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»Was immer sie zahlen, ich gebe Euch das Doppelte«, versuchte Valentin zu verhandeln.

Die Banditen feixten und kicherten erneut, doch das Grinsen des Anführers erlosch. »Es geht nicht nur ums Geld. Es ist eine einmalige Gelegenheit, es einem Aristo heimzuzahlen.

Ihr habt alles, wovon wir nur zu träumen wagen, und Ihr seid immer noch nicht zufrieden. Ihr kommt hierher, wo wir unsere Existenz fristen, und lacht uns wegen unseres drolligen, malerischen Lebens aus. Ihr zertrümmert unsere Lokale, stoßt unsere Frauen in den Dreck und laßt uns um die Krümel kämpfen, die Euch herunterfallen. Wir kriegen einen Haufen Geld, um dich zusammenzuschlagen, Wolfchen, aber wir hätten es sogar umsonst getan. Wir hassen dich, Aristo. Dich und das ganze adlige Pack.«

»Wir hassen Euch nicht«, entgegnete Valentin. »Wir nehmen keine Notiz von Euch. Genausowenig wie von dem ganzen anderen Abfall, der in den Rinnsteinen liegt.«

Die Dämonen hörten auf zu lachen, und plötzlich lag wilde Spannung in der Luft. Licht funkelte auf Stahl, als die

Schläger ihre Waffen hoben. Eine lange Eisenkette rasselte leise, als sie um eine Faust gewickelt wurde. Der Anführer nickte den beiden Burschen zu, die Georgios festhielten, und sie stießen den Ladenbesitzer auf die Knie. Georgios war ein kleiner, rundlicher Mann mit kahlrasiertem Kopf. Er wirkte wie ein Kind zwischen lauter Riesen. Der Anführer zog eine lange, schmale Klinge und trat zu Georgios.

»Haltet ihn fest. Ich glaube nicht, daß unser kleiner Aristo uns ernst nimmt. Vielleicht wird das hier seine Meinung ändern.«

Mit einer einzigen, sparsamen Bewegung schlitzte er Georgios’ Kehle von einer Seite zur anderen auf. Blut spritzte über den makellos sauberen Flur. Georgios bäumte sich auf und zappelte in den Händen seiner Peiniger, aber sie hielten ihn eisern fest. Er schaffte es noch nicht einmal, seine Hände auf den zweiten, blutigen Mund in seiner Kehle zu legen. Die Kräfte verließen ihn schnell, zusammen mit dem ausströmenden Blut, und er sank vornüber. Die beiden Kerle ließen ihn los, und Georgios fiel auf den Boden, wo er reglos in seinem Blut liegen blieb. Er starb so schnell, daß es schwer war, den genauen Zeitpunkt zu erkennen, an dem alles Leben seinen Körper verlassen hatte. Nur Valentin sah zu. Die Banditen beobachteten ihn. Langsam hob Valentin seine finsteren Augen und blickte zu den Dämonen, und plötzlich lag etwas Neues in der Luft. Das purpurne Lächeln des Aristokraten zeigte keinerlei Freundlichkeit mehr, und seine geschminkten Augen waren kalt wie Stahl. Er sah anders aus, und die Dämonen benötigten einen Augenblick, um zu erkennen, was sich geändert hatte. Er sah nicht mehr wehrlos aus.

»Das war eine Schande«, sagte Valentin leise. »Niemand hat so gutes Konfekt gemacht wie der liebe Georgios. Ich schätze, ich werde Euch dafür strafen müssen. Georgios war nicht besonders wichtig, aber er gehörte mir. Niemand nimmt mir etwas weg und lebt lange genug, um damit zu prahlen. Ich schätze, ich werde Euch alle dafür töten. Ich will versuchen, es nicht zu sehr zu genießen.«

Einen langen Augenblick sagte niemand ein Wort. Die Dämonen standen wie festgefroren da. Die Spannung ließ die Luft beinahe knistern. Dann lachte der Anführer leise, und alle richteten ihre Aufmerksamkeit auf ihn.

»Netter Versuch, Aristo. Aber uns machst du keine angst.

Wir sind zwölf, und du bist alleine. Es ist scheißegal, wie wichtig du bist. Packt ihn, Jungs. Laßt uns ein wenig Spaß haben.«

Die Banditen setzten sich wie ein Mann in Bewegung und verteilten sich kreisförmig um Valentin, der weder auswich noch zum Angriff überging. Er blieb reglos stehen und fixierte aus dunklen, kalten Augen den Anführer, während seine aufgeputschten Sinne die anderen belauerten. Er konnte jeden Schritt hören, jedes Rascheln ihrer Hosen. Ihre Ausdünstungen schienen dick in der Luft zu liegen. Valentin mußte nicht erst hinsehen, um zu wissen, wo jeder einzelne von ihnen sich im Augenblick befand. Sein kaltes Lächeln wurde keine Sekunde lang unsicher. Die gemeinsamen, wie einstudiert wirkenden Bewegungen der Dämonen verrieten Valentin, daß sie eine Sympatico-Droge genommen haben mußten. Sie bewegten sich auf eine synchrone, koordinierte Art, als würde jeder einzelne Bandit, ohne hinzusehen, genau wissen, wo jeder andere stand, und sie hoben alle gleichzeitig und mit der gleichen Bewegung ihre Waffen… Folgt dem Anführer. Natürlich. Wenn er zuerst den Anführer ausschaltete…

Valentin bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit.

