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Kister zeigte ihm Mascha.

»Ah! Nicht übel!« Lutschkow gähnte.

»Du kalter Mensch!« rief Kister aus und lief davon, um ein anderes junges Mädchen zum Tanze aufzufordern.

Die von Kister mitgeteilte Nachricht gefiel Awdej Iwanowitsch recht gut, wenn er auch gähnte, und sogar laut gähnte. Ein Interesse geweckt zu haben, schmeichelte seinem Ehrgeiz; die Liebe verachtete er – in seinen Reden; innerlich aber fühlte er selbst, wie schwer und mühselig es sei, in jemand Liebe zu wecken, doch sehr leicht und einfach, sich gleichgültig, schweigsam und hochmütig zu stellen. Awdej Iwanowitsch war unschön und nicht mehr jung; dafür genoß er einen unheimlichen Ruf, folglich hatte er ein Recht, stolz zu tun. Er war die bitteren und stummen Wonnen der finsteren Einsamkeit gewohnt. Es war nicht das erste Mal, daß er das Interesse von Frauen weckte; manche hatten sich sogar bemüht, ihn intimer kennenzulernen, er stieß sie aber durch erbitterten Trotz zurück. Er wußte, daß Zärtlichkeit ihm nicht zu Gesicht stand (bei einem Stelldichein oder einem Geständnis war er immer erst unbeholfen und banal und wurde dann vor lauter Ärger grob, in einer beinahe abgeschmackten und verletzenden Weise); er erinnerte sich, daß sich die zwei oder drei Frauen, mit denen er einst bekannt gewesen war, schon in den ersten Augenblicken einer näheren Bekanntschaft gegen ihn abkühlten und sich eilig zurückzogen.

Darum entschloß er sich, ein Rätsel zu bleiben und das, was ihm das Schicksal versagt hatte, zu verachten – eine andere Verachtung kennen die Menschen anscheinend gar nicht. Jede aufrichtige, unwillkürliche, das heißt schöne und gute Äußerung der Leidenschaft stand Lutschkow nicht zu Gesicht; er mußte sich ständig beherrschen, selbst in seinem Zorn. Nur Kister allein konnte es ohne Ekel ertragen, wenn Lutschkow in sein schallendes Gelächter ausbrach. In den Augen des gutmütigen Deutschen leuchtete edle Freude der Sympathie, wenn er Awdej seine Lieblingsseiten aus Schiller vorlas; der Kampfhahn saß vor ihm, den Kopf düster gesenkt, wie ein Wolf ...

Kister tanzte, bis er beinahe umfiel; Lutschkow verließ seine Ecke nicht, runzelte die Brauen, warf ab und zu verstohlene Blicke auf Mascha und nahm, wenn sich ihre Blicke trafen, sofort einen gleichgültigen Ausdruck an.

Mascha tanzte an die dreimal mit Kister. Der begeisterte Jüngling hatte in ihr Vertrauen geweckt. Sie plauderte mit ihm lustig, im Herzen aber hatte sie ein unbehagliches Gefühclass="underline" Lutschkow interessierte sie.

Die Töne einer Mazurka dröhnten durch den Saal. Die Offiziere fingen an zu hopsen, mit den Absätzen zu klappern und die Epauletten mit den Schultern emporzuwerfen; auch die Zivilisten klapperten mit den Absätzen.

Lutschkow rührte sich noch immer nicht von seinem Platz und verfolgte langsam mit den Augen die vorbeihuschenden Paare.

Jemand zupfte ihn am Ärmel ... er sah sich um; sein Nachbar zeigte auf Mascha. Sie stand mit gesenkten Augen vor ihm und streckte ihm die Hand entgegen.

Lutschkow blickte sie erst verständnislos an, schnallte dann gleichgültig seinen Palasch ab, warf den Federhut auf den Boden, bahnte sich ungeschickt den Weg zwischen den Sesseln, nahm Mascha bei der Hand und machte eine Runde, ohne zu hopsen und zu trampeln, als erfülle er unwillig eine unangenehme Pflicht ... Mascha hatte heftiges Herzklopfen.

»Warum tanzen Sie nicht?« fragte sie ihn schließlich.

»Ich bin kein Liebhaber vom Tanzen«, antwortete Lutschkow. »Wo ist Ihr Platz?«

»Dort drüben.«

Lutschkow geleitete Mascha zu ihrem Stuhl, verneigte sich ruhig und kehrte ebenso ruhig in seine Ecke zurück ... doch in ihm regte sich schon lustig die Galle.

Kister forderte Mascha wieder zum Tanz auf.

»Wie sonderbar ist doch Ihr Freund!«

»Er scheint Sie sehr zu interessieren ...« sagte Fjodor Fjodorowitsch, indem er seine blauen, gutmütigen Augen schelmisch zusammenkniff.

