Выбрать главу

»Tschuldigung, Owen. Die Kodeknacker haben meine Sensoren in der Festung außer Betrieb gesetzt. Ich kann auf keines der Sicherheitssysteme mehr zurückgreifen. Sie sind viel tiefer in mir, als ich gedacht habe. Langsam wird es brenzlig für mich, Owen. Ich habe zwar noch eine Menge Tricks, die ich ausprobieren kann, aber allmählich bekomme ich ein verdammt mulmiges Gefühl. Du mußt mich ziemlich bald herunterladen, oder du bist mich los.«

»Großartig. Genau, was mir noch gefehlt hat. Noch mehr, um das ich mir Gedanken machen muß. Kannst du die Sensoren des Fliegers über mein Implantat aktivieren und einen Blick in die Runde werfen?«

»Das ist nicht ungefährlich. Die Kodeknacker könnten mir folgen und dich finden.«

»Mach schon. Ich muß wissen, wie viele Männer auf mich warten und wie viele davon mit Energiewaffen ausgerüstet sind.«

»In Ordnung. Ich bin drin. Sie sind zu dritt. Ein Disruptor.

Alle haben Schwerter. Sie sind hinter dem Flieger in Deckung gegangen.«

»Verflucht!« murmelte Owen. »Wer zur Hölle sind sie?«

»Noch mehr von deinen Sicherheitsleuten. Wenn du willst, kann ich dir ihre Namen geben.«

»Ich würde sie nicht kennen. Ich hab’ mich nie darum gekümmert, solange der Sicherheitschef seine Arbeit gut gemacht hat.«

»Also ich schlage vor, daß du dir in Zukunft – immer vorausgesetzt, wir haben eine – ein wenig Zeit nimmst, um dir wenigstens ein paar Freunde unter deinen Leuten zu machen.

Man kann nie wissen, wann man Freunde gut gebrauchen könnte.«

Owen knurrte eine unverständliche Antwort, obwohl er der KI gar nicht richtig zugehört hatte. Er würde in wenigen Augenblicken drei bewaffneten Gegnern gegenüberstehen, einer davon sogar mit einer Energiewaffe ausgerüstet, und er konnte den Moment der Entscheidung nicht mehr allzulange hinausschieben. Ein Handdisruptor benötigte nur zwei Minuten, um sich nach einem Schuß wieder aufzuladen, und das bedeutete, daß ihm die Zeit ziemlich schnell davonlief. Owen mußte seinen Zug machen, während die Pistole des anderen noch nutzlos war. Drei gegen einen war nicht so schlecht, jedenfalls nicht für jemanden mit seiner Ausbildung. Aber das war auch schon alles, was er gehabt hatte: eine gute Ausbildung. In der Realität hatte er sich noch nie einer derartigen Übermacht stellen müssen, und er war nicht mehr in Form. Er hatte sich auf Virimonde so sicher gefühlt… Owen schob den Gedanken beiseite und ließ unbewußt seinen Instinkten freien Lauf.

Am Ende würde er also doch noch zu einem Kämpfer werden müssen, trotz aller geheimen Schwüre und Versprechen, die er sich nach dem Tod seines Vaters gegeben hatte. Er würde ein echter Todtsteltzer sein, mit allen Konsequenzen, die sich darauf ergaben.

Owen atmete tief ein, hielt die Luft einen Augenblick an und stieß sie dann langsam wieder aus. Eine bedächtige, zielgerichtete Ruhe überkam ihn. Er lächelte kurz, als er die Ironie anerkannte, und murmelte das Aktivierungswort: »Zorn!«

Blut donnerte durch seinen Kopf, und sein Herz begann zu rasen. Eine unterschwellige Psyche schaltete sich ein und überflutete seinen Körper mit Adrenalin, Endorphinen und anderen Sekreten aus gentechnisch veränderten Drüsen. Seine Muskeln schwollen an, und seine Sinne blühten auf. Er war in jeder Hinsicht stärker, schneller und effizienter als zuvor. Seine Gedanken waren klar und flink wie der Blitz. So lange der Zorn andauerte, war er jedem normalen Menschen überlegen.

Allerdings konnte Owen den Zustand nicht sehr lange aufrechterhalten, sonst würde er innerlich ausbrennen. Trotzdem würde die Zeit ausreichen, um das zu tun, was er tun mußte.

Owen stürmte erneut aus dem Eingang zum Tunnel, so schnell, daß das menschliche Auge nicht imstande war, ihm zu folgen, hob seinen Disruptor und schoß den Mann mit der Energiewaffe mitten durch die Brust, während dieser eben erst begann, auf Owens Auftauchen zu reagieren. Der Energiestrahl fraß sich durch die Brust des Sicherheitsmannes und warf ihn zur Seite. Die Waffe fiel aus seiner Hand und außer Reichweite der anderen. Owen hatte sich bereits zu den beiden umgewandt, bevor der erste Mann noch auf dem Boden aufschlug. Sie schienen sich wie in Zeitlupe zu bewegen; jede Sekunde dauerte eine Ewigkeit. Ihre Schwerter hoben sich alptraumhaft langsam, und dann war er über ihnen, unmenschlich schnell und stark, überladen bis an die Grenzen dessen, was ein menschlicher Körper auszuhalten imstande war. Sein Schwert schnitt durch die Kehle des ersten Gegners und trennte den Kopf halb vom Rumpf. Dann zuckte die Waffe wie von allein weiter und durchbohrte die Brust des zweiten. Und plötzlich war alles vorbei, noch bevor es richtig begonnen hatte.

