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»Laßt ihn nur gehen«, sagte Giles. »Wenigstens müssen wir jetzt nicht mehr aufpassen, daß uns keiner in den Rücken fällt.

Die Imperialen Truppen haben sich in Bewegung gesetzt. Wir sollten besser zusehen, daß wir uns eine geeignete Deckung suchen, bevor sie nahe genug herankommen, um uns zu entdecken.«

Die Rebellen betraten die zerstörte Stadt und bezogen hinter umgestürzten Mauern und in dunklen Eingängen Position. Sie beobachteten schweigend, wie die Imperialen langsam über die verglaste Ebene ausschwärmten, auf der einst das Labyrinth des Wahnsinns gestanden hatte, und manch ein Zeigefinger krümmte sich ungeduldig um den Abzug eines Disruptors. Owen wog seine Projektilwaffe unsicher in den Händen.

Er war noch nicht sicher, was er davon halten sollte.

Sie hatte bestimmt verschiedene offensichtliche Vorteile, zum Beispiel ihre Feuergeschwindigkeit, aber wenn es hart auf hart kam und Energieschilde eingesetzt wurden, war sie so nutzlos wie eine Keule. Das war ja auch der Hauptgrund, aus dem Feuerwaffen von Disruptoren abgelöst worden waren.

Doch Giles vertraute auf sie, und er war schließlich der Erste Todtsteltzer, der größte Kämpfer seiner Zeit. Owen seufzte leise und legte sich in einem dunklen Eingang in Deckung.

Feuerwaffen waren gut und schön, genau wie Disruptoren auch, aber das da draußen auf der Ebene waren Wampyre, und gleich eine kleine Armee von ihnen. Sie waren lebende Alpträume, schnell und stark und unaufhaltsam, außer durch einen Volltreffer mit einer Energiewaffe.

Dann machten die gegnerischen Truppen auf halber Strecke halt und versammelten sich um etwas, das sie dort gefunden hatten. Owen wußte, was es war, obwohl er nichts erkennen konnte. Der Dunkelwüsten-Projektor, der menschliche Klon, der tief und fest in seinem Kristall schlief, ungestört und unberührt durch die gewaltigen Kräfte, die dem Labyrinth des Wahnsinns zum Verhängnis geworden waren. Hazel rührte sich hinter einem Stapel von Trümmern ganz in Owens Nähe.

»Die Gruft von Haden ist nicht mehr weit von hier«, flüsterte sie. »Ich kann es spüren, ganz am Rand meines Bewußtseins. Kalt und unbarmherzig wie Stahl.«

»Stimmt«, sagte Owen. »Und das bedeutet, daß wir keinem unserer Gegner erlauben dürfen, an uns vorbeizukommen.

Mond wird alle Zeit benötigen, die wir ihm verschaffen können, um sein Volk zu wecken.«

»Ich bin immer noch nicht sicher, ob mir der Gedanke behagt«, sagte Ruby Reise, die hinter einem umgestürzten gläsernen Pfeiler kauerte. »Ich meine… Hadenmänner! «

»Ich weiß, was Ihr meint«, brummte Ohnesorg. »Aber wenn ich in all den Jahren als Staatsfeind Nummer eins etwas gelernt habe, dann die Tatsache, daß man sich seine Verbündeten nicht immer aussuchen kann.«

»Hört auf zu reden und behaltet die Imperialen im Auge«, zischte Giles unsichtbar im tiefen Schatten eines weiteren Eingangs. »Sie sind bald in Reichweite.«

»Genau wie die Hadenmänner«, sagte Ruby. »Mond mag vielleicht aufrichtig sein, aber vielleicht enden wir mit den Wampyren vor uns und den verdammten Hadenmännern im Rücken, ohne daß uns ein Fluchtweg bleibt.«

»Oh, jetzt hör schon auf zu maulen«, brummte Hazel.

»Wann bist du jemals vor der Aussicht auf einen guten Kampf davongelaufen?«

»Es ist eine Frage des Prinzips«, erwiderte Ruby »Ich habe eben gerne die Wahl.«

»Du hast früher einen Dreck auf die verdammten Prinzipien gegeben. Das Labyrinth des Wahnsinns hat dich anscheinend stärker verändert, als ich zuerst angenommen habe.«

Owen grinste unwillkürlich, als er dem liebevollen Gezänk der beiden Freundinnen zuhörte. Es war ein Augenblick der Wärme und geistigen Gesundheit in einer zunehmend verrückten Situation. Er hatte eine tiefgreifende Veränderung durchgemacht, wenn er auf den jungen Historiker zurückblickte, der nur seine Ruhe gewollt und zufrieden auf einem vergessenen Hinterwäldlerplaneten vor sich hin geforscht hatte. Jetzt stand er hier, verbündet mit Wolflingen und Hadenmännern und lebenden Legenden, und war im Begriff, eine Rebellion zu planen und anzuführen, die nichts Geringeres im Sinn hatte, als das größte und mächtigste Imperium zu stürzen, das die Menschheit je errichtet hatte. Wenn das kein Größenwahn war.

