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›Was soll das bedeuten?‹, schrie ich wütend, denn Angriff ist die beste Verteidigung. Der Reiter an meiner linken Flanke gab mir einen Schlag mit seiner geflochtenen Peitsche, wogegen ich mich nicht einmal schützen konnte, so eng hatten sie mich in ihre Mitte genommen.

›Halt dein Maul, oder willst du, dass ich es dir für immer stopfe?‹, brüllte mich der Reiter von der rechten Flanke an. Mein allzu grober Ton war vielleicht doch nicht dazu geeignet, die drei Reiter einzuschüchtern. Darum schlug ich sanftere Töne an. Vielleicht waren diese vier Männer Reitknechte eines hohen Herrn, der mich ohne viel Federlesen am nächsten Baum aufknüpfen lassen würde. ›Warum versperrt Ihr mir den Weg?‹, fragte ich möglichst zahm. Die Antwort gefiel mir gar nicht. ›Das wird dir der Herrscher von Al-Qudz selbst sagen. Er hat befohlen, dich zu ihm zu führen.‹ Ich brauche dir wohl nicht zu verraten, Uthman, wer diesen Befehl gegeben hatte.«

»Natürlich Nadjm Ghazi«, rief Uthman. »Du hattest dich zu lange in Tabuk aufgehalten. Denn dass der Emir auf dem Wege zum Roten Meer war, hatte dir Ortokides schon in Aqaba gesagt. Auch in Qumran hatte man den Besuch des Emirs erwartet, weil er wie der Teufel hinter der Seele Suleimans Schätzen nachjagte.«

»Ich hatte mir doch vorgenommen, dem Emir mannhaft gegenüberzutreten und die Unschuld Abu Hassans zu beweisen. Aber dieses Treffen im Staub der Pilgerstraße war nicht nach meinem Sinn. Der Emir hatte mich erkannt. Das zeugte von seinem guten Gedächtnis.«

Uthman grinste. »Vielleicht hattest du aber auch einen unauslöschlichen Eindruck auf ihn gemacht.«

»Lass deine dummen Scherze! Sonst wirst du gleich einen Eindruck auf deiner Wange spüren!« Henri lächelte. Gar so ernst war diese Drohung wohl nicht gemeint.

»Ich stand nun dem Emir gegenüber, der mich von oben bis unten musterte. Einer der Reiter hatte mich vom Pferd geholt und wollte mich zwingen, vor dem Emir im Staub niederzuknien. Aber ich leistete erbitterten Widerstand. Der Zug war zum Stehen gekommen, und die Nächststehenden umringten uns neugierig und erhofften sich ein wenn schon nicht blutiges Schauspiel, so doch wenigstens zu ihrer Erheiterung eine Bastonade. So machte es beinahe den Eindruck, denn die Reiterknechte warfen mich in den Sand und rissen mir die Schuhe von den Füßen. Man warf mich auf den Bauch und band mir die Füße zusammen. Einer der Reiter hatte schon mit freudigem Gesichtsausdruck einen biegsamen Stock herbeigeholt.«

»Hattest du schon einmal das zweifelhafte Vergnügen, die Bastonade zu erhalten?«, fragte Uthman, und Henri glaubte in dessen Gesicht ein wenig Schadenfreude zu erkennen.

»Noch nie! Ich hatte bisher nur von dieser sarazenischen Strafe gehört. Genau drei Schläge ließ mir der Emir auf meine Fußsohlen verabreichen. Dann gebot er Halt, obwohl die Menge murrte. Wie ich später erfuhr, war eine Bastonade unter fünfzig Schlägen nicht üblich. Ich erhob mich und stand dem Emir Auge in Auge gegenüber, obwohl das falsch ausgedrückt ist. Denn er saß hoch zu Ross und schaute auf mich herab, während ich staubbedeckt von unten zu dem Herrn von Al-Qudz hochschauen musste.

›Diese drei Schläge habt Ihr erhalten, um Euch einen kleinen Vorgeschmack zu vermitteln, falls Ihr es nicht aufgebt, in fremde Burgen einzudringen, um Abu Hassan zu befreien.‹ Man hatte ihm also von meinem kühnen Eindringen in die Burg Ashab Al-Aykah berichtet. Ich hoffte, dass man meinen Retter nicht entlarvt hatte. Mit drei Schlägen auf die Fußsohlen wäre es bei ihm nicht getan gewesen.

Sollte ich weniger mutig sein als alle diejenigen, die mir bisher geholfen hatten, obwohl sie sich damit in Gefahr brachten? Ich brauchte nicht lange nachzudenken. ›Abu Hassan ist unschuldig. Ihr habt Unrecht getan, ihn seinen Feinden auszuliefern, die ein falsches Zeugnis abgelegt haben.‹ Damit war ich zu weit gegangen. Ich hatte hohe Beamte der Lüge bezichtigt. Was aber noch schlimmer war: Ich hatte die unerhörte Unverschämtheit besessen, dem Emir ins Gesicht zu sagen, er habe ein Unrecht begangen. Die Strafe folgte im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Fuß. Der Emir lief zornrot an.

