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Wir werden keine Sättel besteigen, keine Schwerter umgürten und irgendwelche Waffen weder tragen noch mit uns führen.

Wir werden uns an der Stirn scheren.

Wir werden uns, wo immer wir auch sein mögen, gleich bekleiden, und wir werden uns den zunnar um die Hüfte binden.

Wir werden unsere Kreuze oder Bücher weder in den Straßen noch auf den Märkten der Muslime zur Schau stellen. Wir werden die Glocken in unseren Kirchen leise läuten.

Wir werden keine Häuser bauen, die höher sind als die der Muslime.

Wenn wir diese Verpflichtungen, für die wir selbst bürgen, irgendwie verletzen, verwirken wir unseren Vertrag (dimma) und setzen uns den Strafen für Ungehorsam und Aufruhr aus« [zit. n. Lewis, II, 1982, S. 271-273].

Im Gegenzug für diese Erklärung gab der Kalif ein Sicherheitsversprechen (aman) ab, das die Unversehrtheit der Nicht-Muslime garantieren sollte. Die Religionsausübung der Juden und Christen wurde auf diese Weise geschützt. Sie durften ihre jeweiligen Gotteshäuser betreiben, ihre Religion frei praktizieren und ihre Angelegenheiten untereinander regeln, soweit nicht die Vorschriften der dimma und andere Gesetze des Islams betroffen waren. Für die Gewährung dieser Freiheiten hatte jeder dimmi die Kopfsteuer (gizja) von einem Dinar im Jahr zu entrichten, was den Ausgaben einer mittelgroßen Familie für zehn Tage entsprach. Die Ableistung des Militärdienstes befreite einen Nicht-Muslim von dieser Steuer. Weiterhin zahlten Juden und Christen höhere Zölle und Steuern als die Muslime. Der Handel der Nicht-Muslime untereinander wurde von den Bestimmungen ausdrücklich ausgenommen. So heißt es in einer dimma des 8. oder 9. Jahrhunderts:

»Die Geschäfte, welche ihr mit einem von euch oder einem anderen Ungläubigen betreibt, werden wir nicht überwachen und keine Frage danach stellen, solange ihr euch untereinander verständigt« [zit. n. Lewis, II, 1982, S. 275].

Dagegen gab es Vorschriften, welche Art von Gütern nicht an Muslime verkauft werden durften: Wein, Blut, Schweinefleisch und Aas (das heißt, nicht nach den Geboten des Korans geschlachtetes Vieh). Ein solches Geschäft mit Nahrungsmitteln, die im Koran verboten sind, war ungültig, der Kaufpreis wurde eingezogen, die Ware vernichtet. Wurde allerdings eine juristische Streitfrage von Juden oder Christen untereinander vor eine islamische Instanz getragen, so galt das islamische Recht als bindend. War unter Kalif Omar das Läuten von Kirchenglocken noch leise erlaubt gewesen, so wurde es später gänzlich verboten. So erklangen lange Zeit im Heiligen Land nur dazu hergerichtete Hölzer, um die Gläubigen zum Gottesdienst zu rufen. Erst nach der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer klangen wieder Glocken in der Stadt.

Ausdrücklich ausgenommen waren von der dimma alle unmündigen Kinder unter 15 Jahren, geistig Behinderte und Sklaven. Die Erreichung des 15. Lebensjahres, die Gesundung oder die Freilassung verpflichtete allerdings zur Zahlung.

Wenn diese Vorschriften auch staatlich sanktionierte Repressalien waren, so fanden sich zahllose Christen doch bereit, unter diesen Bedingungen in den islamischen Staaten zu leben. Der Grund hierfür waren die vielen Abspaltungen von der Kirche, die ihre jeweils eigenen Lehren hatten. Diese Konfessionen waren unter der byzantinischen Herrschaft als Ketzerei verfolgt und schwer bestraft worden. Unter den islamischen Herrschern hörte diese Art von Unterdrückung auf, alle christlichen Konfessionen galten gleich. So konnte sich unter der islamischen Vorherrschaft bis zu den Kreuzzügen ein blühendes kirchliches Leben im Nahen Osten entwickeln.

Insbesondere die Kleidervorschriften unterlagen der Willkür der Kalifen. So ließ Kalif al-Mutawakkil (Klf. 847-861) in einem Erlass genaue Vorschriften über die Kennzeichnung von Juden und Christen verkünden. Es war das Tragen honigfarbener Kopfbedeckungen sowie ebensolcher Gurte (zunnar) vorgeschrieben und »… im Falle der Verwendung der Kappe zwei Knöpfe daran anzubringen und andersfarbige Kappen zu tragen als die Muslime;…«. Christliche Sklaven hatten an Brust und Rücken honigfarbene Stoffstreifen auf der Kleidung zu tragen. Auch die Frauen mussten honigfarbene Kopftücher tragen, um zu zeigen, dass sie Christinnen waren [Lewis, II, 1982, S. 280].

