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Hartmann und Skudder hatten einen kurzen Überblick über die Schäden gegeben, die die beiden Angriffe der Fremden verursacht hatten, aber es war eine Sache, eine Aufzählung trockener Fakten zu hören, und eine ganz andere, die Verheerung zu sehen, die die Rochenschiffe angerichtet hatten.

Die große Landefläche im Zentrum des halbkreisförmig angelegten Areals war mit Kratern und Rissen übersät, die sich zum Teil bereits mit ölig schimmerndem Wasser gefüllt hatten. Obwohl der Überfall mittlerweile gut zwei Tage zurücklag, war die Luft noch immer von einem durchdringenden Brandgeruch erfüllt.

Kaum eines der Gebäude war ohne Beschädigungen geblieben, und Charity sah auch zwei oder drei Bauwerke, die vollkommen zerstört waren. Vor allem das Verwaltungsgebäude war so schwer getroffen worden, daß es praktisch reif für den Abriß war. Vermutlich hatte der hoch aufragende Turm den Piloten der Rochenschiffe nicht nur als Orientierungspunkt, sondern zugleich auch als Zielscheibe gedient.

Schon bei dem bloßen Gedanken, daß sie noch in der vergangenen Nacht auf dem Dach dieses ausgeglühten Stahlbetonskeletts gestanden hatte, lief Charity ein eisiger Schauer über den Rücken.

Melissa stockte plötzlich im Schritt, und als Charity sie anschaute, fiel ihr auf, daß das Mädchen sichtlich blaß geworden war.

Charitys Blick folgte dem Melissas. Auf der anderen Seite des Landefeldes waren zwei riesige Kettenfahrzeuge damit beschäftigt, das Wrack eines Rochenschiffes wegzuschleppen.

»Keine Angst«, sagte Charity. »Sie können dir nichts mehr tun.«

Melissa nickte. Die Bewegung war fast nur angedeutet und kaum zu erkennen. Dann hob sie den Arm und griff nach Charitys Hand; vermutlich ohne daß es ihr bewußt war.

»Du hast solche Schiffe schon einmal gesehen, nicht wahr?« fragte Charity zögernd. »Ich meine... außer hier. Und oben in der Himmelsstadt.«

»Ja«, antwortete Melissa. »Aber ich darf nicht darüber reden.«

Charity lächelte, als wäre es ganz selbstverständlich.

»Gurk hat es dir verboten, nicht wahr? Aber das ist schon in Ordnung. Wenn du nicht darüber reden willst, mußt du es auch nicht. Und du brauchst wirklich keine Angst zu haben. Sie sind zwar gefährlich, aber wir haben sie besiegt. Und wir werden sie noch einmal besiegen, wenn sie wiederkommen.«

»So viele«, flüsterte Melissa. »Es sind... so schrecklich viele.«

Sie gab sich einen Ruck, sah ihre eigene Hand, die fast zwischen Charitys Fingern verschwunden war, blickte Charity beinahe erstaunt an und zog den Arm dann rasch zurück.

Was meint sie mit so schrecklich viele? dachte Charity. Melissa und Net waren in Skytown zurückgeblieben, und dort war nicht ein einziges Rochenschiff gewesen!

Sie gingen weiter. Hangar IV lag auf der gegenüberliegenden Seite des Landefeldes, so daß sie gute zehn Minuten Fußmarsch vor sich hatten.

Charity ließ einige Minuten verstreichen; dann fragte sie in ganz bewußt beiläufigem Tonfalclass="underline" »Dieser Ort, an dem ihr wart, als Gurk euch gerettet hat... war der Himmel dort rot?«

»Rot?« Melissa schüttelte heftig den Kopf. »Nein. Aber die Berge. Und es war kalt. Die Sonne war zu klein.«

Viele. Es sind so schrecklich viele.

Charity stellte keine weitere Frage mehr. Wahrscheinlich wäre es kein Problem gewesen, Melissa auszuhorchen - letztendlich war sie nur ein zehnjähriges Kind, das den Tricks und Schlichen eines Erwachsenen nicht viel entgegenzusetzen hatte. Aber aus irgendeinem Grund, der ihr selbst nicht ganz klar war, schrak Charity davor zurück. Es wäre ein Vertrauensbruch gewesen, nicht nur Melissa, sondern auch Gurk gegenüber. Trotz allem war sie sicher, daß der Zwerg seine Gründe hatte, den Geheimnisvollen zu spielen.

Außerdem hatte sie schon eine Menge erfahren.

Wahrscheinlich mehr, als Gurk ahnte...