»Ja ... er ist wohl sehr unglücklich.«

»Er ist unglücklich? Woraus schließen Sie das?« Und Fjodor Fjodorowitsch fing zu lachen an.

»Sie wissen nicht ... Sie wissen nicht ...« Mascha schüttelte ernst den Kopf.

»Wie sollte ich es nicht wissen?«

Mascha schüttelte wieder den Kopf und sah Lutschkow an. Awdej Iwanowitsch bemerkte diesen Blick, zuckte unauffällig die Achseln und ging in ein anderes Zimmer.

Kap. 3

Seit jenem Abend waren einige Monate vergangen. Lutschkow hatte die Perekatows kein einziges Mal besucht. Kister besuchte sie dafür recht oft. Nenila Makarjewna hatte ihn liebgewonnen; sie war es aber nicht, die Fjodor Fjodorowitsch anzog. Mascha gefiel ihm. Als unerfahrener Mensch, der noch viel Unausgesprochenes auf dem Herzen hatte, fand er viel Vergnügen am Austausch der Empfindungen und Gedanken und glaubte gutmütig an die Möglichkeit einer erhabenen und ruhigen Freundschaft zwischen einem jungen Mann und einem jungen Mädchen.

Eines Tages brachte ihn ein Dreigespann wohlgenährter und schneller Pferde vor das Haus des Herrn Perekatow. Es war ein schwüler und heißer Sommertag. Kein Wölkchen stand am Himmel. Das Blau war am Horizont so tief, daß das Auge es für eine Gewitterwolke hielt. Das Haus, das Herr Perekatow für den Sommeraufenthalt mit der den Steppenbewohnern eigenen Umsicht erbaut hatte, kehrte die Fenster der Sonne zu. Nenila Makarjewna hatte schon am Morgen befohlen, alle Fensterladen zu schließen.

Kister trat in den kühlen, halbdunklen Salon. Das Licht legte sich auf den Fußboden in langen und auf die Wände in dichten, kurzen Streifen. Die Familie Perekatow empfing Fjodor Fjodorowitsch mit großer Freundlichkeit. Nach dem Mittagessen zog sich Nenila Makarjewna ins Schlafzimmer zurück, um auszuruhen; Herr Perekatow machte es sich im Salon auf dem Sofa bequem; Mascha setzte sich ans Fenster vor den Stickrahmen.

Kister nahm ihr gegenüber Platz. Mascha lehnte sich mit der Brust an den Stickrahmen, den sie gar nicht aufgeklappt hatte, und stützte den Kopf in die Hände. Kister begann ihr etwas zu erzählen; sie hörte ihm ohne Aufmerksamkeit zu, als erwarte sie etwas, blickte ab und zu auf den Vater und streckte plötzlich ihre Hand aus.

»Hören Sie, Fjodor Fjodorowitsch –; sprechen Sie aber leise ... Papachen ist eingeschlafen.«

Herr Perekatow war in der Tat, wie gewöhnlich auf dem Sofa sitzend, den Kopf zurückgeworfen und den Mund ein wenig geöffnet, eingeschlafen.

»Was wünschen Sie?« fragte Kister neugierig.

»Sie werden mich auslachen.«

»Aber ich bitte Sie! ...«

Mascha senkte den Kopf, so daß nur die obere Hälfte ihres Gesichtes sichtbar war, und fragte ihn mit gedämpfter Stimme, nicht ohne Verwirrung, warum er niemals Herrn Lutschkow mitbringe. Es war seit jenem Ball nicht das erstemal, daß Mascha seinen Namen erwähnte ...

Kister schwieg. Mascha blickte ängstlich hinter dem zugeklappten Rahmen hervor.

»Darf ich Ihnen meine aufrichtige Meinung sagen?« fragte Kister.

»Warum denn nicht? Selbstverständlich!«

»Ich glaube, Lutschkow hat einen starken Eindruck auf Sie gemacht!«

»Nein!« antwortete Mascha und beugte sich, als wollte sie das Stickmuster näher betrachten; ein schmaler, goldener Lichtstreif legte sich auf ihr Haar. »Nein ... aber ...«

»Was, aber?« versetzte Kister lächelnd.

»Sehen Sie«, sagte Mascha und hob plötzlich den Kopf, so daß der Lichtstreif ihr direkt auf die Augen fiel. »Sehen Sie ... er ...«

»Er interessiert Sie ...«

»Nun ... ja ...« sagte Mascha langsam. Sie errötete, wandte den Kopf ein wenig auf die Seite und fuhr in dieser Stellung fort: »An ihm ist etwas ... Sie lachen mich aber aus ...« fügte sie plötzlich mit einem schnellen Blick auf Fjodor Fjodorowitsch hinzu.

Fjodor Fjodorowitsch lächelte das sanfteste Lächeln.

»Ich sage Ihnen alles, was mir einfällt«, fuhr Mascha fort. »Ich weiß, Sie sind mein ... (sie wollte sagen: Freund) guter Bekannter.«

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