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»Das wissen wir nicht«, sagte Hartmann rasch, hob aber zugleich beruhigend die Hände. »Aber ich glaube es auch nicht, wenn es das ist, was du hören willst... Wenn sie ihn hätten umbringen wollen, hätte sie es leichter haben können.«

»Hätten. Wenn. Vielleicht.« Charity schüttelte zornig den Kopf. »Gibt es denn niemanden hier, der Gurk ganz einfach glaubt, ohne Wenn und Aber? Ihr hört euch mittlerweile alle schon an wie Drasko. Ist Paranoia neuerdings ansteckend?«

»Nein«, antwortete Harris grinsend. »Aber Vorsicht.«

»Jemand kommt.« Dubois deutete durch das schmale Seitenfenster der Kanzel nach draußen. Als Charitys Blick der Geste folgte, erkannte sie ohne große Überraschung, daß Skudder den Hangar betreten hatte und mit schnellen Schritten auf die Stingray zukam. Sie drehte sich wieder herum und sah gerade noch, wie Hartmann hastig den Arm senkte und den Jackenärmel über das Handgelenk schob.

Genauer gesagt: über seine Armbanduhr.

»Ach, so ist das«, murmelte sie.

»Was?«

»Verkauf mich nicht für dumm«, sagte sie scharf. »Diese kleine Zusammenkunft ist kein Zufall. Ihr habt euch hier verabredet, stimmt's?«

Hartmann senkte betreten den Blick, und auch Dubois schien irgend etwas ungemein Interessantes irgendwo draußen in der Halle entdeckt zu haben. Nur Harris grinste unerschütterlich weiter.

»Dürfte ich vielleicht auch erfahren, warum ich als einzige nicht zu eurer Party eingeladen war?«

»Es gibt keinen Grund«, behauptete Hartmann. Er war noch nie ein besonders guter Lügner gewesen. »Hör endlich auf, in jede Kleinigkeit irgend etwas hineinzugeheimnissen. Harris und Dubois wollten das Schiff sehen, und Skudder hat es zufällig mitbekommen, das ist alles.«

»Quatsch«, erwiderte Charity schroff. »Ihr habt etwas vor. Und aus irgendeinem Grund soll ich nichts davon wissen.«

»Bitte, Charity«, sagte Hartmann, doch Charity schnitt ihm sofort und mit einer energischen Geste das Wort ab.

»Ich will jetzt wissen, was hier gespielt wird«, sagte sie scharf. »Was, zum Teufel, geht hier vor? Mißtraut ihr mir etwa?«

»Natürlich nicht!« antwortete Hartmann hastig. Er klang immer weniger überzeugend. Bevor er jedoch weiter reden konnte, drang Skudders Stimme von draußen herein:

»Habt ihr da drinnen noch Platz für einen vierten Mann?«

Harris grinste, drehte sich herum und trat gebückt durch die niedrige Tür, dicht gefolgt von Dubois und Hartmann, der sichtlich froh war, das immer unangenehmere Gespräch wenigstens für einen Moment unterbrechen zu können. Charity verließ die Stingray als letzte und sagte laut: »Einer Fünften.«

Sie behielt Skudder genau im Auge, als sie das Schiff verließ.

Es wäre allerdings nicht nötig gewesen: Skudder sah nicht überrascht, sondern für einen kurzen Moment regelrecht entsetzt aus.

»Tu erst gar nicht so, als wärst du nur rein zufällig vorbeigekommen«, sagte sie. »Was ist hier los?«

»Ich verstehe gar nicht -«, begann Skudder.

»Sagt es ihr«, unterbrach ihn Dubois.

Zwei, drei Sekunden lang sagte niemand etwas. Hartmann wich ihrem Blick aus, während Harris immer noch grinste, jetzt aber nicht mehr ganz echt. Schließlich war es Dubois selbst, die fortfuhr. »Wir haben uns hier verabredet, das stimmt. Es war Skudders Idee.«

»Die alte Truppe«, bestätigte Skudder. »Abgesehen von Net und Gurk sind wir wieder komplett.«

»Komplett wozu?« fragte Charity.

»Endlich etwas zu unternehmen!« Hartmann machte ein wütendes Geräusch. »Abgesehen von euch Vieren traue ich niemandem mehr. Drasko schon gar nicht. Wenn er von diesem Schiff wüßte, würde er es vermutlich höchstpersönlich auseinanderschrauben!«

»Kaum«, entgegnete Dubois. »Aber er würde eine rote Schleife darum binden und es den Fremden zurückgeben. Als Zeichen seines guten Willens.« Sie nickte ein paarmal, als sowohl Charity als auch Hartmann sie ungläubig anblickten. »Das war nicht als Witz gemeint. Ich weiß, daß er seit Tagen versucht, Kontakt zu ihnen aufzunehmen.«

»Woher?«

»Ich gehöre dem Rat an«, erinnerte Dubois. »Drasko glaubt, daß Verhandeln unsere einzige Chance ist.«

»Vielleicht hat er ja recht damit«, sagte Skudder.

