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»Ich weiß.«

»Dein sogenannter Sicherheitschef weiß es auch. Er ist im Augenblick auf dem Weg zu dir, und er hat so viele Wachen bei sich, wie er nur zusammenbringen konnte. Und er hat die feste Absicht, dir den Kopf von den Schultern zu trennen. Du hast ihn anscheinend nie gut genug bezahlt. Du mußt von hier verschwinden, und zwar auf der Stelle!«

»Katie hat eben versucht, mich zu ermorden. Ich mußte sie töten.«

»Das tut mir leid, Owen. Aber wir haben jetzt keine Zeit dafür. Wahrscheinlich ist jedermann in der Festung mit Mordgedanken im Kopf zu dir unterwegs. Du hast keine Freunde mehr. Nimm den getarnten Ausgang und verschwinde durch die geheimen Gänge zu deinem privaten Flieger. Bis du das erst geschafft hast, habe ich vielleicht ein deutlicheres Bild von den Vorgängen hier, und vielleicht weiß ich bis dahin auch schon, was du als nächstes unternehmen mußt.«

Owen tappte auf nackten Sohlen zur Tür seiner Schlafkammer und spähte in den Gang hinaus. Nichts regte sich, doch er glaubte, in der Ferne sich nähernde Geräusche zu hören.

Owen schloß die Tür wieder und verriegelte sie von innen, dann stapfte er zurück und nahm seine Kleidung auf. Schnell schlüpfte er hinein, wobei er das Blut auf seiner Haut und dem Hemd geflissentlich ignorierte. Was auch immer auf ihn zukommen mochte – er wollte verdammt sein, wenn er den Ereignissen nackt gegenübertrat.

»Oz, warum hat man mich für vogelfrei erklärt? Es macht einfach keinen Sinn! Ich habe dem Hof den Rücken zugekehrt und bin hierhergekommen, weil ich vermeiden wollte, in die Art von Intrigen verwickelt zu werden, durch die man vogelfrei wird. Ich bin für niemanden eine Gefahr. Ich wollte doch nur mit meinen historischen Forschungen allein gelassen werden.«

»Der Hof hat keinen genaueren Grund angegeben, aber das ist nicht ungewöhnlich. Das Wort der Imperatorin ist Gesetz.

Ich vermute, daß der Name Todtsteltzer für viele Leute am und auch außerhalb des Hofes ein rotes Tuch ist. Und wie ich es verstanden habe, interessiert sich die Imperatorin persönlich für dich. Du weißt, was das normalerweise bedeutet…?«

»Ja. Das letzte Mal, als sie sich persönlich für jemanden interessierte, endeten seine sterblichen Überreste auf siebzehn verschiedenen Planeten gleichzeitig. Es war ein warnendes Exempel, nicht aufzufallen. In Ordnung, ich bin soweit. Mach die Tür auf.«

Das Hologramm des Ersten Todtsteltzers löste sich auf und enthüllte einen schmalen Gang. Weit voraus flammte ein Licht auf. Wie in jeder vernünftigen Burg gab es auch in der Todtsteltzer-Festung eine Reihe verborgener Türen und versteckter Tunnel, teilweise aus Tradition, aber hauptsächlich, weil die Todtsteltzer es für eine gute Idee erachtet hatten, immer ein oder zwei versteckte Asse im Ärmel zu haben. Selbst Owens Sicherheitschef wußte nichts von den Geheimgängen.

Owen zog seinen besten Umhang über und gürtete sein Schwert, dann nahm er Katies Disruptor und zwängte sich in die enge Öffnung. Das Holo sprang hinter ihm in seine Position zurück.

Owen hatte noch immer Schwierigkeiten, zu glauben, daß das alles Wirklichkeit war. In der einen Minute war das Leben gut und erfüllt, und alles ergab irgendwie einen Sinn, und in der nächsten schon war oben unten, innen war außen, und Menschen, die er seit Jahren zu kennen geglaubt hatte, waren hinter ihm her und wollten ihn töten. So miserabel hatte er sich das letzte Mal gefühlt, als sie ihm die Nachricht vom Tod seines Vater gebracht hatten. Auf der Straße als Feind des Imperiums niedergestreckt. Niemand hatte je einen Grund genannt, oder was er verbrochen hatte, und es blieb gefährlich, danach zu fragen. Owen war nicht wirklich überrascht gewesen. Sein Vater hatte am Hof intrigiert, solange Owen sich zurückerinnern konnte. Mal mit dieser Gruppierung, mal mit jener. Ein Mann sollte sich immer auf das konzentrieren, was er am besten kann, war alles, was sein Vater jemals zu dieser Angelegenheit gesagt hatte.

