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Der Maskierte Gladiator kämpfte immer nur mit seinem Schwert Morgana. Er verachtete monofaserverstärkte Klingen und andere Energiewaffen. Er war ein ganz ausgezeichneter Schwertkämpfer, der Schnelligkeit mit Geschick und trainierten Reflexen verband, die unter normalen Menschen ohne biomechanische Veränderung ihresgleichen suchten. Sicher gab es Leute, die behaupteten, er sei ein Kyborg oder etwas Ähnliches, oder zumindest ein Produkt der Körperläden, aber die Arenaleitung widersprach dem, und sie mußte es ja schließlich am besten wissen.

Der Maskierte Gladiator nahm seine Position in der Mitte der Arena ein und wartete geduldig auf seinen Opponenten.

Der gigantische Holoschirm zeigte eine Nahaufnahme des runden Helms und rechts und links davon Statistiken seiner vorhergehenden Kämpfe. Die Zahlen waren wirklich beeindruckend.

Einhundertsiebenunddreißig Kämpfe, und keinen einzigen davon hatte er verloren. Zu Beginn seiner Karriere war er zweimal ernsthaft verwundet worden. Das war auch schon alles. Die gegenwärtigen Wetten standen tausend zu eins gegen seinen Herausforderer. Die Quote hielt den unbedeutenden Nachwuchs davon ab, ihn herauszufordern, aber es gab trotzdem immer wieder Kämpfer, die ihr Glück versuchten.

Der letzte in dieser langen Reihe trat in diesem Augenblick aus einem Seitentor und schlenderte voller Selbstvertrauen auf den amtierenden Champion zu. Die Menge empfing ihn mit gutgelaunten Rufen. Man bewunderte Mut, und frisches Blut war stets willkommen. Der Name des Herausforderers lautete Auric Skye, und er hatte sich als Leibwächter für den Lord des Chojiro-Clans beworben. Aber das war eine der höchstangesehenen Positionen, die es in der Leibwächterszene überhaupt zu besetzen gab. Der einzige Weg, um sich an die Spitze der Bewerberliste zu katapultieren, lag im Bestehen einer Prüfung, de viel Mut und Geschicklichkeit erforderte. Auric hatte sich entschieden, den Maskierten Gladiator herauszufordern. Er erwartete nicht notwendigerweise zu gewinnen, aber wenn er einen guten Kampf lieferte, dann würden die Zuschauer sehr wahrscheinlich ihre Daumen für ihn heben, und dann würde er einer der ganz wenigen Kämpfer sein, die gegen den Maskierten Gladiator angetreten waren und den Kampf überlebt hatten. Der Chojiro-Clan würde ihn sicher in Augenschein nehmen.

Außerdem: Vielleicht gewann er ja auch. Er hatte ein As im Ärmel, und nicht nur dort.

Skye war jung, extrem muskulös und beinahe unanständig blond und gutaussehend. Wie der Champion war auch er nur mit einem Schwert bewaffnet. Der Chojiro-Clan war ein wenig altmodisch und lehnte Klone oder Esper und andere Abweichler von der menschlichen Norm strikt ab, aber es gab keine Einwände gegen die Errungenschaften moderner Technik. Skye trug unter der Haut verborgen Stahlplatten, die alle lebenswichtigen Organe seines Körpers schützten. Der Rest, Arme, Beine, Hals, alle beweglichen Teile waren durch ein ebenfalls verborgenes Stahlgewebe abgeschirmt. Eine Art interner Rüstung, die keinerlei Schwachstellen besaß. Das Gewicht machte ihn langsam, sicher, aber er hatte so seine Mittel und Wege, das auszugleichen. Der Maskierte Gladiator hatte noch nie zuvor gegen einen solchen Gegner gekämpft.

Trotzdem gab es kaum jemanden, der gegen den Champion wettete.

Skye marschierte vor, und der Maskierte Gladiator verbeugte sich höflich in seine Richtung. Skye verfiel in einen schwerfälligen Trab, das Schwert vorgestreckt. Sein Gewicht hinterließ tiefe Abdrücke im Sand, aber seine Bewegungen waren dennoch unheimlich flüssig. Er überbrückte die Entfernung zu seinem Gegner überraschend schnell. Der Champion lächelte in seinem Helm. Welcher Körperladen Skye auch immer mit seiner internen Rüstung versorgt hatte, es war eine ausgezeichnete Arbeit. Der Maskierte Gladiator machte einen plötzlichen Schritt nach vorn und überraschte Skye mit einem weitausholenden, pfeifenden Hieb Morganas. Skye brachte sein Schwert nicht mehr rechtzeitig hoch, um den Schlag abzuwehren, und die Klinge Morganas krachte seitlich gegen seinen Hals. Der Hieb hätte jeden normalen Gegner auf der Stelle enthauptet, aber Skye stand nur da und schüttelte sich.

