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Es spielte eigentlich keine Rolle. Nicht wirklich. Wenn es zu nahe kam, würde Frost sich schon darum kümmern.

Schwejksam erwiderte Löwensteins Blick, und sie lächelte ihn kalt an. Er verbeugte sich, so gut er konnte. Sie war trotz allem seine Herrscherin. Frost blieb aufrecht stehen. Eine der Wachen machte mit erhobener Waffe einen Schritt nach vorn, um sie auf die Knie zu prügeln. Das war ein Fehler. Frost spannte sich und trat mit steifem Bein aus. Ihre Stiefelspitze erwischte den Wächter in den Eingeweiden, und er hatte gerade genug Zeit für ein überraschtes Grunzen, bevor er in die hinter ihm wartende Menge flog. Gemeinsam fielen sie in das schmutzige Wasser, und laute Flüche erklangen durch das spritzende Geräusch hindurch. Der Wächter kam nicht wieder auf die Beine, ebenso wie einige der Höflinge, die er bei seinem Aufprall mit sich gerissen hatte. Schwejksam mußte unwillkürlich grinsen. Man konnte sich darauf verlassen, daß Frost Eindruck machte, wo sie auch auftrat. Für kurze Zeit erhob sich lautes Protestgeschrei in der umgebenden Menge, aber als die Herrscherin ihre Höflinge schweigend anfunkelte, wurde es rasch wieder still. Dann wandte sie den Blick zu Frost und Schwejksam, und der ehemalige Kapitän der Dunkelwind sah überrascht, daß die Eiserne Hexe noch immer lächelte. Es dauerte einen Augenblick, bis er bemerkte, daß ihm das Lächeln überhaupt nicht gefiel.

»Laß Sie Unsere Wachen in Frieden, Investigator. Tu Sie Uns den Gefallen. Es ist entsetzlich kostspielig, sie zu ersetzen. Laß Sie sich versichert sein, daß Sie sich nicht in Gefahr befindet. Die Ketten sind eine reine Formalität.«

»Eine recht schwere Formalität, Eure Majestät«, sagte Schwejksam. »Dürfte ich erfahren, aus welchem Grund wir hier sind?«

»Wir haben eine Verwendung für Ihn, Kapitän Schwejksam.

Wir sind sehr verärgert über Ihn und Investigator Frost. Ihr habt ein ganz vorzügliches Sternenschiff verloren und darin versagt, den Kopf des elenden Verräters Owen Todtsteltzer herbeizuschaffen. Wir wünschen Uns seinen Kopf, koste es, was es wolle. Wir werden ihn auf einen Pfahl spießen, genau hier am Hof, damit jedermann sehen kann, was mit denen geschieht, die es wagen, sich Uns zu widersetzen, ganz gleich, welches Ansehen sie genießen. Wir hatten geplant, Euch einen langsamen, qualvollen Tod zu bescheren, als Warnung für die, die Uns durch ihr Versagen zu enttäuschen wagen, aber

… Wir haben Unsere Meinung geändert. Wir haben Verwendung für Euch.«

Jetzt kommt’s, dachte Schwejksam. Am liebsten hätte er sich geduckt.

»Er hat Uns sehr erfreut mit der Art und Weise, wie Er die Bedrohung der Fremdrassigen auf Unseeli gehandhabt hat, sowohl damals, vor zehn Jahren, als auch vor erst kurzer Zeit.

Der Aufstand war eine Bedrohung für die Stabilität des Imperiums, aber Er hat dem Einhalt geboten, und den Fremdrassigen gleich mit. Und Er hat außerdem das fremde Raumschiff entdeckt, das kürzlich abstürzte, und Sich mit seinem Insassen beschäftigt, bevor dieser Kontakt mit seinesgleichen aufnehmen und sie vor Unserer Existenz warnen konnte. Dafür, und für andere Dienste, die Er Uns erwiesen hat, sei Er Unserer Dankbarkeit und der Vergebung all Seiner Verbrechen versichert.«

Die Menge spendierte mehr oder weniger spontanen Beifall, als der verbliebene Wächter die Kontrollen an seinem Handgelenk aktivierte und die Vorhängeschlösser eins nach dem anderen aufsprangen, wie eine Reihe von Knallfröschen, und die Ketten von Schwejksam und Frost abfielen. Sie fielen in das schlammige Wasser und waren verschwunden, als hätten sie nie existiert. Schwejksam rieb behutsam seine tauben Handgelenke, während sein Verstand raste. Löwenstein hatte genausoviel verschwiegen, wie sie gesagt hatte. Kein Wort von dem neuartigen Hyperraumantrieb im Wrack des fremden Raumschiffs. Sicher hatte sie jede Menge guter Gründe dafür.

