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Der Ring von Augen auf dem Kopf der Kreatur schien den Wald zu durchdringen, und das Wesen gab ein leises Knurren von sich. Die Menge wartete mit angehaltenem Atem auf das zweite Fremdwesen, das von den Arenameistern als Gegner für einen so gefährlichen Feind ausgewählt worden war. Es dauerte eine Weile, bis das Publikum bemerkte, daß es schon längst da war. Das zweite Fremdwesen war ein großer Haufen verwundener Pflanzen, beinahe fünfzehn Meter hoch. Es schien größtenteils aus langen Schlingen verdrehter Reben zu bestehen, die sich um eine wuchtige Masse in der Mitte rankten. Wenn das Wesen Sinnesorgane besaß, dann blieben sie jedenfalls verborgen. Trotzdem orientierte sich die zentrale Masse irgendwie in Richtung des Sauriers. Lange Reben schossen hervor wie Tentakel und wickelten sich um die Echse, die wütend auf brüllte und die Fesseln zerriß, als wären sie aus Papier. Aber es kamen immer neue Ranken nach und wickelten sich wie Hunderte langer Arme um das Reptil. Die beiden Fremdwesen kämpften verbissen miteinander, während die Zuschauer außer Rand und Band gerieten und die Buchmacher Rekordgewinne verzeichneten. Die vermeintlich Schlauen hatten auf das Tentakelwesen gesetzt, und wenn es nur deswegen war, weil es keine lebenswichtigen Stellen zu besitzen schien, die der Saurier angreifen konnte.

»Sind sie nicht wunderbar?« seufzte Konstanze glücklich.

»Liebst du die Fremden auch so sehr? Meinst du, sie sind intelligent?«

Der alte Wolf zuckte die Schultern. »Wen kümmert das schon?«

Der Saurier war inzwischen beinahe unter den fesselnden Ranken verschwunden. Er wurde nun langsam, aber stetig in Richtung der zentralen Masse des Tentakelwesens gezogen.

Die Echse kämpfte verzweifelt, doch ihre Arme waren an die Brust gefesselt, und ihre Beine wurden von Unmassen verdrehter Ranken gehalten. Nur der zuckende Schwanz besaß noch Bewegungsfreiheit, aber noch immer schossen weitere Ranken hervor und schlugen auf den keilförmigen Kopf der Echse ein wie Peitschen. Blut floß, und die Menge tobte.

Dann plötzlich hörte die Echse auf sich zu wehren und sprang statt dessen ihren Gegner an. Die schweren, klauenbewehrten Hinterbeine gruben sich tief in die große zentrale Masse des Pflanzenwesens, und die bösartigen Zähne packten zu wie Schraubstöcke und versanken tief in dem ledrigen Panzer, der den inneren Klumpen bedeckte. Der Saurier verlagerte sein Gewicht und hob die feindliche Pflanze vom Boden. Die Ranken schlugen hysterisch in jede Richtung, aber der Saurier ignorierte sie einfach. Er schüttelte die Pflanze, wie ein Hund eine Ratte schüttelte. Grüne Fasern flogen davon und landeten zuckend auf dem Boden. Die Zähne des Sauriers gruben sich erbarmungslos immer tiefer in den Panzer seines Gegners, und der Leib platzte auf. Das Reptil riß das freigelegte Herz des Pflanzenwesens heraus, und die zuckenden Ranken lagen plötzlich still.

Die Echse richtete sich auf und brüllte ihren Triumph in die Arena hinaus, bevor sie sich von den restlichen Ranken befreite und begann, die tote Pflanze methodisch zu zerfetzen, wobei sie große Stücke der reglosen Kreatur zwischen ihren Kiefern zerbiß und hinunterschlang.

Die Zuschauer jubelten der Echse zu, auch die, die gegen die Echse gewettet hatten. Es war ein guter Kampf gewesen, und jeder liebte die Sieger. Der Saurier ignorierte das Publikum und beschäftigte sich weiter mit seiner Beute.

Dann verstummte jedes Geräusch in der Arena, als den Menschen bewußt wurde, daß die Wärter nicht erschienen waren, um das Wesen in seinen Käfig zurückzubringen, wo es auf seinen nächsten Kampf warten würde. Die Nummer war noch nicht vorüber. Erwartungsvolles Raunen ging durch die Menge, als das Haupttor geöffnet wurde und eine einzelne Gestalt in den Dschungel trat. Ein Mann mit einem Schwert.

