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Wer dort lebte, der hatte genug damit zu tun, sein eigenes Entsetzen zu überwinden.

Und so war aus Tobias Mond, dem Hadenmann, ein weiteres Gesicht in der Menge geworden, akzeptiert als solches, und er hatte schließlich wie die Menschen zu leben gelernt.

Und dann waren die Rebellen gekommen, und mit ihnen die Chance, vielleicht endlich nach Hause gehen zu können. Die Chance, die Gruft auf der verlorenen Welt von Haden zu finden und zum Retter seiner Rasse zu werden. Die Versuchung war einfach zu groß gewesen, um die Gelegenheit ungenutzt verstreichen zu lassen. Er dachte über die Rebellen nach und wurde noch unsicherer. Gute Kämpfer allesamt, wenngleich aus den verschiedensten Motiven. Sie hatten ihn als einen der Ihren behandelt, manchmal sogar eher als einen Freund denn als bloßen Verbündeten, und sie kämpften und starben jetzt im Augenblick dort hinten für ihn, damit er genug Zeit gewann, sein Volk zu wecken. Und das, obwohl die wiedererweckten Hadenmänner sie vielleicht als allererste umbringen würden. Mond starrte konzentriert auf die Gruft. Er mochte die Rebellen. Sie waren tapfer, und sie waren wahre Krieger.

Sie standen füreinander ein und waren durch Blut und Freundschaft miteinander verbunden. Sie erschienen ihm wie die Familie, die er nie besessen und die er sich voller Schuldgefühle (weil es vielleicht kein Gefühl war, das ein richtiger Hadenmann empfand) immer ersehnt hatte. Doch sie waren Menschen, und er war kein Mensch und würde niemals einer sein. Hadenmänner kannten kein Geschlecht. Männern und Frauen wurden die Genitalien entfernt, zusammen mit einer ganzen Reihe anderer unwichtiger Dinge, wenn sie aufgerüstet wurden. Hadenmänner wurden produziert, nicht geboren, aus Rohstoffen konstruiert, Mensch wie Maschine, wie es gerade erforderlich war. Er fragte sich, ob seine Rebellenkameraden sich noch immer seine Freundschaft gewünscht hätten, wenn sie darüber Bescheid gewußt hätten.

Vielleicht. Sie waren wirklich bemerkenswerte Menschen.

Aber sie gehörten nicht zu seinem Volk. Wenn er jemals zu seinem eigenen Volk zurückkehren wollte, zu dem Gefühl, hinter dem er so lange hergejagt war, dann blieb ihm gar keine andere Wahl, als die Hadenmänner in ihrer Gruft zu wecken. Seine Hände glitten sicher über die in bequemer Höhe angebrachten Kontrollen, und er begann voller Zuversicht mit den Aufweckroutinen, die ihm vor so vielen Jahren einprogrammiert worden waren. Und während seine Hände der einprogrammierten Erinnerung an den Aufweckprozeß folgten, fand er noch immer genügend Zeit, UHIZM überlegen, ob seine Sehnsucht nach der eigenen Art ebenfalls einprogrammiert worden oder ein Gefühl war, das er in seinen vielen Jahren unter Menschen von ihnen übernommen hatte.

Mond war beinahe fertig, als er hinter sich etwas spürte.

Seine verstärkten Sinnesorgane hatten kein Geräusch aufgefangen, doch sein durch das Labyrinth geschärftes Bewußtsein wußte plötzlich, daß er nicht mehr länger allein war. Er wirbelte herum und sah sich dem Extraterrestrier gegenüber, den er vorher zusammen mit den Imperialen hatte vorrücken sehen. Die Kreatur überragte ihn in ihrem stacheligen purpurroten Panzer turmhoch und spannte ihre klauenbewehrten Hände. Ekelhafter Speichel troff aus dem böse grinsenden Maul, und kleine Rauchwölkchen stiegen auf, wo er auf den Boden traf. Mond kam zu Bewußtsein, daß ein Mensch allein durch den entsetzlichen Anblick gelähmt gewesen wäre, doch der kühle, logische Verstand des Hadenmannes war bereits emsig damit beschäftigt, die massige Gestalt des Fremden nach möglichen Schwachstellen abzusuchen. Er berechnete anhand offensichtlicher Fakten wie Muskelgewebe und Körperbau die wahrscheinliche Stärke und Schnelligkeit seines Gegners, und die Antworten waren alles andere als beruhigend. Mit einer blitzschnellen, gleitenden Bewegung zog er den Disruptor aus seinem Halfter und feuerte auf die Kreatur, aber sie war nicht mehr dort, wo der Strahl hinschoß. Sie hatte sich noch schneller bewegt als der Hadenmann und war zur Seite ausgewichen. Mond schob die Waffe zurück und zog das Schwert. Es würde zwei Minuten dauern, bis der Energiekristall des Disruptors sich wieder aufgeladen hatte, und in Mond regte sich der starke Verdacht, daß der Kampf mit ziemlicher Sicherheit bis dahin längst vorüber war. Vielleicht hätte er doch nicht darauf verzichten sollen, eine Projektilwaffe mitzunehmen. Er grinste und spürte einen beinahe menschlichen Nervenkitzel bei dem Gedanken an die erste echte Herausforderung seit Jahren. Wenn ihm genug Zeit geblieben wäre, würde er die Kreatur wahrscheinlich mit Vergnügen studiert haben, ihre Fähigkeiten und Talente, aber jetzt mußte sie einfach nur sterben. Sie stand zwischen Mond und dem Erwachen seines Volkes. Er aktivierte seine allerletzten Energiereserven und schaltete so viele seiner bionischen Verstärkungen ein wie nur irgend möglich. Neues Leben strömte durch seinen Körper, als würde er endlich aus dem langen Schlaf des Menschseins erwachen. Des Nur-Mensch-Seins.

