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»Gurk offenbar schon«, widersprach Charity.

Skudder machte ein abfälliges Geräusch. »Du solltest nicht alles glauben, was dieser Zwerg erzählt«, sagte er.

Charity sah ihn scharf an. »Hat Drasko dich mit seinem Mißtrauen schon angesteckt?«

»Nein«, antwortete Skudder. Er stellte zwei Tassen mit dampfend heißem Kaffee auf den Tisch und zog sich einen Stuhl heran. »Ich sage ja nicht, daß Gurk lügt. Aber du weißt, wie sehr er es liebt, Spielchen zu spielen.«

»Das war kein Spiel. Hast du in seine Augen gesehen? Es war halb verrückt vor Angst, als er dieses... Ding gesehen hat.« Charity stieß heftig mit dem Zeigefinger auf eines der Fotos hinunter, aber sie wagte es nicht einmal, die Fotografie des Zonenschiffes zu berühren, sondern tippte nur auf die schwarze Fläche des Weltraums dahinter.

»Warum hat er uns dann nicht gesagt, was er weiß?« Skudder schüttelte heftig den Kopf. »Wenn er wirklich auf unserer Seite steht, dann sollte er uns verdammt noch mal sagen, was er weiß!«

»Vielleicht hatte er gute Gründe, es nicht zu tun.«

Es fiel Skudder offenbar immer schwerer, sich zu beherrschen. Er antwortete nicht sofort, sondern griff nach seiner Kaffeetasse und trank einen langen Schluck, aber Charity sah, wie die Sehnen auf seinem Handrücken sichtbar hervortraten, und wie seine Augen sich vor Zorn verdüsterten. »Schade, daß er keine Gelegenheit mehr hatte, uns seine guten Gründe zu erläutern«, meinte er schließlich. Er gab sich keine Mühe, seine Stimme irgendwie anders als höhnisch klingen zu lassen.

»Was willst du damit sagen?« fragte Charity scharf.

»Nichts«, antwortete Skudder. »Nur keine Sorge. Ich werde nicht an der Loyalität deines Freundes zu zweifeln wagen.«

»Jetzt klingst du wirklich wie Drasko«, antwortete Charity. »Aber weißt du - der Zyniker steht dir nicht.«

Mit einer zornigen Bewegung stand sie auf und wandte sich zur Tür, doch Skudder griff blitzschnell zu und hielt sie am Handgelenk fest.

»Was soll das?« fragte er. »Wo willst du hin?«

Charity riß sich los. »Raus«, antwortete sie. »Ich gehe spazieren. Allein!«

Und damit fuhr sie herum, stürmte aus dem Zimmer und war wenige Augenblicke später aus dem Haus.

8

Dunkelheit und Kälte umfingen sie, doch weder das eine noch das andere war so intensiv, wie sie es erwartet hatte. Trotz der frühen Stunde herrschte auf der Basis bereits rege Betriebsamkeit. Die meisten Gebäude waren erleuchtet, überall wurde gearbeitet, repariert, erneuert.

Charity nahm in diesem Moment jedoch kaum etwas davon zur Kenntnis, sondern eilte mit raschen Schritten quer über das Landefeld auf den Hangar zu, in dem sich die erbeutete Stingray befand.

Gute zehn Minuten später erreichte sie die riesige, hermetisch abgeriegelte Halle und benutzte einen der drei existierenden Schlüssel, um die Tür zu öffnen und den Hangar zu betreten.

Seit ihrem letzten Hiersein hatte sich in der großen Halle eine Menge verändert. Hartmanns Leute hatten den gewaltigen Raum fast zur Gänze geleert.

Obwohl die meisten Flugzeughangars auf der Basis noch immer zerstört und Platz daher so kostbar wie selten war, enthielt dieser Hangar nur noch eine einzige Maschine, die in dem schwachen Dämmerlicht hier drinnen tatsächlich wie ein riesiger, gestrandeter Rochen wirkte.

Wie um den Eindruck noch zu verstärken, war ein ganzes Netz armdicker Stahltrossen über den schwarzen Rumpf und die abgerundeten Flügel gespannt und mit massiven Haltebolzen im Boden verbunden; eine beeindruckende, aber vollkommen nutzlose Sicherheitsmaßnahme - Charity hatte erlebt, wie leistungsfähig die Triebwerke dieser fremdartigen Raumfahrzeuge waren.

»Denk nicht einmal daran«, sagte eine Stimme hinter ihr.

Charity erkannte sie im gleichen Augenblick, in dem sie das erste Wort hörte. Dennoch fuhr sie mit einer erschrockenen Bewegung herum und konnte gerade noch den Impuls unterdrücken, die Hand zu einer nicht vorhandenen Waffe an der Hüfte zu senken.