Er grunzte leise und stolperte einen Schritt zur Seite, doch er fand sein Gleichgewicht augenblicklich wieder. Seine freie Hand schoß vor und packte Morganas Klinge. Die nackte Hand schloß sich wie ein Schraubstock um das Schwert, und der Maskierte Gladiator mußte all seine Kraft aufwenden, um Morgana aus Skyes Griff zu befreien. Ruckartig kam die Klinge frei, als die scharfen Schneiden durch die Haut schnitten und am Stahlgewebe darunter kratzten. Skye grinste nur.

Er ignorierte den Schmerz in seiner Hand und wirbelte die eigene Waffe mit verblüffender Geschwindigkeit zu einem Hieb gegen den Bauch des Maskierten. Der Gladiator blockte den Schlag, als hätte er ihn vorausgesehen, trotzdem mußte er einen Schritt zurückweichen. Skye rückte nach, und der Maskierte Gladiator wich noch weiter zurück. Die Menge verfolgte das Geschehen mit ungläubigem Staunen.

Schnell wurde aus dem Nachgeben des Maskierten Gladiators eine kreisförmige Bewegung, und die beiden Männer belauerten sich auf der Suche nach einer Öffnung in der Deckung des anderen. Dann stürzte sich Skye erneut vor, und die Schwerter klirrten laut, als sie immer und immer wieder krachend aufeinanderprallten. Skye hatte mehr Kraft und ein

höheres Gewicht, aber der Champion machte diesen Nachteil durch seine größere Geschicklichkeit spielend wett. Immer und immer wieder lenkte er Schläge zur Seite, die unaufhaltbar schienen, doch er konnte versuchen, was er wollte – ein Gegenangriff gelang ihm nicht. Skye gab ihm keine Zeit und keinen Raum. Er griff pausenlos und scheinbar ohne jedes Zeichen von Ermüdung an. Der Champion bezweifelte, daß Skye die Wucht seiner Angriffe noch lange aufrechterhalten konnte, aber wahrscheinlich war das auch gar nicht nötig. Der Gladiator mußte nur einen einzigen Fehler begehen, und das Spiel wäre aus.

Zu Skyes Pech war der Maskierte Gladiator kein Anhänger von Fehlern. Er wartete sorgfältig einen geeigneten Augenblick ab, um sich in Skyes Schläge hineinzudrehen und einen erbitterten Gegenangriff zu beginnen. Morganas Hiebe schienen aus allen Richtungen gleichzeitig auf Skye herunterzuprasseln. Der Herausforderer blockte die meisten Schläge ab, aber einige fanden dennoch ihr Ziel. Morgana traf immer und immer wieder, aber zum Erstaunen der Menge ging Skye nicht zu Boden. Wo auch immer Morgana Fleisch durchbohrte, traf es nur auf Stahlplatten und Stahlgewebe. Es floß fast kein Blut, und Skye zuckte nicht bei einem einzigen Treffer.

Der Schmerz war während der Arbeiten an seiner internen Rüstung zu einem guten Freund geworden. Und dann war der Maskierte Gladiator nur einen Tick zu langsam, um sich vor einem Ausfall Skyes zurückzuziehen. De freie Hand des Herausforderers schloß sich mit stählernem Griff um den Arm des Champions. Muskeln wölbten sich, und Skye schleuderte den Maskierten beinahe zehn Meter durch die Arena.

Der Champion kam hart auf und rollte noch ein gutes Stück weiter, dann war er wieder auf den Beinen. Hinter seinem Helm verzog er vielleicht das Gesicht vor Schmerz oder versuchte, wieder zu Atem zu kommen, aber seine Haltung blieb aufrecht, und sein Schwertarm zitterte nicht. Skye rannte bereits wieder auf sein vermeintliches Opfer zu und baute unterwegs den Schwung eines durchgehenden Lastzuges auf.

Der Maskierte Gladiator schüttelte sich einmal, als wollte er einen klaren Kopf bekommen, dann hob er Morgana und erwartete den Ansturm seines Gegners. Die Menge wurde wild angesichts der Möglichkeit, daß der Champion am Ende seinen Meister gefunden hatte, daß er geschlagen werden, in die Knie gezwungen und vielleicht sogar getötet werden könnte.

Sie riefen den beiden Kämpfern Warnungen, Ratschläge und ermutigende Worte zu. Sie standen auf den Sitzen, um nur nichts zu verpassen, und eine Menge von Wetten in allerletzter Minute wurde abgeschlossen, als eine Reihe von Zuschauern ihre Meinungen änderte.