Nur stellte sich heraus, daß er am Ende nicht halb so schlau gewesen war, wie er immer gedacht hatte. Owen wurde der Todtsteltzer, als er gerade sechzehn war. Er hatte versucht, um seinen Vater zu trauern, aber er hatte den Mann kaum gekannt. Sie hatten nie besonders viel Zeit miteinander verbracht. Sein Vater war ständig mit irgendwelchen neuen Projekten unterwegs gewesen; ständig auf der Jagd nach Geld oder Einfluß oder Ruhm, ohne besonderen Erfolg. Owens Mutter starb, als Owen noch zu jung war, um sich an sie zu erinnern, und so hatte er den größten Teil seiner Kindheit unter der Vormundschaft einer Reihe von Leibwächtern, Tutoren und Freunden der Familie verbracht. Sein einziger wirklicher Freund, jedenfalls ganz sicher die einzige Person, der er je vertraut hatte, war die KI der Familie, Ozymandius.

Sicher, Owen hatte sich sehr an Katie erfreut, doch er hatte ihr nie vertraut. Es überraschte ihn, wie sehr ihr Tod ihn trotzdem schmerzte.

All die Fähigkeiten seines Vaters als Krieger und seine geschickte Politik hatten am Ende nicht ausgereicht, um ihn zu retten, und Owen hatte daraus seine Lehre gezogen. Er hatte sich nie besonders für die aktuelle Politik interessiert, und so fiel es ihm nicht schwer, die Kabale wegzuschicken, die um ihn herumzuschleichen begann, nachdem der Titel an ihn übergegangen war. Er hatte klargestellt, daß er sich nur für Geschichte interessierte, und sein Bestes gegeben, um sich als begriffsstutzigen, hoffnungslos akademischen und selbstgenügsamen Menschen hinzustellen. Er entließ seinen Waffenmeister und wandte dem Hof und der Politik den Rücken zu.

Dann erwarb er die Lordschaft von Virimonde, weit draußen am Rand, in sicherer Entfernung zur Imperatorin und ihren Höflingen. Er würde nicht die gleichen Fehler begehen wie sein Vater.

Irgendwie war trotzdem alles schiefgelaufen.

Immer und immer wieder drehte und wendete Owen die Situation in seinem Kopf, während er durch den Gang eilte.

Lampen flammten automatisch vor ihm auf und erhellten seinen Weg, um sich gleich hinter ihm wieder abzuschalten. Er bewegte sich in einem immer gleichbleibenden Fleck aus Licht durch die Dunkelheit. Owen konnte nicht ohne Grund verstoßen worden sein. Es mußte ein ziemlich häßlicher Fehler vorliegen. Ein Versehen. Wenn er sich nur mit den richtigen Leuten in Verbindung setzen könnte, dann würde die Angelegenheit schleunigst richtiggestellt, und er könnte sein altes Leben wieder aufnehmen. Aber um das zu erreichen, würde er seinen Feinden aus dem Weg gehen und lange genug am Leben bleiben müssen. Was leichter gesagt als getan war.

Vielleicht war es klüger, wenn er sich in Richtung des Kommunikationszentrums in Bewegung setzte. Er könnte sich verbarrikadieren und darauf hoffen, ein verständnisvolles Ohr zu finden. Alles schien besser als blinde Flucht.

»Oz, wie lautet der augenblickliche Status unserer Kommunikationsanlagen?«

»Ziemlich schlecht. Alle Hauptkommunikationskanäle werden gestört. Die lokalen Kanäle sind noch offen, aber ich weiß nicht, für wie lange. Offensichtlich will man nicht zulassen, daß du deinen Fall vorbringst. Je länger ich mir diese Geschichte ansehe, desto mehr bin ich davon überzeugt, daß die ganze Angelegenheit auf höchster Ebene ausgeheckt worden ist. Augenblick… jetzt sind die lokalen Kanäle ebenfalls gestört. Alle. Ich kann unsere private Verbindung noch eine Weile aufrechterhalten, aber ich kann nicht dafür garantieren.

Owen, du mußt dich beeilen! Dein Sicherheitschef ist soeben mit seinen Leuten in dein Schlafzimmer eingedrungen. Alle sind bewaffnet, manche sogar mit Energiewaffen. Sie haben Katies Leiche gefunden, und jetzt nehmen sie den Raum auseinander und suchen nach einem verborgenen Ausgang. Sie gehen sehr gründlich ans Werk, aber sie haben anscheinend meine Sensoren vergessen. Der Sicherheitschef ist gar nicht erbaut über deine Abwesenheit. Wahrscheinlich kann man schon aus recht großer Entfernung hören, wie wenig erbaut er ist.«

»Spar dir das alles für später«, unterbrach Owen seine KI.