im Zentrum des Dorfes verblassen. Die Erde begann zu zittern, und durch den Chor gellender Schreie, der mit einem Male losbrüllte, drang ein tiefes, mahlendes Stöhnen, ein Laut, der direkt aus der Erde hervorbrach, als winde sich die Insel wie ein gewaltiges leidendes Tier. Ein greller, weißorangefarbener Blitz zerriß die Nacht.

Im ersten Moment glaubte ich ernsthaft, einen Ausbruch des Krakatau zu erleben, aber dann ergriff Shannon meine Hand und riß mich herum, und als ich zum Nordrand des Eingeborenendorfes blickte, erkannte ich, was es wirklich war.

Dicht vor dem Waldrand, einer willkürlich gezackten Linie folgend, war der Erdboden aufgebrochen. Hitze und rotes Licht und Flammen, prasselnd und so hoch wie die gewaltigen Urwaldriesen dahinter, schössen aus der klaffenden Wunde im Erdreich, und noch während ich versuchte, den furchtbaren Anblick zu verarbeiten, bebte der Boden erneut, und der Riß verbreiterte sich, wurde zu einer zehn Yards breiten, lodernden Spalte, in der Lava wie grellrotes Blut emporstieg. Ein peitschender Ton erscholl, und der Riß im Boden wuchs, wurde von einer spinnenfingrigen Linie zu einem gewaltigen, feurigen Halbkreis, der das Dorf zum Dschungel hin abschloß und die Nacht mit Flammen und unglaublich intensivem Licht durchwob. Der ganze, schreckliche Vorgang dauerte nicht länger als wenige Sekunden, aber ich sah alles mit einer fast übernatürlichen Klarheit.

Unter den Majunde brach eine Panik aus. Der Boden zuckte und bebte immer stärker, und aus dem Riß loderten gewaltige Flammen, die wie mit feurigen Händen nach den fliehenden Eingeborenen griffen. Ich sah, wie einer der Männer von dem Gluthauch gestreift und zu Boden geworfen wurde, sich vier-, fünfmal überschlug und verzweifelt wieder auf die Beine zu kommen versuchte.

Er führte die Bewegung nie zu Ende.

Plötzlich schien eine unsichtbare Hand eine dünne, grellweiße Linie auf den Boden rings um ihn herum zu malen, einen unregelmäßigen Kreis von gut zwei Yards Durchmesser, der sich schneller schloß, als das Auge der Bewegung folgen konnte. Aus der bleistiftdünnen, weißen Linie wurde ein Spalt, der gezackte rote Blitze ins Innere des Kreises sandte, und plötzlich schössen Flammen aus der Erde, vereinigten sich zu einem tödlichen Kreis um den unglückseligen Majunde herum - und dann brach der Boden ein.

Es ging so schnell, als täte sich eine Fallgrube unter dem Mann auf. Der Boden zerbrach zu Hunderten kleinerer Brocken, zwischen denen zähflüssige Lava emporquoll, und mit einem Male war die Gestalt des Majunde verschwunden. Wo der Eingeborene gelegen hatte, gähnte ein zwei Yards messender, weißglühender Teich aus zischender Lava.

Lava, in deren Zentrum sich etwas bewegte!

Für einen winzigen Moment hatte ich den Eindruck eines großen wurmartigen Leibes, massig und in zahllose hell- und dunkelrot glühende Segmente gegliedert; ein Gigant, der sich in der weißglühenden Lava wand, ehe er wieder versank, eine gewaltige Stichflamme gegen den Himmel schleudernd.

»Mein Gott!« keuchte Shannon. »Was ist das?«