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en, wo der erste Toast zu Ehren der Königin des Festes ausgebracht wurde. Ich würde Ihnen zuerst diese Gäste schildern, wie sie in ein andächtiges, erwartungsvolles Stillschweigen versunken dasaßen, das mehr Ähnlichkeit mit demosthenischer Beredsamkeit hatte als mit Stillschweigen. Ich würde Ihnen dann Andrei Filippowitsch schildern als den vornehmsten Gast, der sogar ein gewisses Anrecht auf den ersten Platz besaß, wie er im Schmucke seiner grauen Haare und der zu diesen grauen Haaren passenden Orden von seinem Platze aufstand und das Glas mit funkelndem Weine glückwünschend über den Kopf hob, mit einem Weine, der extra aus einem fernen Königreiche eingeführt war, um bei ähnlichen Gelegenheiten getrunken zu werden, mit einem Weine, der göttlichem Nektar ähnlicher war als irdischem Weine. Ich würde Ihnen die Gäste und die glücklichen Eltern der Königin des Festes schildern, wie sie, dem Beispiele Andrei Filippowitschs folgend, ebenfalls ihre Gläser erhoben und erwartungsvoll die Augen auf ihn gerichtet hielten. Ich würde Ihnen schildern, wie dieser mehrfach erwähnte Andrei Filippowitsch zuerst eine Träne in sein Glas fallen ließ, seinen Glückwunsch aussprach, einen Toast ausbrachte und auf die Gesundheit des Geburtstagskindes trank... Aber ich bekenne, bekenne rückhaltlos, daß ich nicht imstande wäre, die ganze Feierlichkeit jenes Augenblickes zu schildern, als die Königin des Festes selbst, Klara Olsufjewna, glückselig und schamhaft errötend wie eine Frühlingsrose, in überströmendem Gefühle in die Arme ihrer zärtlichen Mutter sank, wie die zärtliche Mutter Tränen vergoß, und wie bei diesem Anlaß der Vater selbst schluchzte, der ehrwürdige alte Staatsrat Olsufi Iwanowitsch, der in seiner langjährigen Dienstzeit des Gebrauches der Beine verlustig gegangen war und vom Schicksal als Belohnung für so viel Eifer ein hübsches Kapital, ein Haus, ein paar Dörfer und eine außerordentlich schöne Tochter erhalten hatte; auch er schluchzte wie ein Kind und tat zwischen den Tränen den Ausspruch, daß Seine Exzellenz seine Freude daran habe, anderen Gutes zu tun. Ich wäre außerstande, ja, ich wäre entschieden außerstande, Ihnen die unmittelbar auf diesen Augenblick folgende allgemeine herzliche Begeisterung zu schildern, eine Begeisterung, die sogar in dem Verhalten eines jungen Registrators deutlich zum Ausdruck kam, der in diesem Augenblicke mehr einem Staatsrate als einem Registrator glich und, als er Andrei Filippowitschs Rede anhörte, ebenfalls in Tränen ausbrach. Seinerseits glich Andrei Filippowitsch in diesem feierlichen Augenblicke gar nicht einem Kollegienrate und Abteilungschef in einem Departement, nein, er hatte Ähnlichkeit mit etwas anderem, ich weiß nur nicht, womit eigentlich, aber nicht mit einem Kollegienrate. Er glich etwas Höherem! Endlich... o warum verstehe ich mich nicht auf die geheime Kunst des hohen, kräftigen Stiles, des feierlichen Stiles, damit ich all diese schönen, erbaulichen Momente des menschlichen Lebens darstellen könnte, die absichtlich dazu geschaffen zu sein scheinen, um zu beweisen, wie manchmal die Tugend über die Böswilligkeit, die Freigeisterei, das Laster und den Neid triumphiert! Ich werde nichts sagen, sondern schweigend (und das wird besser sein als alle Redekunst) Ihnen auf diesen glücklichen Jüngling hindeuten, der in seinen sechsundzwanzigsten Frühling eintritt, auf Wladimir Sewjonowitsch, Andrei Filippowitschs Neffen, der, als er an der Reihe war, sich von seinem Platze erhob und einen Toast ausbrachte, und auf den die weinenden Augen der Eltern der Königin des Festes, die stolzen Augen Andrei Filippowitschs, die verschämten Augen der Königin des Festes selbst, die entzückten Augen der Gäste und sogar die einen wohlanständigen Neid bekundenden Augen mehrerer junger Kollegen dieses vortrefflichen Jünglings gerichtet waren. Ich werde nichts sagen, obwohl ich nicht umhin kann zu bemerken, daß alles an diesem Jüngling (der mehr einem Greise als einem Jüngling glich, was in einem für ihn vorteilhaften Sinne gesagt sein soll), alles, von den blühenden Wangen bis zu dem Assessorrange, den er bekleidete, daß dies alles in diesem feierlichen Augenblicke davon Zeugnis ablegte, zu einer wie hohen Stufe gute Gesittung einen Menschen emporheben kann! Ich werde nicht beschreiben, wie endlich Anton Antonowitsch Sjetotschkin, der Tischvorsteher eines Departements, ein Kollege Andrei Filippowitschs und ehemals auch Olsufi Iwanowitschs und gleichzeitig ein alter