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Im Vorzimmer saßen Kapitän Schwejksam und Investigator Frost. Man hatte sie in ein Kraftfeld gesperrt und in Ketten gelegt. Das Kraftfeld schimmerte an den Rändern des Sichtfelds, wohin man den Blick auch wandte. Das Vorzimmer wirkte auf diese Weise unecht und geisterhaft. Schwejksam ließ sich dadurch nicht täuschen. Die Gefahr, in der er und Frost schwebten, war allzu real. Er hatte sein Schiff verloren und den vogelfreien Todtsteltzer entkommen lassen. Er hätte ehrenhaft auf seiner Brücke sterben sollen, als das Schiff auf den Planeten stürzte. Sein Clan hätte seinen Tod betrauert, und alles wäre vorüber gewesen. Aber Investigator Frost hatte aus ihm unerfindlichen Gründen darauf bestanden, sein Leben zu retten, und jetzt saß er hier. In Ketten gelegt. An Händen, Füßen und Kehle. In ausreichend Ketten, um ein ganzes Dutzend Männer festzuhalten. Und all das nur, um zu sehen, welch interessante und ganz besonders schmerzhafte Todesart die Imperatorin sich für ihn ausgedacht hatte.

Offiziell hatte man ihn vor ein Kriegsgericht zitiert, wo ein Ausschuß aus Peers und Offizierskameraden ein Urteil fällen sollte. Aber das Wort der Herrscherin hatte den Vorrang vor allem anderen, und wenn sie es so wollte, dann besaß sie auch das Recht, sich als erste mit ihm zu beschäftigen. Andererseits hätte er von einem Kriegsgericht bestenfalls einen schnellen Tod erwarten können. Schwejksam rüttelte an seinen Ketten und rümpfte die Nase. Minderwertige Qualität, aber trotzdem vollkommen ausreichend, um ihn auch ohne Kraftfeld festzuhalten. Er würde nirgendwohin gehen. Es gab sowieso keinen Ort, an den er gehen könnte. Keinen Ort, an dem die Imperatorin ihn nicht finden würde. Und als Gesetzloser hätte er sowieso nicht leben wollen. Andauernd auf der Flucht, andauernd den Blick über die Schulter nach hinten gerichtet, um zu sehen, ob sie bereits hinter einem her waren. Kein Frieden.

Keine Chance für Glück, geschweige denn Ehre. Schwejksam seufzte schwer, nicht zu ersten Mal, und blickte Investigator Frost an, die neben ihm saß. Die Gefangenenwärter hatten sich etwas Besonderes für Frost ausgedacht und sie mit dicken stählernen Ketten behängt, unter deren schierem Gewicht ein normaler Mensch zusammengebrochen wäre. Doch Frost ignorierte ihre Fesseln. Sie saß stolz und aufrecht auf der hölzernen Bank, als wäre es ihre eigene Idee gewesen hierherzukommen. Das Kraftfeld diente hauptsächlich dem Zweck, Frost festzuhalten. Sie war ein weiblicher Investigator. Niemand wollte etwas dem Zufall überlassen.

Vor den verriegelten Doppeltüren zum Hof hatten zwei Wachen Posten bezogen und warteten auf das Signal, die Gefangenen hineinzuführen. Die Soldaten waren groß und hart und wirkten extrem kompetent. Schweiksam hatte seine Zweifel, ob er gegen sie bestehen könnte, selbst ohne Ketten und mit einem Schwert in der einen und einer Granate in der anderen Hand. Er seufzte erneut, und seine Ketten rasselten traurig.

»Ich wünschte, Ihr könntet damit aufhören«, sagte Frost.

»Tut mir leid. Aber was soll ich sonst machen?«

»Man wird uns bald aus dem Kraftfeld entlassen.«

»Was macht das für einen Unterschied, Investigator? Wir können nirgendwohin fliehen.«

»Ihr solltet nicht resignieren, Kapitän. Es gibt immer Möglichkeiten.«

Schwejksam blickte sie an. »Ist das der Grund, aus dem Ihr mich auf der Brücke der Sturmwind gerettet habt?«

»Selbstverständlich, Kapitän.«

»Na, dann jedenfalls schönen Dank. Aber ich verzeihe Euch, Frost. Zum damaligen Zeitpunkt muß es Euch als eine gute Idee erschienen sein.«

Frost bewegte sich, und ihre Ketten rasselten. Die bewaffneten Posten blickten aufmerksam zu ihr hinüber. »Ich habe nur meine Pflicht erfüllt, Kapitän.«

»Bedeutet das vielleicht, daß Ihr nicht fliehen würdet, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt?«

»Selbstverständlich würde ich fliehen, Kapitän. Ich bin loyal, aber das heißt nicht, daß ich dumm bin. Wir müssen unsere Augen offenhalten und bereit sein. Es gibt immer Möglichkeiten.«

Und dann schwangen die schweren Doppeltüren ein Stück auf, und die beiden bewaffneten Posten setzten sich in Richtung der Gefangenen in Bewegung. Einer zog seinen Disruptor und richtete ihn bedeutungsvoll auf Investigagor Frost.