Sie erreichten den Hangar, eines der wenigen Gebäude auf der Basis, die unbeschädigt geblieben waren. Die großen Doppeltore waren geschlossen und wurden streng bewacht, aber niemand hielt Charity und Melissa auf. Doch als sie an einem der Soldaten vorüberging, bemerkte Charity, daß er sein Armbandfunkgerät an die Lippen hob und leise hineinzusprechen begann, kaum daß sie ihn passiert hatten. Die beiden Männer vor der Tür ihrer Apartments waren nicht untätig gewesen und hatten ihr Kommen offensichtlich erwartet.

Aus irgendeinem Grund mißfiel Charity dieser Gedanke, auch wenn ihre Mißbilligung völlig unsinnig war. Ein solches Vorgehen entsprach nicht nur den Vorschriften, sondern machte auch Sinn, vor allem in einer Situation wie dieser. Vielleicht lag es einfach daran, daß Charity es nicht mehr gewohnt war. Ihr Kampf gegen die Besatzer hatte Jahre gedauert, und am Schluß waren sie tatsächlich so etwas wie eine kleine, aber äußerst schlagkräftige Armee gewesen - aber mit militärischer Disziplin hatte keiner von ihnen viel am Hut gehabt.

Und im Grunde hatte sich später auch nicht allzu viel daran geändert, zumindest nicht für Skudder und für sie. Der Anblick all dieser Soldaten und ihres präzisen Handelns, das einem genau festgelegten Ablauf folgte, machte Charity deutlich, daß man Skudder und ihr wohl eine Art Narrenfreiheit eingeräumt hatte.

Und noch etwas kam erschwerend hinzu, dachte sie spöttisch. Sie waren hier in einem Teil Europas, der früher einmal Deutschland geheißen hatte. Nicht einmal fünfzig Jahre Moroni-Besatzung hatten ausgereicht, dieses bienenfleißige Volk von einigen seiner schlimmsten angeborenen Macken zu befreien.

Die Deutschen liebten es offensichtlich immer noch, Uniformen zu tragen. Und aus einem Charity völlig rätselhaften Grund liebten sie es offenbar noch viel mehr, zu gehorchen.

Der große Hangar wurde von Dutzenden riesenhafter Scheinwerfer in beinahe schon unangenehme Helligkeit getaucht. Es war sehr warm - eigentlich schon zu warm -, und im Inneren der Halle herrschte eine dermaßen hektische Aktivität, daß Charity im ersten Moment Mühe hatte, überhaupt etwas zu erkennen - sie nahm nichts als ein einziges, gewaltiges Gewusel wahr, in dem es weder ein System noch einen Sinn zu geben schien.

Erst nach einigen Sekunden erblickte sie Skudder. Er krabbelte wie eine zu groß geratene Ameise über den Rumpf eines beschädigten Rochenschiffes und war so voller Schmieröl und Schmutz, daß Charity ihn nur noch an seinem leuchtend grünen Haarkamm erkannte.

Sie winkte ihm zu, bedeutete Melissa, dicht bei ihr zu bleiben, und steuerte in einem schnellen Slalomkurs auf den beschädigten Jäger zu.

Wohin sie auch blickte, wurde gearbeitet, geschraubt, geschweißt. Es mußten Hunderte von Technikern sein, die damit beschäftigt waren, die erbeuteten Feindschiffe zu untersuchen - worunter sie offensichtlich vor allem erst einmal das Wort auseinandernehmen verstanden. Charity war ein wenig erstaunt, wie viele Wracks sich in dem großen Hangar befanden - es mußten weit über ein Dutzend sein; und dabei waren die Schiffe nicht mit eingerechnet, die während des Luftkampfs über der Basis explodiert oder abgestürzt und in Millionen Teile zerborsten waren. Die Angreifer hatten einen hohen Preis für den Überfall bezahlt.

So viele, hatte Melissa gesagt. Es sind so schrecklich viele.

Sie erreichten das Rochenschiff, auf dem Skudder herumkletterte. Der Indianer hörte auf, den Jäger mit Schraubenschlüssel und Laserschneider zu traktieren, winkte ihr zu und gestikulierte mit der anderen Hand nach vorn, auf die ausgefahrene Rampe. Charity nickte stumm - bei dem geschäftigen Lärm, der in der Halle herrschte, hätte es ohnehin keinen Sinn gehabt, zu antworten - und lief geduckt die kurze Rampe hinauf.

Zum erstenmal sah sie einen der feindlichen Raumjäger von innen. Das erste, was ihr auffiel, war die drückende Enge. Das Schiff, das nicht sehr viel größer als ihre Viper-Jäger war, bestand im Grunde lediglich aus einem schmalen Gang und einem asymmetrischen, für zwei Piloten ausgelegten Cockpit. Charity fragte sich vergeblich, wie Gurk es geschafft hatte, sich zusammen mit fünf weiteren Passagieren in eines dieser Schiffe zu quetschen.