»Harris?«

»Wie schön«, grinste Harris. »Du erinnerst dich sogar noch an meinen Namen.«

»Was tust du hier?« fragte Charity.

Harris' Grinsen wurde noch breiter.

»Hartmann hat mich hergebracht«, antwortete er. »Dubois und ich waren so neugierig auf euer kleines Spielzeug, daß wir es endlich einmal sehen wollten.«

»Dubois? Sie ist auch hier?«

Harris deutete mit einer Kopfbewegung auf die Stingray. »Hartmann zeigt ihr gerade alles. Der Platz dort drinnen reicht nicht für eine Gruppenführung - aber das weißt du ja.« Er drohte ihr spöttisch mit dem Zeigefinger. »Ich sollte eigentlich beleidigt sein. Traut ihr mir nicht mehr, oder warum habt ihr mir nichts von eurem Plan verraten?«

»Sagtest du nicht gerade, Hartmann hätte es getan?« Charity ging auf die Stingray zu, und Harris folgte ihr.

»Gestern«, bestätigte er. »Davor hat er kein Sterbenswörtchen geäußert.«

Charity sagte nichts dazu, gestand sich im stillen aber ein, daß Harris im Grunde recht hatte: Möglicherweise hatten sie es mit der Geheimhaltung ein wenig zu genau genommen.

Sie betrat den Raumjäger und fand Hartmann und Dubois in dem winzigen Cockpit, genau wie Harris gesagt hatte.

Hartmann sah übermüdet aus. Wahrscheinlich hatte er seit gestern abend noch keine Minute geschlafen. Als er Charity und Harris erblickte, stutzte er für einen Moment, beließ es aber dann bei einem knappen Kopfnicken und fuhr fort, Dubois die Instrumente des fremden Schiffes zu erklären - soweit er sie selbst verstand.

Charity war zu müde, um ihn zu unterbrechen; deshalb geduldete sie sich, bis Hartmann mit seinen Erklärungen zu Ende gekommen war - zumal sie dabei selbst das eine oder andere erfuhr, was ihr neu war.

Hartmanns Techniker hatten ganze Arbeit geleistet. Während Charity ihm zuhörte, gelangte sie zu dem gleichen Schluß, mit dem auch Hartmann seine Erklärung schließlich beendete: »Wären wir in der Lage, den Computer einzuschalten, ohne daß er sich dabei sofort selbst vernichtet, könnten wir diese Maschinen ohne Mühe fliegen.«

Dubois blickte ihn zweifelnd an, doch Hartmann nickte nur um so heftiger, um seine Worte zu bekräftigen.

»Dieses Ding könnte auf einer unserer Werften gebaut worden sein - oder gebaut werden, in dreißig oder vierzig Jahren. - Wieso bist du eigentlich so früh auf?«

Die letzte Frage galt Charity, und sie kam so überraschend und übergangslos, daß sie eine volle Sekunde brauchte, um sie mit Hartmanns fragendem Blick in Verbindung zu bringen.

»Ich nehme an, sie ist gekommen, um deine Theorie zu testen«, sagte Harris.

Charity warf ihm einen schrägen Blick zu, doch Harris grinste wieder nur und sagte, diesmal an Charity gewandt: »Ich habe deinen Gesichtsausdruck gesehen, als du hereingekommen bist. Und jetzt leugne es erst gar nicht. Manchmal kann ich Gedanken lesen, das weißt du doch.«

»Ich hatte nicht vor, dieses Schiff zu stehlen und damit zum Mars zu fliegen, wenn du das meinst«, sagte Charity.

Harris schwieg, und auch Dubois und Hartmann sahen sie auf sonderbare Weise an. Charity mußte zugeben, daß ihre Worte nicht einmal in ihren eigenen Ohren hundertprozentig überzeugend klangen.

Sie konnte selbst nicht genau sagen, warum sie eigentlich hergekommen war. Vielleicht nur, um einen Moment allein zu sein. Ungestört. Sicher.

Nach dem, was sie von Harris erfahren und vor allem gestern selbst erlebt hatte, war dieser Hangar vielleicht der einzige Ort auf der Basis, an dem sie wirklich sicher sein konnte, nicht abgehört zu werden.

»Hartmann hat uns erzählt, was passiert ist«, sagte Dubois. »Das mit Gurk tut mir leid. Ich weiß zwar nicht warum, aber ich mochte den kleinen Kerl.«

»Er ist noch nicht tot«, antwortete Charity scharf.