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Owen sprang aus seiner Deckung, um den Kampf mit dem Schwert in der Hand aufzunehmen, doch das Wesen schickte ihn mit einem beinahe lässigen Schlag zu Boden und rannte unbeeindruckt an den Rebellen vorbei in Richtung der Gruft der Hadenmänner.

»Es ist hinter Mond her!« rief Hazel.

»Laßt es ruhig«, erwiderte Owen und richtete sich wieder auf. Seine Oberlippe war aufgeplatzt, und er spuckte Blut.

»Mond ist wahrscheinlich der einzige von uns, der es mit der Kreatur aufnehmen kann.«

Dann waren die Imperialen heran. Ihre Zahl war durch den wütenden Feuerüberfall beinahe halbiert worden, aber das schien den Rest von ihnen nur um so wütender und entschlossener zu machen. Die Rebellen stürzten sich aus ihren Verstecken und warfen die Projektilwaffen und Disruptoren achtlos zur Seite. Aus der Nähe war ihr Einsatz zu gefährlich, weil die Schüsse von den Energieschirmen in alle möglichen Richtungen abgelenkt wurden. Die Rebellen stellten sich mit dem Schwert in der Hand dem Gegner. Schließlich vertrauten auch sie dieser Art von Kampf am meisten. Stahl prallte klirrend auf Stahl, und die Luft war erfüllt von Kampfgeräuschen.

Owen fand sich Angesicht zu Angesicht mit dem gegnerischen Kapitän wieder. Die beiden umkreisten sich vorsichtig, immer auf der Suche nach einer Lücke in der Deckung des anderen. Immer und immer wieder krachten ihre Klingen gegeneinander, und immer wieder lösten sie sich voneinander und umkreisten sich erneut, die Augen kalt und konzentriert.

Hazel und der Investigator standen Stiefelspitze an Stiefelspitze und hämmerten mit Schwertern aufeinander ein. Keine der beiden Frauen wich auch nur einen Zentimeter zurück.

Rings um diese beiden ›Privatkonflikte‹ griffen die überlebenden Wampyre mit wilder Wut an, und sie waren verblüfft und erschreckt, daß ihre Gegner mit der gleichen Kraft und Entschlossenheit zurückschlugen. Jakob Ohnesorg, Ruby Reise und Giles Todtsteltzer hatten das Labyrinth des Wahnsinns überlebt, und sie waren genausowenig normale Menschen wie die Wampyre auch. Der alte Todtsteltzer bewegte sich mit tödlicher Geschwindigkeit unter den Wampyren, und schwarzes Blut spritzte von seiner Klinge. Er war der allererste Oberste Krieger des Imperiums gewesen, und er war jetzt auf dem Gipfel seines Könnens angelangt. Niemand konnte ihm widerstehen. Er schnitt eine tiefe Bresche in die Reihen seiner Gegner, Menschen und Nichtmenschen, und tötete rücksichtslos, gnadenlos, unaufhaltsam wie eine Naturgewalt – und das war er wohl auch.

Jakob Ohnesorg und Ruby Reise hatten Rücken an Rücken Stellung bezogen und kämpften gegen einen scheinbar nicht versiegen wollenden Strom heranstürmender Feinde. Ohnesorg fühlte sich wieder wie ein junger Mann, stark und sicher, und sein Schwert war wie eine Verlängerung seines Willens.

Es schien ihm, als habe er noch niemals so gut gekämpft wie jetzt, aber die Übermacht der Wampyre war gewaltig, und sie waren schwer zu töten. Ruby kämpfte mit wilder, entschlossener Wut, hieb und stach und ignorierte die gelegentlichen Klingen, die ihre Verteidigung durchbrachen. Jakob Ohnesorg und Ruby Reise – zwei Kämpfer jenseits von Schmerz oder Erschöpfung, auf dem Gipfel ihres Könnens, und doch… am Ende war es nicht genug.

Nach und nach, Fuß um Fuß, Schritt um Schritt, wurden sie auseinandergetrieben und von Gegnern umzingelt. Zwei einsame Wölfe inmitten eines Rudels tollwütiger Jagdhunde.

Ohnesorg kämpfte weiter, das Gesicht ruhig und entschlossen.

Er blutete aus mehr als einem Dutzend Wunden, die jeden geringeren Mann umgeworfen hätten. Rings um ihn herum lagen Tote, und am Ende geschah das Unvermeidliche: Er stolperte über eines seiner Opfer. Die Wampyre schossen vor wie ein Mann, schlugen Ohnesorgs Waffe beiseite und brachten ihn schließlich ganz zu Fall. Jakob fiel hart, doch er kämpfte mit bloßen Fäusten weiter, während sich Klinge um Klinge in seinen Leib bohrte.

