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Stephanie wandte den Blick von ihrem Vater und suchte nach einer Ablenkung. Draußen in der Arena zeigte der riesige Holoschirm Nahaufnahmen und Zeitlupenwiederholungen der letzten Kämpfe. Der Schirm war für die Kenner aufgestellt worden und half den Besuchern auf den hinteren Rängen, keine Einzelheit der blutigen Schlachterei zu versäumen.

Stephanie grinste breit und genoß die Schau. Es ging doch nichts über ein Drama auf Leben und Tod, um das Blut in Wallung zu bringen. Sicher, es gab Leute – innerhalb und außerhalb der Familien –, die regelmäßig die Schließung der Arena forderten, oder zumindest ihre Entschärfung, aber sie erreichten nie etwas. Die Spiele genossen unglaubliche Popularität im gesamten Imperium und zogen große Massen überall hin, wo ein Holoschirm stand: und die Schau übertrug.

Allein der Versuch, die Schau abzusetzen, würde die Bevölkerung rebellieren lassen.

Und dann versteifte sich Stephanie erneut, als sich Schritte der Loge näherten. Ihr Herz begann zu hämmern, und sie atmete tief durch, um die verräterische Röte aus ihrem Gesicht zu vertreiben. Der Bote mit der Nachricht von Valentins Mißgeschick war endlich eingetroffen. Sie wandte sich langsam um, den Augenblick genießend, und fand sich Auge in Auge mit Valentin, der gelassen die Loge betrat, als sei nichts geschehen und alles in der Welt stünde zum Besten. Für einen Moment glaubte Stephanie, ohnmächtig werden zu müssen, doch ein schneller Blick zu Daniel, der mit offenstehendem Mund und hervorquellenden Augen dastand, brachte sie wieder zu sich. Sie mußte ruhig bleiben, kalt wie Eis. Sie mußte stark genug sein für beide, bis sie herausgefunden hatte, wie groß die Schwierigkeiten tatsächlich waren, in denen sie steckten. Stephanie brachte eine lässige Verbeugung in Richtung ihres ältesten Bruders zustande, und er nickte freundlich zurück.

»Stimmt etwas nicht, Schwesterherz?« fragte er höflich.

»Du siehst so blaß aus.«

»Nein, nein, alles in Ordnung«, erwiderte Stephanie so ruhig, wie sie nur konnte. »Du hast dich verspätet, Valentin.

Wir haben uns Sorgen gemacht, daß dir etwas zugestoßen sein könnte. Ist… ist dir auf dem Weg hierher irgend etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«

»Etwas Ungewöhnliches? Nein, nicht daß ich wüßte. Warum fragst du?«

»Oh, äh… kein besonderer Grund«, stammelte Stephanie.

»Wirklich, kein besonderer Grund.«

Valentin grinste sein breites purpurnes Grinsen. Seine dunklen Augen verrieten nichts. Er schüttelte den Umhang ab und legte ihn über die Rückenlehne des nächsten Sessels. Stephanie runzelte verblüfft die Stirn. Ihr Bruder steckte in den häßlichsten, gröbsten und unmodernsten Kleidern, die sie je an ihm gesehen hatte. Ehrlich gesagt sahen sie aus wie die Kleider eines gewöhnlichen Geschäftsmannes, und sie hatten nicht einmal die passende Größe. Stephanie hätte schwören können, daß ihr Bruder lieber gestorben wäre, als mit solchen Kleidern in der Öffentlichkeit herumzulaufen.

»Ich hab’ mich verspätet, weil ich unterwegs noch in einen Laden mußte«, sagte Valentin lässig. »Ich mußte meine neue Staffage abholen. Ziemlich schneidig, findest du nicht auch?«

»Wir können uns später über deinen entsetzlichen Geschmack unterhalten«, knurrte der alte Wolf. »Wir haben Familienangelegenheiten zu besprechen. Wir haben auf dein Erscheinen gewartet, weil einiges davon dich persönlich betrifft.«

Valentin ließ sich elegant in einen Sessel sinken und fixierte seinen Vater mit einem herablassenden Blick. »Du glaubst aber nicht, daß du mir wieder eine Entziehungskur verordnen kannst, oder etwa doch, lieber Vater? Du müßtest doch inzwischen wissen, daß mein Körper nie wieder normal sein wird, nachdem ich so viele wunderbare Dinge damit angestellt habe. Du würdest wahrscheinlich einfacher meine Größe ändern können als die Chemie meines Blutes.«

