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Ich habe noch keine Ahnung, wer es sein könnte, aber ich arbeite daran. Egal. Diese Leute hier fordern Bürgerrechte für Klone, und sie sind darauf vorbereitet, alles zu unternehmen, um ihr Ziel zu erreichen. Gut, sie mögen vielleicht noch keinen charismatischen Führer gefunden haben, der die Dinge vorantreibt, aber wie es im Augenblick aussieht, ist das nur eine Frage der Zeit. Ich hoffe, Ihr habt mir gut zugehört! Der Ärger kommt mit Sicherheit, und ich will lebend hier raus!«

»Wir werden uns später darüber unterhalten«, sagte Lord Dram. »Und nun gebt endlich den Esper Ihrer Majestät wieder frei.«

»Gerne«, erwiderte der Agent. »Ihr würdet nicht glauben, was der Kerl für einen Müll in seinem Kopf hat. Macht hier eigentlich nie jemand sauber?«

» Auf der Stelle, Rapunzel!«

»Niemand dankt einem all die Mühe in diesem Geschäft

…«, brummte der Agent beleidigt, und dann wurde das Gesicht des Espers wieder leer und ausdruckslos.

Der Hof hatte die Auseinandersetzung schweigend mit angehört. Zusammenstöße zwischen den privaten Agenten der Herrscherin und denen des Hohen Lords Dram waren nicht ungewöhnlich, denn beide Seiten kämpften um das Ohr der Imperatorin. Ihre Arbeitgeber ermutigten die Rivalitäten noch, um sicherzustellen, daß sie weiterhin die Dinge erfuhren, die von Bedeutung waren, ob es ihnen gefiel oder nicht. Gelegentlich kam es sogar zu Schlägereien, doch bisher hatten die beiden Lager vor gegenseitiger Sabotage stets haltgemacht.

Und das obwohl der Konflikt wegen der Ächtung Owen Todtsteltzers zu einer verdammt ernsten Auseinandersetzung geführt hatte. Die Agenten der Imperatorin hatten die ganze Angelegenheit im stillen ablaufen lassen wollen, während die Leute Drams aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen die Nachricht über die gesamte Galaxis verbreitet hatten. Der daraus resultierende Streit war noch in vollem Gang.

Agenten führten ein hektisches Leben voller Gefahr und Heimlichkeiten, wechselten ihre Identitäten und selbst ihre Persönlichkeit auf der Suche nach Informationen, während sie ihre wahren Motive sorgsam verbergen mußten, und das in einem Zeitalter, in dem nichts für lange Zeit verborgen blieb.

Agenten tendierten deswegen, zu einer gewissen Exzentrizität, und sie waren sehr schnell auf den Beinen. Niemand konnte im voraus wissen, wann eine Tarnung aufflog und man bis zum nächsten Horizont flüchten mußte, während eine blutrünstige Meute einem an den Fersen klebte. Natürlich besaßen die Lords genau wie die Abgeordneten ihre eigenen Spione.

Jeder, der es sich leisten konnte, hatte seine eigenen Spione –

einschließlich manch einem, der es sich eigentlich nicht leisten konnte, weil er keine ausreichenden Mittel besaß. Am Hof der Löwenstein war Wissen Macht, ganz besonders dann, wenn man es vor allen anderen erlangte.

Die Herrscherin blickte zu Dram, und Dram blickte zur Herrscherin, und dann sahen beide wieder auf den versammelten Hof hinab. Welche Meinungsverschiedenheiten sie privat auch haben mochten – in der Öffentlichkeit traten sie immer einstimmig auf. Eine Menge Leute hatte gewaltige Summen ausgegeben, um einen Keil zwischen die beiden zu treiben, aber ohne jedes sichtbare Ergebnis. Was die Leute jedoch nicht davon abhielt, es weiterhin zu versuchen. Die Imperatorin lächelte über den versammelten Hof hinweg, und ein ahnungsvoller Schauer lief durch die Menge. Jetzt kam die Herrscherin endlich zum Kern der Sache: dem Grund, aus dem so viele von Golgathas Machern und Führungskräften an den Hof gerufen worden waren.

»Die Probleme, die Unser Reich zu bewältigen hat, werden mit jedem weiteren Tag ernster. Neue Bedrohungen durch fremde Rassen, Rebellen im Untergrund und so vieles mehr.

