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»Hauptsache, es ist der richtige Schuß«, meinte der Scout und sah auf Cordwainers blutende Hand, die von Martins Kugel gestreift worden war.

»Also gut!« erscholl von draußen die Stimme des Guerillaführers. »Wenn ihr den Kampf wollt, könnt ihr ihn haben. Als erstes wird der verletzte Junge dran glauben, dann ist er wenigstens von seinen Schmerzen erlöst.«

Hickok warf den Karabiner des Majors zu Martin hinüber, stand auf und zeigte sich mit erhobenen Händen am Fenster. »Warten Sie, Quantrill. Das war ein Mißverständnis. Wir ergeben uns und verlassen uns darauf, daß Sie Ihr Wort halten.«

»Ein Mißverständnis?«

»Ja, eine Meinungsverschiedenheit.«

»Zwischen wem?«

»Zwischen mir und dem Major.«

»Dann ist der Major jetzt tot, nehme ich an?«

»Nein, seine Hand blutet nur ein wenig.«

Sie hörten Quantrills schallendes Lachen. Dann rief der neue Herr von Blue Springs: »Verlaßt das Haus einzeln, nacheinander, mit erhobenen Händen!«

*

Sobald die Verteidiger das Cordwainer-Haus verließen, wurden sie von Quantrills bewaffneter Schar in Empfang genommen und nach verborgenen Waffen durchsucht. Dabei sprangen die Guerillas nicht gerade sanft mit ihren Gefangenen um.

Martin mußte ein paar harte Schläge und Tritte einstecken, als die Guerillas den Deutschen erkannten, der ihnen mit seinem Freund bei ihrem Attentat auf Abraham Lincoln in die Quere gekommen war. Auf Martins Verletzung nahmen sie keine Rücksicht.

»Genug jetzt«, befahl Quantrill, als ihn das rüde Spiel, das seine Männer mit dem Deutschen trieben, langweilte. »Bringt ihn zu seinem Freund, damit sie gegenseitig ihre Wunden lecken können.

»Was habt ihr mit Jacob angestellt?« fragte Martin, aber er erhielt keine Antwort.

»Die Frauen sind noch oben«, sagte Hickok, der das Haus als erster verlassen hatte, zu Quantrill.

»Warum kommen sie nicht raus?«

»Weil zwei kleine Kinder bei ihnen sind. Eins ist gerade erst geboren worden.«

»Wer ist die Mutter?« fragte Custis Hunter, der sich mit Melvin nach vorn gedrängt hatte.

»Major Cordwainers Frau.«

Custis' Gesicht verdüsterte sich bei dieser Nachricht.

»Also gut«, meinte Quantrill. »Die Frauen können einstweilen im Haus bleiben.«

»Garantieren Sie für Ihre Unversehrtheit?« fragte Hickok.

Der Guerillaführer blickte ihn mit einer Spur von Befremden an. »Das habe ich doch schon gesagt!«

Als Hickok Doc Hatfield aus dem Haus treten sah, bat er: »Darf der Arzt sich um Cody kümmern?«

Quantrill grinste. »Er darf sich um alle kümmern - sobald meine Männer versorgt sind.«

»Aber dann kann es für Cody zu spät sein!«

Der uniformierte Reiter zuckte mit den Achseln. »Was geht das mich an?«

Die Gefangenen wurden abgeführt. Quantrill ließ Hatfield zur Kirche bringen, die vor Verwundeten fast überquoll.

Bill Andersen trieb sein Pferd an Quantrills Seite und fragte den Captain: »Ob die Frauen im Haus wohl hübsch sind? Die Reichen haben meistens hübsche Frauen.«

Custis funkelte den Bärtigen böse an, legte die Rechte auf den Griff seines Revolvers und sagte zu Quantrilclass="underline" »Vergessen Sie nicht, was Sie mir versprochen haben, Captain!«

»Was denn?« spielte Quantrill den Unwissenden.

»Daß ich bestimme, was mit den Cordwainers geschieht!«

Ein Grinsen umspielte die Lippen des Captains, der erst zum Haus und dann zu dem blonden Mann sah.

»Bedien dich, Hunter.«

Custis nickte und schritt, gefolgt von Melvin, auf das große Gebäude zu.

*

Als die Schritte näherkamen, drängten sich die Frauen ängstlich in Virginias Zimmer zusammen. Das Neugeborene schmiegte sich ruhig an seine Mutter, aber Jamie schrie lauthals, als ahnte er die Gefahr, in der alle schwebten. Irene schaukelte ihn sanft auf ihren Armen und versuchte ihn zu beruhigen - vergebens.