»Nein«, erwiderte er alte Wolf und lächelte freudlos. »Ich habe den Versuch aufgegeben, dich ändern zu wollen, Valentin. Ich dachte mir, es wäre an der Zeit, wenn jemand anderes daran weiterarbeitet. Ich habe beschlossen, daß es für euch an der Zeit ist zu heiraten. Für euch alle.« Er funkelte seine drei Kinder der Reihe nach an, die den Blick mit unterschiedlich schwerem Schock erwiderten. Das Grinsen des alten Wolf verbreiterte sich noch. »Und deshalb, meine Lieben, habe ich für euch alle Hochzeiten mit angemessenen jungen Partnern aus guten Familien vereinbart.«

Es folgte eine lange Pause, in der man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Jakob amüsierte sich köstlich. Valentin sah seinen Vater nachdenklich an. Stephanie und Daniel tauschten verzweifelte Blicke aus, die um gegenseitige Ideen und Hilfe flehten. Der Wolf nahm in seinem üblichen Sessel Platz und machte es sich gemütlich. Konstanze kam herbei und setzte sich neben ihren Gatten. Sie lächelte noch immer zuckersüß. Jakob tätschelte liebevoll ihren Arm.

»Eure neue Mutter und ich haben uns über die Angelegenheit unterhalten. Es wird Zeit, daß ein paar Enkelkinder auf meinem Schoß herumhüpfen, junge Pflanzen, die die Blutlinie fortführen. Ich habe mir viel Zeit gelassen, bis ich euch drei gezeugt habe, und ich werde nicht dulden, daß ihr den gleichen Fehler begeht. Ihr werdet heiraten, ob es euch paßt oder nicht.«

»Habe ich dich richtig verstanden?« fragte Valentin langsam. »Du hast unsere künftigen Partner bereits für uns ausgesucht?«

»Du hast verdammt richtig verstanden«, entgegnete der alte Wolf. »Wenn ich euch die Wahl überlassen hätte, wäre sowieso nichts Gescheites dabei herausgekommen. Ich habe junge Frauen aus den ersten Familien für dich und Daniel ausgesucht, und einen strammen jungen Burschen für dich, Stephanie. Gute Blutlinien, ganz hervorragende Abstammung. Ihr werdet sie heute nacht auf dem Imperialen Ball kennenlernen und nächsten Monat heiraten.«

»Nächsten Monat?« heulte Daniel auf. Stephanie hatte die Augen ihres Bruders noch nie so weit aus den Höhlen quellen gesehen, aber sie konnte ihm nicht helfen. Sie war zu sehr damit beschäftigt, ihre eigenen wirbelnden Gedanken unter Kontrolle zu bringen.

»Jawohl. Nächsten Monat«, erwiderte der alte Wolf. Jakob versuchte erst gar nicht, seine Befriedigung zu verbergen.

»Ich bin mir absolut sicher, daß sich jeder von euch dreien herauswinden würde, wenn ich euch mehr Zeit ließe. Also werden die Hochzeiten stattfinden, sobald die Anstandsregeln dies erlauben.«

»Vorher wirst du in der Hölle schmoren, Papa«, fauchte Stephanie. Sie hätte nicht für möglich gehalten, daß ihre Stimme so eiskalt und haßerfüllt sein könnte. Daniel nickte heftig an ihrer Seite.

»Ihr könnt sagen, was ihr wollt«, sagte der alte Wolf. »Es ändert nichts an meinem Entschluß. Ihr könnt natürlich die Zeremonie sprengen und das Jawort verweigern. In diesem Fall hätte ich keine andere Wahl, als euch zu enterben und aus dem Clan zu verstoßen. Denkt einen Augenblick in Ruhe

darüber nach, meine lieben Kinder. Könntet ihr ohne den Schutz der Familie überleben? Ohne Geld, ohne Rang, ohne Macht und ohne Zukunft? Arbeiten, um zu leben?! Welche Arbeit könntet ihr denn verrichten? Nein, meine lieben Kinder. Ihr seid zu lange im wohlbehüteten Schoß der Familie gewesen und zu lange verhätschelt worden, um in der wirklichen Welt da draußen zu überleben. Noch irgendwelche letzten Kommentare, bevor wir zum nächsten Punkt in der Geschäftsordnung übergehen?«

Er blickte mit höflich gehobener linker Augenbraue von einem Gesicht zum anderen. Daniel kämpfte darum, die Sprache wiederzufinden, während er aussah, als hätte ihm jemand in den Magen getreten. Stephanie runzelte angestrengt die Stirn und suchte anscheinend nach einem Ausweg. Valentin grinste seinen Vater plötzlich an.

»Wenn die Trauung kirchlich stattfindet, Vater – kann ich dann einen Schleier tragen? Ich sehe so vorteilhaft aus in Weiß.«