Und deshalb müssen Wir heute mehr als je zuvor auf der bedingungslosen Loyalität Unserer Untertanen bestehen. Wenn das Reich zerbricht, werden Milliarden sterben. Die Kolonisten auf den äußeren Welten sind auf Nachschub aus dem Kern des Imperiums angewiesen, genau wie die inneren Welten auf Rohstoffe aus den Kolonien warten. Selbst Wir hier auf Golgatha, der Heimatwelt des Imperiums, sind von anderen abhängig geworden. Kein Mensch darf in dem Bestreben nachlassen, sein Bestes zu geben – oder das System, von dem wir alle abhängen, bricht zusammen. Uns bleibt deshalb keine andere Wahl, als bis zum Ende des Jahres eine zehnprozentige Steigerung Unserer gesamten Industrieproduktion zu verlangen.«

Ein langes Schweigen entstand. Zehn Prozent! Das war noch nie dagewesen! Das bedeutete längere Arbeitszeiten für jedermann. Die Lords und Abgeordneten würden Unsummen an Geld aufbringen müssen. Die Höflinge blickten sich an.

Jemand mußte etwas sagen. Nach einer ungemütlich langen Pause, während der die Luft von unausgesprochenen Protesten schwanger war, räusperte sich der Abgeordnete von Schattentor Nord.

»Eure Majestät! Die Zeiten sind hart für uns alle. Kredite sind rar, und unsere Reserven sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Wenn wir die Produktivität wirklich auf das Niveau anheben wollten, das Ihr vorschlagt, dann bin ich überzeugt, daß die arbeitenden Kräfte revoltieren werden. Wir würden ganz ohne Zweifel mit Bummelstreiks, Arbeitsniederlegungen und sogar Sabotage konfrontiert werden. Außer natürlich, wenn Eure Majestät Gelder aus der Imperialen Schatztruhe zur Verfügung stellt, um uns durch diese unruhigen Zeiten zu helfen. Ich fürchte…«

»Furcht!« unterbrach ihn die Herrscherin. »Er sollte Uns fürchten, Abgeordneter! Er sollte um das Schicksal Unseres Reiches fürchten, wenn Unsere Regierung versagt, und Er sollte um Sein Leben fürchten, wenn Er darin versagt, Unsere Anordnungen zu befolgen. Wenn Er seine Arbeit nicht erledigen kann, dann werden Wir Ihn einsperren und exekutieren lassen; und dann werden Wir sehen, ob Seine Stellvertreter die Sache nicht besser machen. Sie sind ganz bestimmt sehr motiviert, alles zu versuchen. Haben wir uns klar genug ausgedrückt, Abgeordneter?«

»Ganz ausnehmend klar, Eure Majestät. Ich bin mir vollkommen sicher, daß niemand von uns wünscht, Eure Majestät in irgendeiner Weise zu enttäuschen.«

»Oh? Aber einige tun genau das, Abgeordneter, genau das.

Er wäre überrascht. Verräter finden sich an den unerwartetsten Stellen. Haben Wir nicht recht, Lord Sommer-Eiland?«

Die Stille war beinahe unheimlich, als alle Köpfe sich zu dem Angesprochenen umwandten. Die Leute in seiner Nähe wichen zurück, als hätte Sommer-Eiland eine ansteckende Krankheit, und einen Augenblick später stand er vollkommen allein inmitten eines freien Raums. Sommer-Eiland blickte sich langsam um. Er schien nicht sonderlich überrascht. Der alte Mann sah zu Löwenstein und lächelte schwach. Sein Blick war direkt, das Haupt stolz erhoben, und in diesem Augenblick schien er Zoll für Zoll genau der Krieger, der er immer gewesen war.

»Des einen Verräter ist des anderen Held, Eure Majestät«, erwiderte er leichthin. »Vielleicht habt Ihr einen bestimmten Namen, an den Ihr dabei denkt?«

»Vielleicht haben Wir das«, sagte die Herrscherin. »Er hat zu oft gegen Uns gesprochen, Sommer-Eiland, und Unsere Pläne zu oft durchkreuzt.«

»Ich erinnere mich an Zeiten, als es noch kein Verbrechen war, wenn ein Mann seine Meinung vertrat. Aber es ist bereits eine ganze Weile her, daß Euer Vater herrschte. Seither haben sich viele Dinge geändert.«

Löwenstein lächelte. »Er hat Unser Mißfallen erweckt, Sommer-Eiland, weil Seine zahlreichen Worte der Kritik nicht nur auf Uns selbst, sondern auf Unser Reich gerichtet waren. Können Wir uns darauf verlassen, daß Er in Zukunft von derart verräterischer Rede Abstand nimmt?«

»Seid nicht albern, Löwenstein. Ich bin ein zu alter Hund, um noch neue Tricks zu lernen, und selbst wenn ich könnte –

ich will nicht. Ich erinnere mich an die Zeit, als Ihr ein Kind wart. Ihr stecktet so voller Freude, als Ihr jünger wart. Wenn ich gewußt hätte, was einmal aus Euch werden würde… vielleicht hätte ich Euch trotzdem am Leben gelassen. Ich war immer zu weichherzig, was Kinder angeht. Ich bin der letzte aus dem Inneren Kreis Eures Vaters. Die anderen sind alle tot.