Erstens war es nicht gut, wenn der Hof in Erfahrung brachte, daß die Fremden eine Technologie besaßen, die – zumindest in einigen Bereichen – der des Imperiums überlegen war. Und zweitens: Solange der Hof der Meinung war, daß die Wissenschaftler der Imperatorin die Produktion des neuen Antriebs kontrollierten, würde niemand es wagen, sich ihren Wünschen zu widersetzen, aus Furcht, keinen Zugang zur neuen Technologie zu erhalten. Beides waren für sich allein genommen sehr gute Gründe, Frost und ihn zum Schweigen zu bringen. Etwas braute sich über ihnen zusammen, das spürte er ganz deutlich.

Gleich würde es kommen, das war so sicher wie das Amen in der Kirche.

»Hiermit setzen Wir Euch wieder in Euren Rang ein, Kapitän Schwejksam und Investigator Frost«, fuhr die Herrscherin beinahe nebensächlich fort. »Wir werden Euch ein neues Schiff geben, das mit dem neuen Hyperraumantrieb ausgerüstet ist, die Unerschrocken. Er wird sich gemeinsam mit Investigator Frost zum Planeten Grendel begeben und die Gewölbe der Schläfer öffnen.«

Ein erschrecktes Keuchen ging durch die versammelten Höflinge. Jeder erinnerte sich nur zu gut daran, was geschehen war, als man den Planeten entdeckt hatte. Grendel hatte unbewohnt ausgesehen, wie geschaffen zur Besiedelung. Aber tief unter der Oberfläche war eine Gruppe von Investigatoren auf die lange verlassenen Überreste einer großen Stadt

gestoßen, die von extraterrestrischen Wesen errichtet worden war, und man hatte massive stählerne Gewölbe entdeckt, die älter waren als alles, was man sich denken konnte. Die Investigatoren hatten eines der Gewölbe geöffnet, und die Schläfer waren erwacht.

Grauenhafte Kreaturen, Fleisch und Blut gewordene Alpträume mit Panzern aus Silizium, die irgendwie angewachsen zu sein schienen. Sie waren groß und bewegten sich mit unglaublicher Geschwindigkeit, und sie besaßen metallene Klauen und Kiefer. Innerhalb von Minuten hatten sie die gesamte Gruppe von Investigatoren ausgelöscht. Das Imperium entsandte erfahrene Landetruppen auf den Planeten, Kampfesper und sogar Wampyre. Sie starben alle. Zum Glück besaßen die Fremden keine eigenen Raumschiffe, und so steckten sie auf dem Planeten fest. Die Flotte zog sich über Grendel zusammen und verbrannte den Planeten aus dem Orbit heraus. Seither stand Grendel unter Quarantäne und wurde von einem halben Dutzend Imperialer Sternenkreuzer bewacht. Es gab noch weitere Gewölbe und weitere Schläfer, und das Imperium verspürte nicht den Wunsch, sie durch irgend jemanden wecken zu lassen.

Offensichtlich hatte sich das nun geändert. Bestürzt schüttelte Schweijksam den Kopf. Grendel. Fast hätte er sich lieber exekutieren lassen.

»Darf ich erfahren, warum wir diese Büchse der Pandora wieder öffnen sollen, Eure Majestät?«

»Selbstverständlich, Kapitän. Er wird die Gewölbe von Grendel eines nach dem anderen öffnen und erforschen – mit allen Mitteln, die Ihm angemessen erscheinen –, wie die Schläfer gezähmt und dressiert werden können. Ihm werden dazu unbeschränkte Mittel, Waffen und Männer zur Verfügung gestellt. Setz Er ein, was auch immer Ihm als notwendig erscheint, um Seine Aufgabe zu erfüllen. Wir beabsichtigen, die Schläfer in Unserem bevorstehenden Konflikt mit den neu entdeckten Fremdrassen als Stoßtruppe einzusetzen. Hat Er noch weitere Fragen?«

»Bleibt mir genügend Zeit, um vor der Abreise ein Testament aufzusetzen?« fragte Frost.

Die Herrscherin lachte auf und winkte mit einer lässigen Handbewegung weitere Wachen herbei. »Eskortiert den Kapitän und Investigator Frost zu ihrem neuen Schiff. Achtet darauf, daß sie auf dem langen Weg nicht verlorengehen.«

Schwejksam verbeugte sich, und er und Frost verließen den Hof hocherhobenen Hauptes, wobei sie ihr Bestes gaben, das Dutzend schwerbewaffneter Wachen zu ignorieren, das sie eskortierte. Schwejksam schüttelte reumütig den Kopf, als er draußen war. Nicht nur, daß die Eiserne Hexe ihn vor eine beinahe unlösbare Aufgabe gestellt hatte, bei der Investigator Frost und er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Leben verlieren würden, nein, sie hatte auch sichergestellt, daß er keine Gelegenheit haben würde, vorher den Mund über die Herkunft des neuen Hyperraumantriebs zu öffnen. Löwenstein fehlte es nicht an Schläue und Gerissenheit, was zumindest teilweise der Grund war, warum sie noch immer herrschte.