Freund des Hauses und Klara Olsufjewnas Pate, ein ganz grauköpfiger alter Herr, im rechten Augenblicke einen Toast ausbrachte, dabei wie ein Hahn krähte und lustige Knüttelverse sprach, wie er durch eine so wohlanständige Vernachlässigung des Anstandes (wenn man sich so ausdrücken kann) die ganze Gesellschaft dahin brachte, bis zu Tränen zu lachen, und wie Klara Olsufjewna selbst zur Belohnung für diesen lustigen, liebenswürdigen Toast ihm auf Befehl ihrer Eltern einen Kuß gab. Ich werde nur sagen, daß endlich die Gäste, die nach einem solchen Diner natürlich gegeneinander wie Verwandte und Brüder gesinnt sein mußten, vom Tische aufstanden; wie dann die älteren, gesetzten Leute zunächst eine kurze Zeit zu freundschaftlichem Gespräche benutzten und dabei sogar recht offenherzig miteinander redeten, selbstverständlich in durchaus anständiger, liebenswürdiger Weise, dann aber sich ehrbar in ein anderes Zimmer begaben, sich, ohne die kostbare Zeit zu verlieren, in Partien verteilten und sich im Gefühl ihrer eigenen Würde an die mit grünem Tuche bezogenen Tische setzten; wie die Damen im Salon Platz nahmen, auf einmal alle außerordentlich liebenswürdig wurden und sich miteinander über verschiedene Gegenstände zu unterhalten begannen; wie schließlich der hochverehrte Hausherr selbst, welcher, während er im Dienste die Sache der Wahrheit und des Rechtes vertrat, des Gebrauches der Beine verlustig gegangen und dafür mit all den oben erwähnten Dingen belohnt worden war, auf Krücken unter seinen Gästen umherging, gestützt von Wladimir Semjonowitsch und Klara Olsufjewna, und wie er, auf einmal ebenfalls außerordentlich liebenswürdig werdend, sich trotz der Kosten entschloß, einen kleinen, bescheidenen Ball zu improvisieren; wie zu diesem Zwecke ein gewandter junger Mann (eben der, welcher bei dem Diner mehr einem Staatsrate als einem jungen Manne ähnlich gewesen war) abgeschickt wurde, um Musikanten herbeizuschaffen; wie dann die Musikanten in einer Anzahl von ganzen elf Mann ankamen, und wie endlich Punkt halb neun Uhr die lockenden Töne einer französischen Quadrille erklangen, welcher verschiedene andere Tänze folgten... Ich brauche nicht erst zu sagen, daß meine Feder zu schwach, zu matt und zu stumpf ist für eine anständige Schilderung des durch die außerordentliche Liebenswürdigkeit des grauhaarigen Hausherrn improvisierten Balles. Und wie, frage ich, wie kann ich, der bescheidene Erzähler der in ihrer Art allerdings sehr interessanten Abenteuer des Herrn Goljadkin, wie kann ich diese außerordentliche, wohlanständige Mischung von Schönheit, Eleganz, Anstand, Heiterkeit, liebenswürdiger Gesetztheit und gesetzter Liebenswürdigkeit, Mutwillen und Frohsinn schildern, all dies Scherzen und Lachen all dieser Beamtendamen, die mehr mit Feen als mit Damen Ähnlichkeit hatten (was in einem für sie vorteilhaften Sinne gesagt sein soll), mit ihren lilien- und rosenfarbenen Schultern und Gesichtchen, mit ihren ätherischen Gestalten, mit ihren mutwillig spielenden und (um im höheren Stil zu reden) homöopathischen Füßchen? Wie soll ich Ihnen endlich diese eleganten Kavaliere aus dem Beamtenstande schildern, sowohl die heiteren, soliden Jünglinge, als auch die gesetzten, frohsinnigen und in wohlanständiger Art finsteren Männer, diese Kavaliere, die in den Pausen zwischen den Tänzen teils in einem kleinen, abgelegenen, grünen Zimmer eine Pfeife rauchten, teils keine Pfeife rauchten, diese Kavaliere, die vom ersten bis zum letzten einen anständigen Rang besaßen und anständigen Familien angehörten, diese Kavaliere, die von dem Gefühl der Eleganz und von dem Gefühle ihrer eigenen Würde tief durchdrungen waren, diese Kavaliere, die mit den Damen meist französisch sprachen und, wenn sie von der russischen Sprache Gebrauch machten, sich nur gewählter Ausdrücke des höchsten Stiles, feiner Komplimente und geistreicher Redewendungen bedienten, diese Kavaliere, die höchstens im Rauchzimmer sich ein paar liebenswürdige Abweichungen von der Sprache des feinsten Tones, ein paar Redewendungen voll freundschaftlicher, liebenswürdiger Intimität gestatteten, etwa von folgender Art: »Na, Petja, du Schwerenöter, du hast ja die Polka famos heruntergehopst!« oder: »Wasja, du Schlingel, du hast ja deine Dame gehörig vorgenommen!« Zu alledem ist, wie ich Ihnen, meine verehrten Leser, schon oben die Ehre hatte mitzuteilen, meine Feder unfähig, und darum schweige ich. Wenden wir uns lieber zu Herrn Goljadkin, dem einzigen, wirklichen Helden unserer durchaus wahrhaften Erzählung!