Ohne Eile schlenderte er zwischen den hoch aufragenden Holobäumen hindurch zur Lichtung, wo der Saurier fraß. Als die Zuschauer den Investigator Razor erkannten, trat für einen Augenblick völlige Stille ein. Leises Murmeln setzte ein, als man die Chancen diskutierte. Der Saurier war riesig und wild.

Ein natürlich geborenes Monster, eine Tötungsmaschine.

Aber… Razor war Investigator.

»Das kann nicht ihr Ernst sein«, protestierte Stephanie.

»Der Investigator hat seinen täglichen Kampf bereits bestritten. Selbst frisch und ausgeruht hätte er nicht die Spur einer Chance gegen dieses Monstrum. Es wird ihn zerreißen!«

Jakob lächelte seiner Tochter liebevoll zu und tätschelte ihr tröstend den Arm. Die wachsende Aufregung in ihrer Stimme war ihm nicht entgangen. »Wenn du eine Wette abschließen willst, meine Liebe, dann kann ich dir nur empfehlen, auf den Investigator zu setzen. Das Töten von Fremdwesen war immerhin einmal sein Beruf. Die Feldglöcks müssen höllisch viel Geld ausgegeben haben, um diesen Kampf zu arrangieren. Normalerweise kalkuliert die Arenaleitung zwanzig Kämpfe oder mehr, bevor so ein Wesen stirbt. Es besitzt Potential. Ich frage mich, wer als erster auf die Idee zu diesem Kampf gekommen ist. Die Feldglöcks, um ihr Prestige weiter zu steigern und einen guten Schnitt bei den Buchmachern zu erzielen? Oder war es Razor selbst, um zu beweisen, daß er noch immer unschlagbar ist?«

»Es ist mir egal, ob er ein Investigator ist«, mischte sich Daniel ein. »Diese Echse wird ihn in der Luft zerreißen und die Einzelteile ausspucken. Niemand, der auch nur halbwegs menschlich ist, könnte einem solchen Wesen widerstehen.

Vor allem dann nicht, wenn er nur mit einem Schwert bewaffnet ist.«

»Wer hat denn gesagt, daß Razor ein Mensch ist?« fragte Valentin. »Und außerdem – das ist kein einfaches Schwert, was er da bei sich trägt.«

Draußen auf den Rängen wurde es still, als Razor unter den Bäumen hervorkam und die düstere Lichtung betrat. Ruhig musterte er den großen Saurier, der plötzlich zu fressen aufhörte und den Schädel hob. Das Wesen schnüffelte deutlich hörbar. Dann spuckte die Echse eine halb zerkaute Masse Grünzeug aus und wirbelte mit rasender Geschwindigkeit herum, während ihr langer Schwanz hin und her zuckte, um das Körpergewicht auszubalancieren. Ihre Schuppen glänzten hell im Licht der purpurnen Sonne. Ihre Zähne waren deutlich zu sehen, als sie den Kopf hob und eine Herausforderung brüllte. Razor hob sein Schwert wie als Zeichen, daß er verstanden hatte, und zum ersten Mal erkannten die Zuschauer, daß die Waffe kein einfaches Schwert war. Ein schwaches, aber deutlich sichtbares Schimmern umgab die Klinge und verriet, daß eine Monofaser in die Schneide eingearbeitet war.

Ein unvorstellbar dünner Faden, mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen. Was bedeutete, daß diese besondere Klinge durch alles hindurchschneiden würde, was ihr in den Weg kam, solange der Energiekristall der Waffe das Feld aufrechterhielt, das die Klinge stabilisierte. Derartige Schwerter waren höchst ungewöhnlich. Sie waren beinahe unerschwinglich teuer, die Energiekristalle hielten nicht lange vor, und zumindest die meisten Aristokraten betrachteten den Einsatz eines Monofaserschwertes als nicht besonders ehrenhaft. Es schien allerdings zweifelhaft, ob Razor sich um die Meinung anderer Leute scherte. Investigatoren waren eher praktisch veranlagt.