Alte Systeme, seit langer Zeit abgeschaltet und ungenutzt, funktionierten plötzlich wieder, und Mond grinste kalt. Der Extraterrestrier stand im Begriff herauszufinden, zu was ein Hadenmann in Wirklichkeit fähig war und warum das Imperium der Menschen die Hadenmänner so fürchtete.

Aber er würde sich beeilen müssen. Er mußte handeln, solange seine letzten Reserven noch hielten.

Mond schoß vor, das Schwert ein singendes silbernes Flirren in der Luft, und diesmal war die fremde Kreatur nicht schnell genug. Dennoch schaffte sie es, den Hieb Monds mit dem Unterarm abzublocken. Die Klinge bestand aus gehärtetem Neu-Damaszener Stahl, und die Schneide ging selbst durch massives Gestein hindurch wie Butter. Und mit der ganzen Kraft des voll aktivierten Hadenmanns dahinter hätte sie den Arm der Kreatur glatt durchtrennen müssen. Doch weit gefehlt. Kein abgetrennter, zuckender Arm fiel zu Boden.

Statt dessen zersplitterte die Klinge von Monds Schwert.

Mond erstarrte für den Bruchteil einer Sekunde und warf das nutzlos gewordene Heft der Waffe zur Seite, als die Kreatur nach seiner Kehle schnappte. Die beiden Gegner prallten zusammen, beinahe ebenbürtig an Kraft und Schnelligkeit, getrieben von Wut und Instinkt, zwei Kampfmaschinen, und jede konstruiert, die beste zu sein. Klauenbewehrte Hände schlossen sich um Monds Kehle, und er packte die weichen, schlüpfrigen Handgelenke der Kreatur mit all seiner Kraft.

Einen Augenblick standen sie sich reglos gegenüber, schweigend und verbissen in ihren Anstrengungen, und dann bog Mond langsam die Hände des Extraterrestriers von seinem Hals weg. Blut rann in seinen Nacken, wo die spitzen Krallen des Wesens in sein Fleisch eingedrungen waren. Mond löste plötzlich den Griff, machte einen Schritt in seinen Gegner hinein und hämmerte die Faust mit aller Macht in den Leib des Wesens. Ein Schlag, der jedem Menschen alle Knochen gebrochen und dem Kampf augenblicklich ein Ende bereitet hätte, doch die Kreatur zuckte nicht einmal zusammen.

Monds Hand pulsierte vor Schmerz. Die Kreatur umschloß ihn in einer wilden Umarmung, die die Luft aus seinen Lungen zu treiben drohte, und ihre geifernden Kiefer zuckten in Richtung von Monds Gesicht. Der Hadenmann entwand sich gewaltsam dem Griff der Kreatur und wich schwer atmend zurück.

Das Wesen schoß so unvermittelt vor, daß selbst Monds verstärkte Sehorgane nur eine schattenhafte Bewegung wahrnahmen, und er verkürzte seine Reaktionszeit mit einem gedachten Befehl noch einmal Der Kyborg und der Extraterrestrier umkreisten sich vorsichtig, jeder von beiden zu schnell für das menschliche Auge. Fäuste schlugen zu, Klauen hieben durch die Luft und Kiefer schnappten, und das verschiedenfarbige Blut der beiden Kontrahenten spritzte auf den Boden.