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Der Boden schien förmlich auf Owen zuzuspringen.

Der linke Flügel prallte zuerst auf und wirbelte die Maschine herum. Der Stoß preßte Owen mit brutaler Gewalt in die Sicherheitsgurte und trieb ihm die Luft aus den Lungen. Einen Augenblick hing er reglos da, benommen und unfähig, sich zu bewegen, doch dann riß der Zorn ihn aus seiner Beinahebewußtlosigkeit. Der Flieger hatte sich mit der Nase ins Feld gebohrt, und Owen hing in den Gurten über der Kanzel, die mit Rissen wie Spinnweben überzogen war. Er schlug auf den Auslöseknopf und riß die Faust nach vorn, als er gegen die Kanzel fiel. Ein Teil des Plastglases zersplitterte und fiel nach draußen, doch die Öffnung war noch nicht groß genug, um ihn an den scharfkantigen Zacken der Cockpitabdeckung vorbei ins Freie klettern zu lassen. Rauch entwickelte sich in der Kabine, und Owen vernahm hinter sich das knisternde Geräusch auf züngelnder Flammen. Er suchte festen Halt an den Rändern der Kanzel und brach ungeachtet der Splitter, die sich in seine Hände bohrten, weiteres Plastglas heraus. Dann bog er die Metalleinfassung um. Das Metall ächzte laut, als es zögernd seiner durch den Zorn gewachsenen Stärke nachgab.

Blut lief aus seinen Händen hinab. Rauch erfüllte das Cockpit und reizte seine Lungen. Owen bog die stählernen Kanten zur Seite und erzwang sich endlich einen Weg durch scharfkantiges Glas und Metall hindurch ins Freie.

Draußen fiel er auf die gebrochene Erde, als hätte er keinen Knochen mehr im Körper. Einen Augenblick lang lag er regungslos da, bevor der Zorn ihn wieder auf die Beine zwang.

Flammen wüteten im Cockpit des Fliegers, und dichter schwarzer Rauch stieg in Schwaden zum Himmel wie ein unübersehbares Signal für seine Verfolger. Die beiden Flieger konnten ihn nicht mehr verfehlen.

Owen war nur wenige Meter von der Baumreihe entfernt gelandet, und ringsumher erstreckten sich weite, leere Felder.

Er hatte keine Ahnung, wo er sich befand, und die einzigen Karten brannten im Innern des Cockpits. Owen bemühte erneut sein Komm-Implantat, aber die KI schwieg noch immer.

Der Zorn raste wie flüssiges Feuer durch seine überladenen Muskeln, und er fühlte sich, als hätte er alle Zeit der Welt, um sich auf die bevorstehende Auseinandersetzung vorzubereiten.

Leidenschaftslos betrachtete Owen seine Hände. Die Wunden waren nicht besonders ernst, und die kleineren Schnitte hörten bereits auf zu bluten. Noch immer spürte er keinerlei Schmerzen, weder in den Händen noch sonstwo, und daran würde sich nichts ändern, bis er den Zornmodus wieder verließ. Im gleichen Augenblick würde sich sein geschundener Körper um eine verdammte Hölle mehr als nur ein paar Schnitte und Prellungen sorgen müssen. Der menschliche Körper war einfach nicht geschaffen, um so lange unter derartigen Belastungen zu funktionieren.

Owen blickte nach oben und sah, wie die beiden Flieger ohne Eile in seiner Nähe zur Landung ansetzten. Ein Stück weiter entfernt hingen drei weitere Maschinen wie hoch fliegende Drachen im Himmel. Owen nahm sein Schwert in die eine und den Disruptor in die andere Hand und eilte auf die Bäume zu. Er suchte eine Deckung für seinen Rücken. Vielleicht war er kein so großartiger Kämpfer wie sein Vater, aber er war dennoch ein Todtsteltzer, und er würde seinen Gegnern schon zeigen, was das bedeutete. Wer auch immer seine Gegner waren. Wahrscheinlich noch mehr seiner eigenen Leibwächter. Undankbare Bastarde. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen einen massiven Baumstamm und stemmte die Beine in den Boden. Jetzt mochten sie von vorn und von den Seiten kommen, aber nicht von hinten. Es war ein gutes Gefühl, wenn man sich in einer so unsicher gewordenen Welt wenigstens auf eine Sache verlassen konnte.

Je länger er seine Verletzungen betrachtete, desto ernster erschienen sie ihm, also sah er nicht mehr hin. Der Zorn schirmte ihn von Schmerzen und Schock ab, aber er verbrannte gleichzeitig gefährlich viele Kraftreserven. Er würde Owen nicht mehr viel länger helfen, ganz besonders nicht, wenn er um sein Leben kämpfen mußte. Owen starrte hinauf zu den drei gegnerischen Fliegern, die wie Geier am Himmel kreisten. Die beiden anderen Maschinen waren in respektvoller Entfernung gelandet, und Männer stürzten daraus hervor.