Die Kampfdrogen in seinem Körper rasten, als er sich auf einem Fuß drehte und den anderen hochriß. Er traf den Anführer mit der Stiefelspitze an der Schläfe. Die schiere Gewalt des Trittes riß den Kopf des Banditen zur Seite und brach ihm das Genick. Seine Augen verdrehten sich nach innen, und er fiel wie ein Stein zu Boden. Noch bevor er aufschlug, hatte Valentin sich bereits dem nächsten Angreifer zugewandt.

Die Kampfdrogen wirbelten in ihm und erfüllten seinen Verstand und seinen Körper mit ungeahnten Möglichkeiten.

Die Dämonen waren durch den plötzlichen Verlust ihres Anführers geschockt, doch es würde nicht lange dauern, bis die Sympatico-Droge in ihnen einen neuen Fokus gefunden hätte.

Der Bursche vor Valentin war blutjung, eine schlanke, beinahe magere Gestalt, deren Haut sich wie Pergament über den Schädel spannte. Er traf ihn am Kehlkopf, und der Kerl sank hustend in die Knie. Mit atemberaubender Geschwindigkeit drehte Valentin sich zu seinem dritten Opfer um, doch in den Augen der Banditen funkelte neues Licht. Sie hatten einen neuen Fokus gefunden, und ihr Bandenbewußtsein war wieder auf Valentin fixiert. Und diesmal würden sie sich nicht damit begnügen, ihn zusammenzuschlagen. Dämonenblut war vergossen worden. Nur Valentins Tod würde sie jetzt noch zufriedenstellen. Widerstrebend zollte Valentin ihnen seine Anerkennung. Es zeigte ihm, daß die Kerle wenigstens wußten, was Ehre bedeutete.

Ein Messer blitzte auf und flog auf Valentin zu. Es war mit mehr als der üblichen Kraft geworfen worden, trotzdem fing es Valentin mit einer fließenden, eleganten Bewegung aus der Luft und sandte es zu dem Werfer zurück. Die Klinge verschwand bis zum Heft im Auge des Banditen, und Blut schoß aus der Wunde, als er nach hinten taumelte und zusammenbrach. Ein anderer Dämon schwang seine nagelbespickte Kette, und die stacheligen Glieder zischten durch die Luft in Richtung auf Valentins Gesicht. Der Aristokrat machte einen Schritt nach vorn und hielt die Waffe mit hochgerissenem Arm auf. Die Kette wickelte sich fest um sein Handgelenk, doch die widerlichen Metalldornen drangen nicht in seine Haut ein. Sein Fleisch hatte sich verändert, war widerstandsfähiger und formbar. Es legte sich um die Dornen und hielt sie fest, als der Bandit an der Kette zerrte. Valentin riß seine Hand zurück und zog den Dämon zu sich heran, dann schlug er ihm die freie Faust ins Gesicht. Die Haut an seinen Fingern formte eine breite Masse aus Fleisch und bedeckte Mund und Nase seines Gegners. Der Bandit ließ die Kette fallen und zog verzweifelt an Valentins Arm, aber die Haut bewegte sich keinen Millimeter. Valentin war sehr zufrieden mit dem Effekt. Er hatte die neuartige Droge bisher noch nicht im Kampf ausprobieren können. Sie war eigentlich als sexuelles Stimulans gedacht, um das Fleisch für noch intimere Berührungen formbar zu machen, doch Valentin hatte nicht lange gebraucht, um andere Möglichkeiten zu entdecken.

Die Bemühungen des Dämons ließen rasch nach, als ihm die Luft ausging. Im selben Augenblick sprangen die restlichen Banditen Valentin an, und eine Weile war nichts mehr zu erkennen außer einem Gewühl pressender Körper und blitzenden Stahls. Doch so schnell sie auch waren – Valentin war schneller. Er tänzelte um die Banditen herum wie ein Geist, überall zugleich, doch nicht zu fassen, und seine Hände schossen vor und töteten und verstümmelten. Die Drogen hatten nun den Gipfel ihrer Wirksamkeit erreicht. Valentin war schnell und wütend. Seine Neuronen feuerten mit unglaublicher Geschwindigkeit, und seine Bewegungen und Entscheidungen dauerten nur Bruchteile von Sekunden. Seine Schläge waren verheerend und unaufhaltsam, und die wenigen Male, wo Dämonenstahl sein ausweichendes Ziel traf, verheilte das formbare Fleisch innerhalb weniger Augenblicke. Die Dämonen kämpften mit dem Mut zunehmender Verzweiflung, aber sie trafen sich gegenseitig häufiger als Valentin. Einer nach dem anderen fiel, während Valentin seinen Tanz tanzte und inmitten der Gegner Pirouetten von tödlicher Grazie vollführte. Seine Arme und Beine bewegten sich zu schnell für ihre Augen, und das letzte, was die Dämonen in ihren verlöschenden Leben erblickten, war das schreckliche purpurne Lächeln Valentins.