›Gebt ihm noch einmal zehn Schläge!‹, befahl er. Die Reiterknechte waren anscheinend darin geübt, die Bastonade auszuführen. Sie hatten mich blitzschnell in die richtige Stellung gebracht. Diesmal schmerzten mich die Schläge sehr. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie ein Mensch fünfzig Schläge auf die nackten Fußsohlen aushalten konnte.«

»Oh doch, das kann man«, bestätigte Uthman aus eigener Erfahrung. »Nur gehen kann man nachher nicht mehr. Ich kroch manchmal auf allen vieren aus der Koranschule nach Hause.«

»›Na, wie hat dir das gefallen?‹, fragte mich der Emir mit einem Lächeln. Ich schwieg, denn mir war nicht danach zumute, weiter vor der Menge gedemütigt zu werden, die auf eine Fortsetzung hoffte. ›Lass dir das eine Lehre sein, Tempelritter!‹, fügte der Emir noch hinzu. ›Ich hoffe, wir werden uns bald zu einer weiteren Lektion wieder sehen.‹

Ich war so wütend darüber, wie verächtlich er das Wort Tempelritter aussprach, dass ich den Mund nicht halten konnte. ›Das hoffe ich auch, aber dann zu gleichen Bedingungen!‹

Die Reitknechte sprangen schon herbei. Die Menge johlte, aber der Emir winkte ab. ›Lasst ihn laufen! Er ist ein harter Bursche, und ich ahne schon, dass ihm irgendwann die fünfzig oder hundert Schläge gewiss sein werden.‹

Ich humpelte durch den heißen Sand zu meinem Pferd, schwang mich in den Sattel und trabte langsam hinter dem Pilgerstrom her.«

»Haben dich die Leute ausgelacht, als du fast am Schluss des Zuges reiten musstest?«

»Nein, das empfand ich als merkwürdig. Der Gerechtigkeit war Genüge getan. Ich hatte mich gegen den Emir erhoben und meine Strafe erhalten. Damit war ich zu einem der ihren geworden. Einige Pilger versuchten sogar, mit mir ein Gespräch zu beginnen. Alles habe ich nicht verstanden. Aber ein Mann, der mir durch seine edlen Gesichtszüge auffiel, sprach leidlich unsere Sprache. Er erklärte mir, dass Taima vor Jahren ein antikes Zentrum arabischer Zivilisation gewesen sei. Unter dem babylonischen König Nabunidies sei Taima sogar einmal Hauptstadt gewesen. ›Aber das war vor sehr langer Zeit‹, fügte er hinzu. Ob ich ein wenig Aramäisch beherrsche, fragte er noch. Dann müsse ich mir unbedingt die berühmte Stele von Taima ansehen, auf der etwas in aramäischer Schrift geschrieben sei.

Ich freute mich natürlich, dass man mich im Kreis der Pilger aufgenommen hatte. Aber ehrlich gesagt, hatte ich zu dieser Zeit weder an irgendeinem babylonischen König noch an einer aramäischen Inschrift Interesse. Meine Fußsohlen schmerzten, und ich schwor dem Emir Rache. Irgendwann würde ich ihm mit einer Waffe gegenüberstehen. Dann gnade dir Gott, Emir Nadjm Ghazi von Al-Qudz!«

»Ich hoffe, dass es zu diesem Zweikampf kam«, sagte Uthman. »Da ich dich als vorzüglichen Kämpfer kenne, bin ich sicher, dass du als Sieger aus diesem Kampf hervorgegangen bist.«

»Das erhoffe ich mir auch von den Kämpfen, die uns jetzt entweder gegen den Kapitän oder gegen die Piraten drohen. Es ist ziemlich schnell dunkel geworden. Ich übernehme die erste Wache und werde dich wecken, falls wir in der kommenden Nacht schon die Bucht von Menorca erreichen.«

14

Gegen Morgen entstand auf der Kogge eine allgemeine Unruhe. Der Gehilfe des Kochs, dem man Prügel angedroht hatte, falls er den Mastkorb verließe, hatte mit verhaltener Stimme gerufen, dass Land zu sehen sei. Er fürchtete sich davor, eine falsche Meldung zu geben. Aber einige Matrosen erschienen an Deck und verteilten sich an der Reling. Ihre Blicke wandten sich nach Osten. »Der Gipfel des Monte Toro ist schon zu sehen«, behauptete einer.

Uthman, der die zweite Wache übernommen hatte, brauchte seinen Gefährten nicht zu wecken. Denn Henri hatte ein feines Gefühl für Stimmungsschwankungen. Auch im Schlaf spürte er jede Veränderung. Der Kapitän kam aus seiner Unterkunft und ließ die Segel einziehen, damit sich das Schiff in ruhiger Fahrt der Küste näherte, ohne durch ein Riff in Gefahr zu geraten.