Hatte sich, wie sich anhand der angeführten Vorschriften zeigt, die Behandlung der Nicht-Muslime zunächst nach und nach verschärft, so kam es im zehnten und elften Jahrhundert zu einer Lockerung ihres Verhältnisses zu den Muslimen. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass nunmehr auch hohe Staatsämter von Juden und Christen bekleidet wurden. Sultan Az-Zahir (Slt. 1021-1036) erklärte ausdrücklich, dass kein Jude oder Christ fürchten müsse, wegen eines solchen Amtes zum Übertritt zum Islam gezwungen zu werden. Er bekräftigte im Gegenteil, sie stünden unter seinem Schutz.

Ein erneuter Umschwung kam mit den Kreuzzügen. Nun wurden die in den islamisch beherrschten Gebieten lebenden Christen zu potenziellen Verrätern, für die eigens Vorschriften erlassen wurden. In einer davon heißt es:

»Wenn der Imam Schutzbefohlene von ihrem Land entfernen will, so ist ihm das ohne eine Begründung nicht gestattet, jedoch ist es mit einer Begründung gestattet. In unseren Tagen besteht die Begründung darin, dass der Imam die Gefährdung der Sicherheit der Schutzbefohlenen seitens der Ungläubigen im Feindesland [ahl al-harb] befürchtet, dass sie hilflos und ohne Stärke sind oder dass der Imam die Gefährdung der Sicherheit der Muslime durch sie befürchtet, insofern sie den Feind über die Schwächen der Muslime unterrichten könnten« [Qadihan, Fatawi III, 616, zit. n. Lewis, II, 1982, S. 284].

Die »Schutzbefohlenen« sind die dimmis, also Juden und Christen. Sie werden nicht allein als mögliche Verräter, sondern auch als Opfer der fränkischen Eroberer angesehen. Insbesondere die Angehörigen der als ketzerisch geltenden Sekten, aber auch die Juden bedurften dieses Schutzes sehr wohl, denn auch sie zählten zu den Opfern der Kreuzfahrer. Man hatte sich nach der Eroberung Jerusalems nicht gescheut, die orthodoxen Christen zu foltern, um von ihnen das Versteck des »Wahren Kreuzes« zu erfahren. Und die jüdische Gemeinde war entweder in ihrer Synagoge verbrannt oder in die Sklaverei verschleppt worden. Andererseits stellten sich auch orientalische Christen, so die Einwohner Bethlehems, freiwillig unter den Schutz der fränkischen Ritter und halfen mit Rat und Tat bei der Eroberung des Landes. So war einerseits das Geheimnis des »Griechischen Feuers« (eine chemische Mischung, deren Brand nicht gelöscht werden konnte) an die Kreuzfahrer verraten worden, aber wohl auch die Nachricht von den ungeheuren Schätzen des Felsendoms zu dem Kreuzfahrerfürsten Tankred gelangt. Beide Nachrichten waren keine unwesentlichen Beiträge zur Eroberung Jerusalems gewesen, die eine machte die mächtigste Verteidigungswaffe wirkungslos, die andere stachelte die Gier der Eroberer noch mehr an.

Im dreizehnten Jahrhundert wurden die Ungläubigen aus allen Ämtern entfernt. Man unterstellte ihnen, innerhalb der Gemeinschaft der Gläubigen nur Verwirrung stiften zu wollen und dem islamischen Staat zu schaden. Neben den gesetzlichen Sanktionen für die nicht-muslimischen Untertanen kam es allerdings wiederholt auch zu spontanen Übergriffen auf Juden und Christen.

Auslöser von Pogromen konnten alltägliche Ereignisse sein, wenn zum Beispiel von den Muslimen befürchtet wurde, ein Angehöriger einer anderen Religion maße sich einen zu hohen Rang an. So kam es im März/April 1301 im ägyptischen Alexandria zu einer Christenverfolgung, von der Al-Maqrizi (Suluk I. 909-913) berichtet. Sultan Qalawun (Slt. 1279-1290) verfügte eine Kleidervorschrift, um den von den Christen in Kairo und Fustat betriebenen Luxus zu unterbinden. Auch durften Angehörige der beiden Religionen nicht mehr in den Amtsstuben des Wesirs oder der Emire arbeiten.