Wenn er die unerwarteten Wendungen bedachte, die sein Leben in der letzten Zeit genommen hatte, gab es allerdings nicht viel, das er anders gemacht hätte – mit Ausnahme des jungen Mädchens, das er auf Nebelwelt verkrüppelt hatte. Owen würde nie ihr Gesicht vergessen, bis zu dem Tag, an dem er starb.

Aber jetzt stand er hier, der Feind vor ihm, ein unbekannter Faktor in seinem Rücken, und wenn er sterben würde, dann konnte er wenigstens das Beste daraus machen und sterben, wie ein Todtsteltzer sterben sollte. Trotz all seiner Fehler und Schwächen hatte er sich immer als ehrenhaften Mann betrachtet. Er grinste, als ihm unvermittelt ein Gedanke kam.

»Giles, angenommen, wir kommen durch irgendein Wunder halbwegs lebend aus dieser Geschichte – was hältst du davon, wenn wir unseren Familiennamen ändern? Vielleicht sollten wir einen Namen annehmen, der ein wenig positiver klingt.

Ich meine, Todtsteltzer ist wirklich ein verdammt finsterer Name, wenn man es sich genau überlegt.«

»Dann hör auf, genau zu überlegen«, erwiderte sein Vorfahre leise. »Todtsteltzer ist ein guter Name. Ich selbst habe ihn ausgewählt. Er hat Stil.«

»Sie werden ihn niemals auf deinem Grabstein unterbringen«, mischte sich Hazel ein. »Er hat einfach zu viele Buchstaben.«

»Aufgepaßt«, meldete sich Ohnesorg. »Sie sind jetzt in Reichweite. Wird nicht mehr lange dauern, bis ihre Sensoren uns entdecken.«

»Richtig«, stimmte Ruby ihm zu. »Ich schätze, der Tanz beginnt jeden Augenblick. Wählt eure Partner sorgfältig aus und macht ja nichts, was eure Mütter gutheißen würden.«

»All diese Zeit ohne ein einziges Lächeln, und jetzt entwickelt sie einen Sinn für Humor«, sagte Ohnesorg. »Und dazu noch wirklich hintergründig.«

»Haltet jetzt den Mund und sucht Euch Eure Ziele aus«, unterbrach Owen das Wortgeplänkel. »Wollen doch mal sehen, ob wir nicht einige von ihnen ausschalten können, bevor sie bei uns sind.«

»Verdammt richtig«, sagte Hazel. Sie erhob sich unvermittelt, legte ihre schwerste Projektilwaffe an die Schulter und eröffnete das Feuer. Der Rückstoß ließ sie nach hinten stolpern, als ein Kugelhagel durch die auf einem Haufen stehenden Wampyre fegte und einige von den Beinen riß. Der Rest der Imperialen Streitmacht schaltete rasch seine Energieschirme ein und erwiderte das Feuer aus Disruptoren. Hazel tauchte in Deckung, und Owen hielt den Kopf tief unten, bis das blitzende Energiegewitter wieder abgeklungen war. Er zählte bis fünf, nur um sicherzugehen, dann hob er den Kopf aus der Deckung und feuerte seinen eigenen Disruptor. Der Strahl prallte von einem Energieschirm ab und fuhr wirkungslos in die Dunkelheit. Weitere Energiestrahlen zischten aus den Deckungen der Rebellen auf die Imperialen zu, und auch sie verpufften wirkungslos im Nichts. Ein Energieschild brach zusammen, wenn man ihn unter konzentrierten Beschuß nahm, doch die Rebellen besaßen nicht genügend Feuerkraft, und die Imperialen wußten das. Sie warteten, bis die Disruptoren der Rebellen verstummten, dann begannen sie ihren Sturm auf die Deckungen Owens und seiner Freunde, um den Kampf mit dem Schwert aufzunehmen, bevor sich die Energiekristalle wieder aufladen konnten. Und die Rebellen sprangen aus ihren Deckungen und tauchten die Imperialen in einen Hagel aus Blei.

Das Brüllen der Schüsse überraschte die gegnerischen Infanteristen und Wampyre. Einige von ihnen waren so leichtsinnig gewesen, ihre Schutzschirme wieder abzuschalten, um Energie zu sparen, und die Kugeln aus den Waffen der Rebellen bestraften ihren Leichtsinn mit dem Tod. Der Rest stürmte geschützt hinter den Energieschirmen weiter vor. Sie versuchten verzweifelt, auf Nahkampfdistanz heranzukommen und die Rebellen in ein Gefecht zu verwickeln, von dem sie etwas verstanden. Der Sicherheitsoffizier sprach zu seinem riesigen extraterrestrischen Begleiter, und das Wesen stürzte am Rest der Imperialen vorbei und griff die Rebellen frontal an. Die Kugeln prallten wirkungslos von seinem Siliziumpanzer ab.