Owen zählte vierzehn und nickte grimmig. Es befriedigte ihn zu sehen, daß sie ihn wenigstens ernst nahmen. Alles andere wäre eine Beleidigung gewesen.

Die drei anderen Maschinen setzten nun ebenfalls zur Landung an. Owen versuchte seine abschweifenden Gedanken unter Kontrolle zu halten. Sicher befanden sich in den Maschinen noch weitere Männer, und sicher besaßen sie auch weitere Energiewaffen. Am Ende spielte es keine Rolle mehr, wie schnell oder stark der Zorn ihn machte; es waren einfach zu viele. Und wenn es Owen durch irgendein Zorninspiriertes Wunder gelingen sollte, all seine Gegner zu besiegen, dann würde der Streß, dem sein Körper ausgesetzt wäre, ihn immer noch töten. Verdammt, wenn er gewann, und verdammt, wenn er verlor. Und vielleicht war das das wahre Erbe der Todtsteltzer.

Allmählich dämmerte Owen, daß er hier sterben würde.

Verloren und allein, verlassen von allen, denen er vertraut hatte. Der Gedanke machte ihm nicht halb soviel angst, wie er immer gedacht hatte. Er hatte alles verspielt, das in seinem Leben von Bedeutung gewesen war, und noch ein paar Dinge mehr: Geld, Titel, Position, Menschen. Es war schön mit dir, Katie. Selbst wenn er einen Weg fand, den bevorstehenden Angriff und die Auswirkungen des Zorns auf seinen Körper zu überleben – die einzige Zukunft, die auf ihn wartete, war die eines Ausgestoßenen und Renegaten, vogelfrei und von allen gejagt.

Lieber Gott, ich habe Katie umgebracht!

Plötzlich fühlte sich Owen trotz des Zorns müde. Es war nicht so, daß er sterben wollte, doch er sah keinen Grund, für den das Weiterleben sich gelohnt hätte. Alles war ihm genommen worden, was für ihn je eine Bedeutung besessen hatte, von Leuten genommen, die sich weit außerhalb seiner Reichweite befanden. Rache schien unwahrscheinlich und sogar irgendwie sinnlos. Sie würde ihm nicht wiederbringen, was er verloren hatte. Wenn er schon sterben mußte, so dachte er, dann war es besser, die Sache mit Würde hinter sich zu bringen – und nicht kämpfend oder vor Entsetzen schreiend wie ein Schwein im Schlachthaus.

Owen verließ den Zornmodus und wäre beinahe gestürzt, als seine Wunden schlagartig wieder aufbrachen. Blut strömte an seinem Körper herab, und seine Beine zitterten so stark, daß er sich kaum auf den Füßen halten konnte. Mit der letzten verbliebenen Kraft steckte er das Schwert und den Disruptor weg. Er würde den Bastarden nicht die Befriedigung eines Kampfes geben.

Die Männer, die einmal seine Leibwächter gewesen waren, bewegten sich zielstrebig und mit erhobenen Waffen auf ihn zu. Owen hüllte sich in den Rest von Stolz und Würde, der ihm geblieben war, und bemühte sich angestrengt darum, den Kopf oben zu halten.

Und dann donnerte aus dem Nichts ein Schiff heran, und alles änderte sich. Die Leibwächter und Wachen spritzten auseinander, schrien wild und versuchten, in alle Richtungen gleichzeitig zu fliehen. Das glänzende, stählerne Schiff verdeckte die Sonne, als es hinunterröhrte und auf den Boden krachte, wo es groß und böse und unbeweglich liegenblieb.

Owen wäre am liebsten davongerannt, wenn er nur gekonnt hätte – aber seine Beine wollten ihm nicht mehr gehorchen.

Also blickte er nur verdutzt auf das plumpe Schiff, das vor ihm hockte: ein einfacher stählerner Container ohne irgendwelche Abzeichen oder Markierungen. Langsam dämmerte ihm, daß es kein richtiges Raumschiff war, sondern eine Art Rettungskapsel von einem größeren Schiff. Eine Schleuse öffnete sich, und eine stählerne Rampe knallte zu Boden. Eine schlanke Gestalt erschien in der Luke. Owen benötigte einen Augenblick, um zu erkennen, daß es eine Frau war, und einen weiteren, um zu sehen, daß sie beinahe im gleichen Alter war wie er selbst und in beinahe dem gleichen schlechten Zustand.