Die Schritte hörten vor der Zimmertür auf, die kurz darauf aufgestoßen wurde. Ein Weißer und ein Schwarzer standen in der Öffnung und sahen herein.

Virginia erbleichte bei dem Anblick und flüsterte ungläubig: »Custis!«

»Alles raus!« sagte Custis Hunter hart. »Laßt mich mit der jungen Mutter allein! Mein Freund Melvin wird euch in ein anderes Quartier bringen.«.

Abigail Cordwainer folgte der Aufforderung als erste, dann Beth und schließlich Irene mit Jamie.

In der Tür drehte sich die Deutsche noch einmal um, warf einen besorgten Blick auf Virginia und sagte: »Wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie!«

»Ich denke, daß wird nicht nötig sein«, sagte Virginia, während sie Custis mit einem seltsamen Blick ansah - wie einen Geist.

Dann waren die beiden allein in dem Zimmer. Nur das Neugeborene war noch da, aber das konnte sie noch nicht sehen und sie noch nicht verstehen. Seine Eltern.

»Glückwunsch zu dem Kleinen«, sagte Custis bitter. »Da hat sich dein Mann sicher gefreut.«

Er stand vor dem Bett und sah auf Mutter und Kind hinab, äußerlich scheinbar unbewegt. Aber Virginia, die ihn kannte, bemerkte das leichte Zucken seiner Gesichtsmuskeln, das seine innere Erregung verriet.

»Custis! Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich freue, dich zu sehen.«

Der Vater ihres Kindes lachte rauh. »Das kann ich wirklich nicht, Virginia.«

Befremdung trat in ihren Blick, gepaart mit etwas Angst. »Ich verstehe dich nicht, Custis. Du bist so seltsam. Was tust du überhaupt hier. Gehörst du etwa zu diesem schrecklichen Quantrill?«

»Natürlich. Ich habe ihn erst darauf aufmerksam gemacht, was für ein schönes Städtchen Blue Springs ist. Und was für eine hübsche Bank die Stadt hat.«

Er verschwieg ihr, daß Quantrill noch einen anderen Grund gehabt hatte, Blue Springs einzunehmen. Aber da er den Grund selbst nicht kannte, hatte es keinen Sinn, darüber zu reden.

»Du hast Quantrill hergeführt?« fragte Virginia ungläubig.

»So könnte man es nennen.«

»Warum?«

»Was ist das für eine Frage? Dein Mann brennt mein Heim nieder und ermordet meinen Vater! Du verrätst mich an Byron Cordwainer! Und dann fragst du, warum ich komme, um mich zu rächen?«

»Ich habe dich verraten?«

»Ja! Sobald du bei Cordwainer warst, hattest du nichts Eiligeres zu tun, als zu ihm ins Bett zu kriechen und dir ein Kind von ihm machen zu lassen!«

Die Frau sah auf das winzig kleine Menschenwesen in ihrem Arm und dann auf den großen blonden Mann, der vor ihr stand. »Ich hielt dich doch für tot, Custis. Und ich. ich wollte nicht, daß unser Kind ohne Vater aufwächst. Wo hätte ich denn hin sollen, ganz allein und schwanger? Mein Vater hält zu den Cordwainers. Er hätte mich verstoßen, wenn ich Byron nicht geheiratet hätte.«

Custis war eine ganze Weile sprachlos. Seine Augen wanderten zwischen Mutter und Kind hin und her.

»Sagtest du >unser Kind<?« vergewisserte er sich.

Sie nickte und hielt das Neugeborene hoch. »Das ist dein Sohn, Custis.«

Der Mann sank vor dem Bett auf die Knie, um das Kind aus der Nähe zu betrachten.

Täuschte er sich, oder nahm er tatsächlich ein Lächeln auf dem Gesicht des kleinen Erdenbürgers wahr?

Konnte er überhaupt schon lächeln? Selbst wenn, er konnte jedenfalls nicht wissen, daß sein Vater vor ihm kniete. Er konnte ihn doch nicht einmal sehen. Aber vielleicht spürte es das Neugeborene ganz einfach.

So wie Custis in diesem Augenblick spürte, daß er zu Virginia und dem Kind gehörte. Nirgendwohin sonst. Schon gar nicht zu Quantrills wilder Schar, die mordend und brandschatzend durch die Lande zog.

*

Quantrills Männer sperrten Martin, Hickok und die Cordwainer-Männer in den großen Stall, der zum Anwesen der Cordwainers gehörte. Hier, wo sonst der Platz für Pferde und Wagen war, wurden anscheinend die Gefangenen untergebracht, auf die die Guerillas ein besonders wachsames Auge werfen wollten.