Charity ignorierte ihn.

»Wie, bitte schön, will er denn mit jemandem verhandeln, von dem wir nicht einmal wissen, was er will?« fragte sie. »Oder wer er ist?«

Dubois hob die Schultern.

»Ich zitiere nur. Aber unterschätze Drasko nicht. Er hat seine Macken, aber er ist kein Dummkopf. Er darf auf keinen Fall etwas von diesem Schiff wissen.«

»Was mich wieder zu meiner Frage zurückbringt«, sagte Charity grimmig. »Was habt ihr vor?«

Niemand antwortete. Nach ein paar Minuten fuhr Charity fort: »Einer von euch will es tun, nicht wahr? Ihr wollt in die Stingray steigen und zu ihnen fliegen.«

»Du hast es selbst gesagt«, sagte Hartmann. »Wir wissen nicht einmal, wer sie sind. Geschweige dann, was sie vorhaben.«

Charity blickte aufmerksam von einem zum anderen.

Sie hatte immer noch nicht alles erfahren, das spürte sie.

»Verratet ihr mir auch, wie ihr das anstellen wollt?« fragte sie. »Der Treibstoff in dieser Kiste reicht nicht einmal, um ein Zehntel der Strecke zurückzulegen.«

»Wir bringen es hin«, sagte Harris.

»Zum Mars?« Charity blickte ihn fassungslos an. »Hast du eine ungefähre Ahnung, wie weit das ist?«

»Ziemlich genau«, erwiderte Harris. Er grinste immer noch, doch seine Stimme klang jetzt ein bißchen beleidigt. »Wir nehmen es Huckepack, ganz einfach.«

»Und womit?«

»Die HOME RUN«, sagte Harris.

Charity riß überrascht die Augen auf. »Wie bitte? Du... du willst sagen...«

»Daß es sie noch gibt«, erwiderte Harris. »Nicht mehr ganz neu und eingemottet, aber flugfähig. Wenigstens hoffe ich es.«

»Die HOME RUN«, murmelte Charity. »Ich wußte nicht einmal, daß sie noch existiert.«

Plötzlich grinste Harris noch breiter. »Jetzt beleidigst du mich. Ich bin Schotte, schon vergessen? Wir werfen niemals etwas weg.«

»Und schon gar kein ausgewachsenes Raumschiff«, fügte Dubois hinzu.

»Die HOME RUN ist kein Raumschiff«, sagte Charity ernst. »Sie ist eine Konservendose mit einem hastig zusammengepfuschten Triebwerk. Ich war nicht einmal sicher, daß sie den Weg bis zum Mond schafft, geschweige denn zum Mars! Und sie ist vor acht Jahren das letzte Mal geflogen!«

»Ich hätte auch lieber die EXCALIBUR genommen«, sagte Hartmann. »Aber ich bezweifle, daß unsere Freunde dort draußen begeistert reagieren, wenn wir mit einem ausgewachsenen Schlachtschiff vor ihrer Tür auftauchen. Außerdem«, fügte er mit einem säuerlichen Blick in Charitys Richtung hinzu, »hat jemand ein Loch von der Größe eines Tennisplatzes hineingeschossen. Die HOME RUN ist alles, was wir haben. Gib mir drei Wochen, und ich lasse sie zu einem erstklassigen Schiff umrüsten.«

»Hier?«

»Wo sonst?« fragte Hartmann. »Ich will dir nicht zu nahe treten, Charity, aber diese Basis ist besser ausgestattet als die entsprechenden Anlagen in den USA.«

»Das weiß ich«, antwortete Charity unwillig. »Aber wie willst du ein achtzig Meter langes Raumschiff hierher schaffen, vollständig umrüsten und wieder wegbringen, ohne daß Drasko oder einer seiner Zuträger es bemerkt?«

»Ohne daß er es merkt?« Hartmann schüttelte den Kopf. »Wie kommst du auf die Idee? Er soll es ja gerade merken. Ich habe bereits mit ihm gesprochen.«

»Selbstverständlich, ohne daß ich etwas davon erfahre -«

»Er ist nicht gerade vor Begeisterung an die Decke gesprungen, aber immerhin hat er mir zugestimmt, daß die HOME RUN im Moment die einzige Möglichkeit darstellt, zum Mars zu kommen.«

»- geschweige denn, deinen Plan mit mir abzustimmen.«