Ruby sah ihn fallen, und sie schrie vor Wut und Trauer. Von allen aus der Gruppe war Jakob Ohnesorg der einzige gewesen, der sie beeindruckt hatte. Ihr einziger Held. Sie wäre für Jakob Ohnesorg gestorben. Sie bahnte sich mit wilden, unwiderstehlichen Hieben einen Weg durch die Körper der herandrängenden Wampyre, bis sie über dem reglosen Jakob stand und dem Imperium verwehrte, ihn ihr wegzunehmen. Ein Disruptorstrahl traf sie von hinten zwischen die Schulterblätter, und sie stürzte über Ohnesorgs Körper und blieb reglos liegen. Der Umhang rings um das Loch in ihrem Rücken brannte gleichmäßig weiter.

Tobias Mond eilte durch die tote Stadt von Haden und wunderte sich, daß sie ihm so fremdartig vorkam. Er hatte die Heimat seines Volkes noch nie zuvor gesehen, aber er war dennoch ein Hadenmann und hätte eigentlich erwartet, daß ihm die Stadt vertrauter erscheinen würde, ja sogar einladend.

Statt dessen rannte er zwischen hochaufragenden Ruinen aus Stahl und Beton hindurch, deren Umrisse keinen Sinn für ihn ergaben, zusammengestellt in Mustern, die ihm rätselhaft unzugänglich blieben. Er hatte zu lange unter Menschen gelebt und ihr Gefühl für Schönheit und Ästhetik übernommen, daran mußte es liegen. Er würde vieles von dem, was er gelernt hatte, wieder vergessen müssen, wenn er bei seinem eigenen Volk bleiben wollte – das hieß, wenn sie ihn überhaupt bei sich dulden würden.

Irgendwann blieben die Bauwerke hinter ihm zurück, und Mond erreichte nach all den Jahren die Gruft von Haden. Sie stand alleine in einer gewaltigen natürlichen Höhle, ein riesiger Bienenstock aus Silber und Gold, dick mit Eis überkrustet.

In ihren zahllosen Wabenzellen warteten Tausende von Hadenmännern darauf, aus ihrem endlosen Schlaf erweckt zu werden. Warteten auf ihn, der sie wieder ins Leben zurückholen und von neuem auf die Menschheit loslassen würde.

Mond blickte unentschlossen auf die massive Gruft und wußte nicht mehr, was er tun sollte. Eigenartige Lichter zuckten zwischen den Zellen hin und her, als ob die in ihnen Ruhenden gemeinsam von einem besseren Leben träumen würden, doch Mond stand einfach nur da und beobachtete.

Er hatte sich immer als Hadenmann gefühlt, schon allein deswegen, weil die Menschen einen Hadenmann in ihm gesehen hatten. Sie hatten den goldenen Glanz seiner Augen gesehen und das rauhe Summen seiner Stimme gehört und selbst dann vorsichtigen Abstand zu ihm gehalten, wenn sie mit ihm gesprochen hatten. Und so hatte er viele Jahre unter Menschen verbracht, unter ihnen, aber niemals wirklich einer von ihnen. Niemals.

Mond erinnerte sich nur an wenige Dinge aus der Zeit bei seinem eigenen Volk, während die Rebellion der Hadenmänner in den letzten Zügen gelegen hatte. Er war unterwegs zwischen zwei Planeten in aller Hast zusammengebaut worden, und seine ersten Erinnerungen waren die an eine Schlacht auf einer Welt, deren Namen er nie erfahren hatte. Die Hadenmänner hatten die Schlacht verloren und waren in schlanken goldenen Schiffen geflüchtet, mit deren Geschwindigkeit die Schiffe des Imperiums nicht mithalten konnten.

Nicht viel später war Monds Schiff vom Hauptverband getrennt worden und in einen Hinterhalt der Imperialen Flotte geraten. Man hatte sie zusammengeschossen, und sie waren auf Loki notgelandet. Mond war einer der wenigen Überlebenden gewesen. Er hatte sich für einige Zeit versteckt gehalten und wie ein Tier von dem gelebt, was die Natur ihm bot oder was er hatte stehlen können. Es dauerte nicht lange, da fand er heraus, daß es eine Reihe von Menschen gab, die einen Krieger wie ihn dringend gebrauchen konnten, und so wurde er von Herrn zu Herrn weitergereicht, von Planet zu Planet, bis er schließlich wie so viele andere auch auf Nebelwelt gelandet war, weil es keinen anderen Ort mehr gegeben hatte, wo er hätte hingehen können. Auf Nebelwelt hatte er mit beinahe erschöpften Energiekristallen unter Menschen gelebt und sich kaum noch von ihnen abgehoben. Niemand auf Nebelwelt hatte sich um seine Vergangenheit geschert.