Owen verließ den Zornmodus und wäre beinahe gestürzt, als ihn der aufgestaute Streß traf. Er hatte kontrollierte hysterische Kräfte eingesetzt, aber er war nicht bis an die Grenzen gegangen, sonst hätte es ihm die Sehnen glatt von den Knochen gerissen. Sein mißbrauchtes Herz hämmerte schmerzhaft in der Brust, sein Atem ging schnell und abgerissen, und Schweiß strömte ihm aus allen Poren. Er zitterte unkontrolliert, als das chemische Gebräu, das seine Drüsen in den Kreislauf gepumpt hatten, langsam versiegte. Der Schock allein hätte ausgereicht, einen gewöhnlichen Menschen zu töten, doch Owen war kein gewöhnlicher Mensch. Er war ein Todtsteltzer, und der Zorn war das wahre Todtsteltzer-Erbe.

Langsam verging das Zittern, und er lächelte unsicher. Verdammt, er fühlte sich phantastisch. Owen schüttelte den Kopf und versuchte seine Euphorie zu bekämpfen. Sie war nicht echt, nur ein Nebeneffekt der Endorphine, die sich noch immer in seinem Blut befanden. Das war das Geheimnis der Todtsteltzer, der Grund, aus dem seine Familie so perfekte Kampfmaschinen hervorgebracht hatte. Man mußte der konstanten Versuchung entgegentreten und sie unter Kontrolle bringen. Es war ein Rausch, stärker als jede Droge ihn je erzeugen konnte; eine potentielle Sucht, die mächtiger war als jeder Wille. Das war der Schlüssel des Todtsteltzer-Trainings, tief im Unterbewußten durch unterschwellige Kommandos unter Kontrolle gehalten: Benutze den Zorn nur, wenn du wirklich in Gefahr schwebst. Owen war niemals zuvor in Versuchung geraten. Die wenigen Male, die er den Zorn bisher in seinem Leben unter streng kontrollierten Bedingungen eingesetzt hatte, hatten ihn jedesmal mit einer Scheißangst zurückgelassen. Der Zorn schob den Verstand einfach beiseite und weckte das Raubtier, das in jedem Menschen steckte – und er machte einen zu diesem Tier. Machte ihn genau zu dem Menschen, der Owen nie hatte sein wollen. Lieber wäre er gestorben.

Owen schob den Gedanken beiseite und steckte das blutbesudelte Schwert in die Scheide, ohne sich die Mühe zu machen, es vorher abzuwischen. Später würde er seinen Preis für den Zorn bezahlen, aber jetzt durfte er sich nicht einfach gehenlassen und schlafen. Nicht, bevor er in Sicherheit war.

Wenn es für ihn im Augenblick so etwas wie Sicherheit überhaupt gab. Und natürlich vorausgesetzt, er würde den Zorn nicht wieder benutzen müssen.

Eine Erinnerung drängte sich in Owens Gedanken, verstärkt noch durch die Reste von Chemikalien, die durch seine Blutbahn zirkulierten. B war vierzehn Jahre alt, und sein Vater schlug ihn während einer Trainingsstunde halbtot, um ihn in den Zorn zu zwingen, damit er endlich ein erwachsener Todtsteltzer wurde. Es hatte eine ganze Menge Schläge gebraucht, bevor Owen endlich gelernt hatte, wie man den Zorn heraufbeschwor.

Danke schön, Vater.

»Oz, irgendwelche Anzeichen, ob sich noch mehr von diesen Idioten hier herumtreiben?«

»Nein, Owen. Nach den zugegebenermaßen ein wenig beschränkten Sensoren des Fliegers zu urteilen, gibt es in unmittelbarer Nähe keine weiteren Anzeichen von Leben. Bisher wissen noch nicht so viele Leute Bescheid, daß du für vogelfrei erklärt worden bist, und sie müssen eine ganze Menge Orte und Wege gleichzeitig überwachen. Aber ich kann beim besten Willen nicht sagen, wie lange es noch dauert, bis sie deinen Fluchtweg entdecken und dir hierher folgen. Darf ich deshalb ganz ernsthaft vorschlagen, daß du den Flieger anwirfst und endlich von hier verschwindest? Sowohl deine als auch meine Möglichkeiten verringern sich rasend schnell. Ich muß mehr und mehr meiner Systemleistung dazu verwenden, mich gegen die Imperialen Kodeknacker zur Wehr zu setzen.