Schwejksam fühlte sich irgendwie beleidigt. Der zweite Posten beschäftigte sich mit den Kontrollen an seinem Handgelenk, und das Kraftfeld verschwand. Schwejksam tauschte einen Blick mit Frost.

»Wenn Ihr einen Vorschlag oder eine Idee habt, dann wäre jetzt ein wirklich verdammt guter Zeitpunkt, um mich einzuweihen.«

»Wir könnten unsere Ketten benutzen und jeden totschlagen, der uns zu nahe kommt.«

»Gute Idee. Dann werden sie uns wenigstens schnell töten.

Überlegt weiter, Investigator.«

Die Wachen bedeuteten Frost und Schwejksam, durchs

geöffnete Portal vor den wartenden Hof zu treten. Sie hielten sich in sicherem Abstand von den Gefangenen, und beide hatten ihre Disruptoren auf Frost gerichtet. Schwejksam nahm seine Ketten auf und erhob sich unbeholfen. Er benötigte einen Augenblick, um sein Gleichgewicht wiederzufinden, als sich die schwere Last verlagerte; dann stolperte er in Richtung der Doppeltür. Er bezweifelte, daß er überhaupt einen Schritt hätte gehen können, wenn er keine Erfahrungen auf Planeten mit hoher Gravitation gesammelt hätte. Die Wachen würden sich köstlich amüsiert haben. Sie suchten nur nach einer Ausrede, um ihn erneut windelweich zu prügeln. Schwejksam biß die Zähne zusammen und blieb in Bewegung. Frost stapfte neben ihm her, mit geradem Rücken und hocherhobenem Kopf. Sie ignorierte ihre Ketten, als wären sie nur einer der vielen Partyscherze, die heutzutage so beliebt waren. Trotzdem war sie höflich genug, neben Schwejksam zu bleiben.

Und das machte alles irgendwie noch schlimmer.

Sie passierten das offenstehende Portal und befanden sich unvermittelt in knöcheltiefem dreckigem Wasser. Schwejksam war nicht in der Verfassung, daß es ihn noch gekümmert hätte. Nur eine weitere Demütigung, mehr nicht. Er platschte durch den Morast und kämpfte darum, den Kopf oben zu halten. Der Hof war gerammelt voll. Man schien eine wirklich äußerst unangenehme Exekution zu erwarten. Vor ihm bildete sich eine schmale Gasse, als Menschen sich zurückzogen, damit man sie nicht durch bloße Nähe mit ihm oder Frost in Verbindung bringen konnte. Schwejksam scherte sich nicht darum. Wenigstens schrien oder spuckten sie ihn nicht an und bewarfen ihn nicht mit Gegenständen. Obwohl er es bei näherer Betrachtung vorgezogen hätte, ein wenig angeschrien zu werden. Die drückende Stille begann allmählich an seinen Nerven zu zerren. Er stolperte weiter, Frost an seiner Seite, die Wachen in respektvollem Abstand dahinter. Schwejksam mußte sich anstrengen, um über die versammelten Höflinge zu blicken, und sie erwiderten seinen Blick mit einem erwartungsvollen Ausdruck. Schwejksam kam der Gedanke, daß die Eiserne Hexe bestimmt nicht so viele wichtige Leute an den Hof bestellt hatte, nur damit sie Zeugen des Todes von Frost und ihm wurden. Sie mußten sich aus einem anderen, wichtigeren Grund hier versammelt haben. Was darauf schließen ließ, daß es vielleicht wirklich noch Möglichkeiten für ihn geben mochte.

Schließlich kamen Schwejksam und Frost vor dem Thron der Imperatorin zum Halten. Schwejksam hatte ein Gefühl, als müßte er jeden Augenblick umfallen, doch er zwang sich dazu, trotz der Ketten aufrecht zu stehen. Er war sicher, daß jetzt wirklich nicht der geeignete Zeitpunkt war, um Schwäche zu zeigen. Frost stand neben ihm. Sie wirkte ruhig und gefaßt wie immer. Im tieferen Wasser, nicht allzu weit von den beiden Gefangenen entfernt, rührte sich etwas. Schwejksam überlegte kurz, ob unter der undurchsichtigen Oberfläche etwas Lebendes lauerte. Etwas Hungriges. Die Eiserne Hexe war vollkommen vernarrt in diese Art von kleinen Scherzen.